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Deep Adaptation - Sollten wir uns auf einen sprunghaften Klimawandel vorbereiten?

Die Klimadebatte und der Diskurs um die „Deep-Adaptation“-These aus resilienzpolitischer Sicht

als Bachelorarbeit vorgelegt von Stefan Mingers am Institut für Politische Wissenschaft der RWTH-Aachen University.

1. Einleitung

„Ich denke, die Menschen möchten einfach wirklich daran glauben, dass sich die Natur erholen kann […] Egal, was wir getan haben – die Menschen hoffen, dass die Natur stark genug ist, um darüber hinauszuwachsen.“ (Daly 2020)

So äußerte sich jüngst Susan Clayton, Professorin für Psychologie und Umweltstudien, bezüglich der zahlreichen Falschmeldungen zur Erholung der Natur, welche zu Beginn der Coronapandemie im Internet kursierten. Neben kleineren Zeichen der Erholung wie den vermeintlichen Delfinen in den Kanälen Venedigs, kam schnell Hoffnung auf, dass der weitestgehende Stillstand der Volkswirtschaften durch die Lockdown-Maßnahmen in vielen Ländern eine Trendwende in Sachen Klimaschutz bedeuten könnte. Einige Monate später zeichnet sich ab, dass diese Hoffnung vergebens war. Zwar könnten die weltweiten CO2-Emissionen zum Ende des Jahres 2020 gegenüber dem Vorjahr um 4,2% bis 7,5% geringer ausfallen, jedoch muss laut Forscher*innen bereits 2021 mit einem starken Anstieg der Emissionen aufgrund der volkswirtschaftlichen Erholung gerechnet werden (vgl. Hecking 2020). Aktuelle Ereignisse wie die diesjährigen, außergewöhnlich frühen Waldbrände in Kalifornien (vgl. von Brackel 2020) oder die Waldbrände in Sibirien (vgl. Schwarz 2020) erinnern daran, dass der Klimawandel keine Pause macht.
Wenngleich sich im öffentlichen und klimawissenschaftlichen Diskurs der Konsens verschärft, dass es höchste Zeit für effektive und schnelle Klimaschutzmaßnahmen ist, herrscht auch hier noch immer das Prinzip Hoffnung vor. Hoffnung, dass der Klimawandel und seine Folgen noch begrenzt werden können. Ein Forscher, der diese Hoffnung bereits 2018 aufgegeben hat, ist Jem Bendell, Professor für ‚sustainability leadership’ und Autor des umstrittenen Textes „Deep Adaptation (Tiefenanpassung): Ein Wegweiser, um uns durch die Klimakatastrophe zu führen.“ (Bendell 2018). In diesem schlussfolgert er, dass eine sprunghafte Entfaltung des Klimawandels bereits im Gange und nicht mehr abwendbar ist. Seiner Ansicht nach, muss die Menschheit sich auf einen klimabedingten gesellschaftlichen Zusammenbruch vorbereiten. Auf Basis seiner Erkenntnisse stellt er in seinem Text die so genannte „Deep Adaptation Agenda“ (ebd.: 21) auf. Diese besteht aus vier Punkten und soll helfen, die Diskussion über die zu ziehenden Konsequenzen aus dem drohenden gesellschaftlichen Zusammenbruch anzustoßen und ihr eine Richtung zu geben. So soll sie die Gesellschaft auf den nahenden Zusammenbruch vorbereiten. (Vgl. ebd.: 23)
Bendells Thesen stießen aufseiten von Umweltschützer*innen und Klimaforscher*innen auf große Kritik. Seine These zum Klimawandel hat ihn aus der Klimadebatte ausgeschlossen, da in dieser davon ausgegangen wird, dass ein Kollaps des weltweiten Klimasystems durch eine Begrenzung der Erderwärmung auf 1,5°C oder 2°C verhindert werden kann. Strittig ist hier eher die Frage, welcher von beiden Werten mittels gezielter Resilienzmaßnahmen angestrebt werden soll. Bendell stehe, so der Vorwurf, einer effektiven Resilienzpolitik als Gestaltung eines sozio-ökologischen Transformationsprozesses entgegen. Schließlich, so behaupten seine Kritiker*innen, würden seine Schlussfolgerungen ihren politischen Forderungen nach effektivem Klimaschutz die Grundlage entziehen und seine Annahmen eher Hoffnungslosigkeit als Engagement produzieren.
Anstatt sich dem Vorwurf seiner Kritiker*innen anzuschließen, möchte diese Arbeit aufzeigen, dass Bendells Erkenntnisse statt Hoffnungslosigkeit die Bereitschaft für den Beginn eines sozio-ökologischen Transformationsprozesses im Sinne gesellschaftlicher Resilienz hervorbringen können. Zudem soll sie verdeutlichen, dass seine Deep Adaptation Agenda der Resilienzpolitik auf dem Weg zu einer solchen Gesellschaft wichtige Impulse geben kann. Wenngleich sich Bendells Thesen außerhalb des wissenschaftlichen Mainstreams bewegen, erscheint eine genauere Betrachtung aus resilienzpolitischer Perspektive lohnenswert. Die vorliegende Arbeit versucht seine umstrittenen Thesen zum Klimawandel und zum gesellschaftlichen Zusammenbruch in den Forschungsstand der Wissenschaft einzuordnen sowie seine Position im Diskurs zu hinterfragen. Zudem fragt sie, was Bendells Thesen anhand aktueller klimatischer Entwicklungen für die resilienzpolitische Perspektive bedeuten können. Diese Arbeit folgt dabei der Fragestellung: „Wie sind Jem Bendells Thesen zum Klimawandel und zum gesellschaftlichen Zusammenbruch sowie seine Deep Adaptation Agenda aus klimawissenschaftlicher und resilienzpolitischer Perspektive zu bewerten und welche Impulse können sie letzterer geben?“

Bei der Beantwortung dieser Fragestellung geht die vorliegende Arbeit diskurs-analytisch vor. Hierbei gliedert sie sich in vier Kapitel. Das erste Kapitel dient der Schaffung einer ausreichenden Informationsgrundlage zum aktuellen Stand der Klimaforschung. Hierbei werden zunächst die für diese Arbeit wichtigsten Begriffe und Erkenntnisse der Forschung zusammengefasst. Im nächsten Schritt werden die Kippelemente des globalen Klimasystems benannt und zuletzt werden die Folgen des Klimawandels bis zu einer gewissen Erwärmungsmarke dargestellt. Das Kapitel zum Klimawandel orientiert sich schwerpunktmäßig an Themen, welche für die Beurteilung von Bendells kontrovers diskutierten Thesen relevant sind und kann auf eine breite Basis an klimawissenschaftlicher Literatur zurückgreifen. Verwendet werden fachwissenschaftliche Werke wie „Globale Erwärmung“ von Mojib Latif oder neuere Fachzeitschriftenartikel wie Lenton et al. . Ergänzt werden diese um aktuelle Berichte und Erkenntnisse. Im nachfolgenden Kapitel werden Bendells Thesen anhand der deutschsprachigen Version seines Originaltextes vorgestellt. Nach der Vorstellung seiner Analysen zum Klimawandel, wird sein Entwurf der Deep Adaptation Agenda beschrieben. Kapitel drei befasst sich mit der Einordnung von Bendells Thesen in einen klima- und gesellschaftswissenschaftlichen Kontext sowie der Bewertung seiner Arbeit. Nachdem das Dilemma eben dieser auf der Grundlage der hier abgebildeten Analysekritik angedeutet wird, geht die vorliegende Arbeit auf die Kritik an seinem Text ein. Zunächst werden seine Annahmen zum Klimawandel bewertet, um daraufhin selbiges für die Annahme des gesellschaftlichen Zusammenbruchs zu vollziehen. Zuletzt wird auf Bendells Argument der Hoffnungslosigkeit und den zentralen Vorwurf der Panikmache eingegangen. Kritiken an seinem Text können aufgrund mangelnder Resonanz in Fachveröffentlichungen lediglich medialen Darstellungen entnommen werden, wie etwa einem BBC Bericht aus dem Jahr 2020. Nachdem hier Schnittstellen zur Resilienzpolitik angedeutet werden, wird zuletzt dem Hauptanliegen dieses Textes Rechnung getragen: Die Bewertung seiner Thesen aus resilienzpolitischer Perspektive. Diese wird zunächst in zwei Schritten erarbeitet. Auf eine Aufarbeitung des Resilienzbegriffs sowie seiner zwei Verwendungsstränge folgt die Darstellung der resilienzpolitischen Perspektive als Antwort auf die Herausforderung des Klimawandels. Aus dieser wird daraufhin Bendells Arbeit bewertet und aufgezeigt, welche Impulse diese der verwendeten Perspektive geben kann. Hierbei wird sich u. a. auf eine Diskursanalyse zum Begriff Resilienz sowie auf aktuelle Fachliteratur, etwa von Raith et al. berufen.
Auf diese Weise soll verdeutlicht werden, dass zwischen Bendell und seinen Kritiker*innen ein Konsens hergestellt werden kann. Sein Beitrag soll so als Input für eine konstruktive Resilienzpoltik begriffen werden.

2. Der Klimawandel

Dieses Kapitel fasst in drei Schritten grundlegende Informationen zum Klimawandel und seinen Folgen zusammen. Erstens werden die für diese Arbeit relevantesten Begriffe und Erkenntnisse der Klimaforschung dargestellt, zweitens potenzielle Kippelemente des Klimasystems aufgezeigt und drittens Einblick in unterschiedliche Erwärmungsszenarien des Klimawandels sowie ausgewählte Folgen für die Gesellschaft gegeben. Dies dient der Vorbereitung der anschließenden diskurs-analytischen Betrachtung der Klimaproblematik sowie dem später zu diskutierenden Zusammenhang zwischen Resilienzpolitik und Klima.

2.1. Begriffe und Grundlagen

Wäre diese Arbeit zu Beginn des aktuellen Jahrtausends verfasst worden, hätte sie zunächst den menschlichen Einfluss auf das Klima diskutieren müssen. Inzwischen sehen 97% der Klimawissenschaftler*innen den menschengemachten Klimawandel als unumstritten an. Neben dieser vielzitierten Zahl verdeutlicht eine Untersuchung des Geologen James Powell diesen Konsens. Er fand heraus, dass von 33.700 Autor*innen, welche zwischen 1991 und 2012 wissenschaftliche Artikel zum Klimawandel veröffentlichten, 99,9% der Überzeugung waren, dass der menschengemachte Klimawandel real ist. (Vgl. Cook 2019) Die Darstellung der Klimadebatte in dieser Arbeit befasst sich daher nicht mit der Frage, ob der Klimawandel real ist und durch den Menschen beeinflusst wird. Vielmehr wird unter der Prämisse gearbeitet, dass hieran kein Zweifel bestehen kann. Diese Arbeit nähert sich der Debatte über den Fortschritt und die Kontrollierbarkeit des Klimawandels. Zur Vorbereitung eben dieser fasst dieses Unterkapitel wichtige Erkenntnisse und Begriffe der Klimaforschung zusammen. Zugrunde liegt dieser Darstellung das 2012 erschienene Buch „Globale Erwärmung“ (Latif 2012) von Mojib Latif, einem der renommiertesten deutschen Meteorologen und Klimaforscher. Seine etwas veraltete aber wegweisende Darstellung des Forschungsstandes wird, wo immer notwendig, durch neuere Erkenntnisse ergänzt oder ersetzt.
Zwecks eines besseren Verständnisses gilt es zunächst die Begriffe Wetter, Klima, Klimawandel und globale Erwärmung zu klären. Der Begriff Wetter bezeichnet „die kurzfristigen Geschehnisse, während sich der Begriff ‚Klima‘ auf längere Zeiträume bezieht.“ (ebd.: 19) Wetter sind atmosphärisch bedingte Ereignisse wie z. B. Hoch- und Tiefdruckgebiete sowie deren Folgen. Der Begriff Klima steht für die Statistik dieser Phänomene über einen definierten Zeitraum, ist somit eine Statistik über das Wetter. Anhand dieser lassen sich die Wahrscheinlichkeiten einzelner Ereignisse bestimmen und Prognosen zum künftigen Klima geben. (Vgl. ebd.) Dieses erfährt seit geraumer Zeit eine Veränderung – es wird im Durchschnitt wärmer. Hierbei spricht man von der globalen Erwärmung, der menschengemachten „Erwärmung der Erdoberfläche im weltweiten Durchschnitt“ (ebd.: 7). Diese wird oftmals auch als Klimawandel bezeichnet. Etwas allgemeiner umschreibt dieser Begriff „die anthropogen verursachte Veränderung des Klimas auf der Erde“ (Günther 2018).
Durch den Ausstoß von Treibhausgasen, allen voran Kohlendioxid und Methan, verstärkt der Mensch den Treibhauseffekt , wodurch sich die Erdatmosphäre erwärmt (vgl. Latif 2012: 7). Gemessen wird diese Erwärmung durch den Vergleich zum Klima der Jahre 1850 bis 1900 (vgl. IPCC 2014: 10). Während sich damals in der Atmosphäre 280 Kohlendioxidteilchen pro eine Million Teilchen, parts per milion (ppm), befanden, waren es 2012 bereits 390 ppm (vgl. Latif 2012: 7). Inzwischen sind es 414 ppm (vgl. NASA o. J.). Die Kohlendioxidkonzentration entsprach 2012 derjenigen vor 800.000 Jahren (vgl. Latif 2012: 8). Inzwischen entspricht sie dem Stand von vor vier Mio. Jahren und zeitnah könnte sie so hoch ansteigen wie das letzte Mal vor 50 Mio. Jahren (vgl. Lenton et al. 2019: 595). Dies verdeutlicht die Geschwindigkeit der menschengemachten Veränderungen. Neben der Kohlendioxidkonzentration hat sich auch die des Methans erhöht (vgl. Jackson et al. 2020: 1). Ausgedrückt wird diese i. d. R. in Kohlendioxidäquivalenten:

„Der Einfachheit halber wird der Beitrag der anderen Gase aber meistens als Kohlendioxidäquivalent ausgedrückt. Beispielsweise beträgt das Kohlendioxidäquivalent für Methan (CH4) bei der Betrachtung eines Zeithorizonts von hundert Jahren den Wert 25. Das bedeutet, dass ein Kilogramm Methan 25-mal stärker zum Treibhauseffekt beiträgt als ein Kilogramm Kohlendioxid.“ (Latif 2012.: 40)

Inzwischen wird von einer 28-fachen Wirkung ausgegangen, wobei sie in einem kurzfristigen Zeitraum von 20 Jahren 86-mal stärker ausfällt (vgl. Jackson et al. 2020: 1). Wenngleich die Wirkung des Methans um einiges größer ist, steht aufgrund der Mengenunterschiede im wissenschaftlichen und öffentlichen Diskurs oft das Kohlendioxid im Vordergrund:

„In diesem Zusammenhang sei erwähnt, dass aus dem hohen Wert des Kohlendioxidäquivalents für Methan oft der Schluss gezogen wird, dass das Methan für die globale Erwärmung wichtiger sei als das Kohlendioxid. Dem ist nicht so, weil die absoluten Mengen an Kohlendioxid die des Methans um mehrere Zehnerpotenzen übertreffen.“ (Latif 2012: 40)

Diese Ansicht kann jedoch nicht mehr als unumstritten gelten. So kam eine 2020 veröffentlichte Studie zu dem Schluss, dass Methan seit 1750 ein Viertel der durch Strahlungseffekte bedingten Erwärmung verursacht hat (vgl. Jackson 2020: 1). Das Methan scheint eine nicht zu unterschätzende Rolle im Klimawandel zu spielen. Die Erhöhung der Treibhausgaskonzentrationen hat bis 2020 eine Erhöhung der Durchschnittstemperaturen um 1,1°C bewirkt (vgl. ebd.). Diese Erwärmung erweist sich auf vielen Ebenen als Problem.
Zum einen schmälert sie die Senkfunktion der Ozeane. Seit Beginn der Industrialisierung nahmen diese etwa 60 ppm des Kohlendioxidausstoßes auf (vgl. Latif 2012: 103). Die übermäßige Kohlendioxidaufnahme und die damit einhergehende Versauerung der Ozeane beeinträchtigen diese Funktion, wodurch jeder weitere Ausstoß weniger stark abgefedert wird (vgl. ebd.: 105ff). Ohne diese Funktion würden die Kohlendioxidkonzentration in der Atmosphäre und mit ihr die globalen Durchschnittstemperaturen höher liegen. Die steigenden Temperaturen erhöhen die Wahrscheinlichkeit und Intensität von Extremwetterereignissen (vgl. ebd.: 14), z. B. von Stürmen, Starkniederschlägen, Dürren und Extremtemperaturen. Allein in der ersten Hälfte 2019 haben solche Ereignisse und deren Folgen sieben Mio. Menschen vertrieben (vgl. Jackson et al. 2020: 1). Zusammen mit dem steigenden Meeresspiegel und der Versauerung der Ozeane wirkt sich die Veränderung des Wetters und der Extremwetterereignisse negativ auf die Nahrungsmittelerzeugung und Wasserversorgung aus. Neben Beeinträchtigungen für die Weltwirtschaft verstärkt der Klimawandel die „Unterschiede in den Lebensbedingungen auf der Erde“ (Latif 2012: 15). (Vgl. ebd.: 14f) Nicht zuletzt erhöhen diese Entwicklungen bereits heute das Konfliktrisiko. Betroffen sind vor allem instabilere Gesellschaften des Globalen Südens, z. B. in der Sahelzone (vgl. Bernau 2020; Welzer 2008: 96f). Ein aktuelles Beispiel für die Auswirkungen des Klimawandels ist die Hitzewelle in Sibirien 2020. Diese ist durch den Klimawandel 600-mal wahrscheinlicher geworden und ohne sie hätte es die mit ihr einhergehenden Waldbrände nicht gegeben (vgl. Schwarz 2020). Auch die schweren Buschbrände in Australien zum Jahreswechsel 2019/20 sind ein Beispiel. Van Oldenborgh et al. kam zu dem Schluss, dass diese durch den Klimawandel um mindestens 30% wahrscheinlicher geworden sind (vgl. van Oldenborgh et al. 2020: 38). Das Klima reagiert langsam auf den Treibhausgasanstieg (vgl. Latif 2012: 94). So kann auch nach einem sofortigen Stopp der Treibhausgasemissionen eine wichtige Folge der globalen Erwärmung einsetzen: die Kippelemente.

2.2. Kippelemente im globalen Klimasystem

Das Klimasystem der Erde besitzt eine Reihe von Elementen, welche die Erderwärmung abfedern können. Allerdings können diese ihren stabilen Zustand verlassen und dadurch eine weitere Erwärmung beschleunigen und verstärken (vgl. Latif 2012: 102). Man nennt sie daher Kippelemente:

„Man versteht unter einem Kippelement eine Komponente des Erdsystems, die einen Schwellenwert aufweist. Das ist ein kritischer Punkt, an dem das System besonders empfindlich auf Störungen reagiert. Dort kann eine kleine Ursache eine große Wirkung entfalten und zu einer einschneidenden Veränderung des Systemverhaltens führen.“ (ebd.)

Überschreiten diese Elemente ihren kritischen Punkt, können sie eine unvorhersehbare Wirkung entfalten, indem sie die Intensität weiterer klimatischer Veränderungen unkalkulierbar machen und irreversible Veränderungen des Klimasystems hervorrufen. Die Existenz dieser Elemente wurde bereits zu Beginn der 2000er Jahre in den Berichten des Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) erwähnt (vgl. Lenton et al. 2019: 592). Dieser zwischenstaatliche Weltklimarat fasst die Ergebnisse der weltweiten Klimaforschung zum so genannten Weltklimabericht zusammen (vgl. Latif 2012: 10). Dieser ist eine der meistgenutzten Quellen zum Stand der Klimaforschung. Der letzte Bericht datiert aus dem Jahr 2014. Die Darstellung der Kippelemente erfordert aufgrund neuer Erkenntnisse allerdings aktuellere Forschungsberichte. Während jüngste Veröffentlichungen seitens der Vereinten Nationen bereits andeuten, welche Erkenntnisse der nächste Weltklimabericht 2021 liefern wird (vgl. UN Environment Programme 2020), können diesen zum Zeitpunkt dieser Arbeit bezüglich der Kippelemente noch keine neuen Aussagen entnommen werden. Im Folgenden werden die Kippelemente daher durch einen aktuellen Beitrag einer renommierten Forscher*innengruppe um den britischen Klimaforscher Timothy Lenton skizziert, welche in ähnlicher Konstellation bereits zu den Berichten des IPCC beigetragen hat (vgl. z. B. IPCC 2014). 2019 veröffentlichte sie einen Beitrag zu den wichtigsten Erkenntnissen über die Kippelemente, welcher aufgrund der umfassenden Zusammenfassung der neuen und gravierenden Erkenntnisse nicht nur in der Klimawissenschaft hohe Resonanz erfuhr. Die Kippelemente (siehe Abbildung 1) und ihre Auswirkungen auf das Klima werden im Folgenden anhand eben dieses Beitrages dargestellt. Dieser wird um aktuelle Beiträge ergänzt.

Abbildung 1 – Kippelemente im Klimasystem nach Lenton et al. (ebd. 2019: 595)

Einem Interview mit den Forscher*innen seitens der Universität Exeter ist zu entnehmen, dass mit neun Kippelementen etwa die Hälfte dieser aktiviert ist. Das bedeutet, dass sie drohen, ihren stabilen Zustand endgültig zu verlassen. (Vgl. University of Exeter 2019) Wie die Forscher*innen in ihrem Beitrag zeigen, ist für mindestens 45% der Kippelemente ein Zusammenhang zwischen eben diesen erwiesen (vgl. Lenton et al. 2019: 594). Das bedeutet, dass das Kippen eines Elementes, das Kippen weiterer beeinflussen kann. Abbildung 1 verdeutlicht diese Wechselwirkungen. Im Folgenden werden die neun aktivierten Kippelemente sowie ihre Wirkung auf jeweils weitere Elemente und das Klimasystem hauptsächlich anhand von Lenton et al. zusammengefasst. Chronologisch werden in dem Interview mit den Forschenden das Arktische Meereis, der Grönländische Eisschild, die borealen Wälder, der Permafrost, das Atlantische Strömungssystem, der Amazonas-Regenwald, Warmwasserkorallen, der Westantarktische Eisschild sowie der Ostantarktische Eisschild genannt (vgl. University of Exeter 2019). Diese stimmen mit dem Beitrag der Forscher*innen überein.
Das Arktische Meereis und dessen sommerliche Ausdehnung gehen aufgrund der weltweiten Temperaturerhöhung bereits schneller zurück als von den meisten Modellen angenommen (vgl. Latif 2012: 101f). Wo immer es verschwindet, gibt es die dunklere Meeresoberfläche frei. Dies führt zu einem selbstverstärkenden Effekt, da diese weniger Sonneneinstrahlung reflektiert und so ihre Umgebung zusätzlich erwärmt, was zu einer verstärkten Eisschmelze führt (vgl. Brasseur et al. 2017: 10).
Ähnliches gilt für den Grönländischen Eisschild. Die Erwärmung der Arktis, u. a. durch den beschriebenen selbstverstärkenden Prozess, führt zu einem beschleunigten Abschmelzen des Eisschildes, wodurch ebenfalls ein solcher Prozess eintritt. Die freiwerdende Landfläche erwärmt sich und die Region stärker und das umliegende Eis schmilzt schneller. Das Abschmelzen des Eisschildes wird den Meeresspiegel im Laufe von Jahrtausenden um sieben Meter erhöhen. Bereits 2019 warnten Lenton et al., dass das Eis schneller schmilzt als vorhergesagt. (Vgl. Lenton et al. 2019: 592) Während damals noch davon ausgegangen wurde, dass das Verschwinden des Grönländischen Eises ab einer Temperaturerhöhung um durchschnittlich 1,5°C unumkehrbar sein wird (vgl. ebd.), veröffentlichten Arktisforscher*innen jüngst neue Forschungsergebnisse, welche belegen, dass dieses Kippelement bereits mit der aktuellen Erwärmung überschritten wurde. Das Grönländische Eis ist demnach verloren, da mehr Eis schmilzt, als sich nachbildet. (Vgl. King et al. 2020)
Die übermäßige Erwärmung der Arktis gefährdet den stabilen Zustand der borealen Wälder. Sie sind durch die Erwärmung von vermehrtem Schädlingsbefall und Waldbränden betroffen. Hierdurch laufen diese Urwälder Gefahr, gebundene Treibhausgase freizusetzen und so von einer Kohlendioxidsenke zu einer Kohlendioxidquelle zu werden. (Vgl. Lenton et al. 2019: 593f)
Zudem beeinflusst die Erwärmung der nördlichen Breiten das Tauen des Permafrostbodens. Dieser setzt Treibhausgase wie Kohlendioxid, vor allem aber Methan frei (vgl. ebd.). Schätzungen zufolge sind in ihm bis zu 100Gt Kohlendioxidäquivalente gespeichert (vgl. ebd.: 595), wobei eine Forscher*innengruppe 2020 zu dem Schluss kam, dass bisherige Modelle diesen Wert substanziell unterschätzen (vgl. Turetsky et al. 2020: 142f).
Das übermäßige Abschmelzen des Grönländischen Eisschildes beeinflusst das Atlantische Strömungssystem, da es dem Nordatlantik mehr Süßwasser zuführt als gewöhnlich. Dies bringt das System aus dem Gleichgewicht und verlangsamt es. Seit 1950 hat es sich um 15% verlangsamt. Das System ist zentral für die globale Meerwasserzirkulation und die Temperaturen auf der Erde. Eine Verlangsamung könnte laut Lenton et al. den westafrikanischen Monsun destabilisieren und in der Sahelzone für stärkere Dürre sorgen. (Vgl. Lenton et al. 2019: 594)
Vor allem aber könnte es die Niederschläge über dem Amazonas-Regenwald beeinflussen und dieses bereits angeschlagene System austrocknen. Genau wie die nördlichen Urwälder ist der Regenwald eine wichtige Kohlendioxidsenke. Es wird geschätzt, dass er bei einem Flächenverlust zwischen 20% und 40% zusammenbricht und sich in eine Savannenlandschaft verwandelt. Stand 2019 hat er mindestens 17% seiner Fläche eingebüßt. Setzen sich Waldbrände und Rodungen fort, wird der Wald bald mehr Treibhausgase emittieren, als er bindet und so den Klimawandel beschleunigen. (Vgl. ebd.: 593)
Die Verlangsamung des Atlantischen Strömungssystems und die eingangs beschriebene Erwärmung der Ozeane bedrohen die tropischen Warmwasserkorallenriffe. Diese sind laut Lenton et al. biologische Hotspots und ihre Fischvorkommen Ernährungsgrundlage für mehrere Hundertmillionen Menschen in Küstennähe. Die Erwärmung und Versauerung der Weltmeere hat zu einer massiven Korallenbleiche geführt, wodurch ein Großteil der Riffe abgestorben ist oder droht, abzusterben. (Vgl. ebd.: 593)
Letztlich bewirkt die Verlangsamung des Strömungssystems ein Aufstauen von warmem Wasser in der Südsee (vgl. ebd.: 594). Hierdurch verstärkt sich das Abschmelzen der sogenannten „grounding line“ (ebd.: 592) des Westantarktischen Eisschildes, was diesen in einen instabilen Zustand bringt. Falls diese Linie kollabiert, schmilzt der gesamte Eisschild ab, was den Meeresspiegel auf lange Sicht um etwa drei Meter erhöhen würde. Laut den Forscher*innen könnte dieses Element bereits überschritten sein. (Vgl. ebd.)
Das Abschmelzen dieses Eisschildes kann dazu führen, dass aufgrund der damit einhergehenden Temperaturerhöhung in der Antarktis auch der Ostantarktische Eisschild endgültig in einen instabilen Zustand gerät. Sein Abschmelzen würde den Meeresspiegel langfristig um weitere drei bis vier Meter steigen lassen. (Vgl. ebd.)
Wie die Forscher*innen um Lenton im Interview warnen, kann das Kippen eines Elements einen Domino-Effekt auslösen (vgl. University of Exeter 2019). Ein solcher Effekt, könnte ein globales Kippen auslösen. Sollte dies eintreten, kann es zu einem Kollaps des Klimasystems und einem Anstieg der Treibhausgaskonzentration auf bis zu 1200 ppm kommen. Dann wäre laut den Forscher*innen die Zivilisation durch einen Anstieg der Temperaturen um bis zu 8°C stark gefährdet (vgl. Lenton et al. 2019: 595). Ging der IPCC zu Beginn der 2000er Jahre noch davon aus, dass es für eine solche Kettenreaktion eine Erwärmung der Erde um 5°C benötige (vgl. ebd.: 592), so glaubt er inzwischen, dass der Beginn einer solchen Kettenreaktion bereits zwischen einer Erwärmung von 1°C und 2°C eintreten könnte. Viele Forscher*innen gehen aktuell davon aus, dass eine Erwärmung um 1,5°C ausreicht, um die Kettenreaktion auszulösen. (Vgl. ebd.: 593) Die jüngsten Erkenntnisse scheinen den Konsens dahin zu verschieben, dass bereits die Erwärmung um 1°C ausgereicht haben könnte, um die ersten Dominosteine umzuwerfen, wie der Grönländische Eisschild belegt (vgl. University of Exeter 2019). Die Forscher*innen um Letnon warnen eindringlich vor der Gefahr eines globalen Kippens, wobei sie betonen, dass es weiterer Forschung und größerer Datenmengen bedarf, um die Vorhersagen vor allem zum Permafrostboden zu präzisieren (vgl. Lenton et al. 2019: 595).
Hintergrund dieser Sorge Lentons et al. ist, dass nach den allgemein anerkannten Berechnungen mit einer Berechnungswahrscheinlichkeit von 50% ein Restbudget an Treibhausgasemissionen von 500Gt bleibt, wenn die Erderwärmung auf 1,5°C begrenzt werden soll. Alleine diese Begrenzung stellt angesichts steigender Emissionen und der ausbleibenden Transformation des Wirtschaftssystems eine riesige Herausforderung dar. Von diesem ohnehin schwer einzuhaltenden Budget könnte das Abtauen des Permafrostbodens Emissionen von mindestens 20%, also 100Gt Kohlendioxidäquivalenten, abziehen, wobei der mögliche Methanausstoß aus tieferen Schichten und unterseeischen Hydraten noch nicht eingerechnet ist. Das Absterben des Amazonasgebiets, insbesondere im Lichte aktueller Rodungen und Staudammprojekte könnte darüber hinaus weitere 90Gt abziehen, das der borealen Wälder weitere 110Gt. (Vgl. ebd.: 594) Lenton et al. deuten an, dass es zwar möglich sei dies noch abzuwenden, sie gestehen aber ein, dass es hierfür angesichts der beobachteten Veränderungen bereits zu spät sein könnte (vgl. ebd.: 595). Im Interview mit der Universität Exeter sagen sie:

“It is also that as science advances, we must admit that we have underestimated the risks of unleashing irreversible changes, where the planet self-amplifies global warming. This is what we now start seeing, already at 1°C global warming.” (University of Exeter 2019)

Neuere Modelle und der Bericht des IPCC für 2021 werden laut ihnen verdeutlichen, dass die Reaktion der Erde auf die Klimaveränderung viel sensibler ist, als bisher vermutet (vgl. Lenton et al. 2019: 595). Tatsächlich scheinen neuere Ergebnisse dies zu bestätigen (vgl. SPIEGEL Online 2020).
Angesichts dieser gravierenden Feststellungen verfestigt sich der Eindruck, dass in der Klimadebatte aktuell der Fortschritt und die Kontrollierbarkeit des Klimawandels diskutiert werden. Bald könnte diskutiert werden, ob eine Erwärmung um 1°C ausgereicht hat, um die Kippelemente in eine Kettenreaktion zu versetzen oder ob die Erwärmung bei 1,5°C noch stabilisiert werden kann. Bendell läge dann mit seiner These nicht mehr weit außerhalb des Diskurses. Lenton et al. fassen zusammen: „We need to change our approach to the climate problem.“ (Lenton et al. 2019: 595)

2.3. Die Folgen einer weiteren Erwärmung der Erde

Während sich die Klimadebatte in der Öffentlichkeit und der Politik noch um die Marken 1,5°C und 2°C dreht, scheint innerhalb der Klimawissenschaft eine Diskursverschiebung stattzufinden. Neue Erkenntnisse könnten Bendells These stützen, dass es bereits zu spät ist, einen selbstverstärkenden Klimawandel aufzuhalten. Diese stehen der Frage gegenüber, ob das nicht auch mit einer Begrenzung der Erwärmung bei 1,5°C geschafft werden kann. Dieses Kapitel stellt die Folgen einer Erwärmungskaskade bis 2100 dar und plädiert dafür, aufgrund der hiermit verbundenen Unsicherheit, jede weitere Erwärmung zu vermeiden. So werden die Erkenntnisse zu den Kippelementen ergänzt und die Diskussionsgrundlage für Bendells These vervollständigt. Ist es zum einen notwendig die Kippelemente als Teil seiner Argumentation zum Klimawandel zu verstehen, so ist es auch notwendig die Folgen der potenziell selbstverstärkenden Erwärmung zu kennen, um seine Argumente zum gesellschaftlichen Zusammenbruch bewerten zu können. Bei der Darstellung der Folgen einer weiteren Erwärmung wird sich daher auf die Konsequenzen für die menschliche Gesellschaft konzentriert.
Zunächst werden die Folgen einer Erwärmung bis 1,5°C dargestellt, der Marke an der ein Kippen des Systems noch abgewendet werden könnte. Dies geschieht anhand des Sonderberichts des IPCC von 2018 (vgl. IPCC 2018). Die über 2°C hinaus gehende Erwärmung spielt in diesem keine Rolle und wird daher anhand weiterer Fachliteratur dargestellt.
Neben den bereits erwähnten Konsequenzen der aktuellen Erderwärmung bringt eine Erwärmung der Erde um 1,5°C nach dem Motto „wet gets wetter, dry gets drier“ (Brasseur et al. 2017: 13; Hervorhebung im Original) weitere Folgen mit sich. So steigen laut IPCC die Durchschnittstemperaturen und höhere Extremtemperaturen in bewohnten Gegenden werden wahrscheinlicher. In mittleren Breitengraden werden die heißen Tage bis zu 3°C wärmer, in den höheren Breiten werden die kalten Nächte bis zu 4,5°C wärmer. Neben den Extremtemperaturen steigen die Häufigkeit sowie die Intensität von Starkniederschlagsereignissen, Dürren und Niederschlagsdefiziten. Das Abschmelzen des Grönländischen Eisschildes wird sich auf den Westantarktischen Eisschild auswirken. Der Meeresspiegel nimmt bis 2100 im Vergleich zum Zeitraum zwischen 1985 und 2005 um bis zu 77cm zu. Dies gefährdet flache Küstenstreifen und tiefliegende Inseln. Die damit einhergehenden Flächenverluste, die Versalzung der Böden und des Grundwassers sowie steigende Flutrisiken gefährden nicht nur Ökosysteme, sondern auch menschliche Infrastruktur. (Vgl. IPCC 2018: 7f)
Diese Entwicklungen beeinflussen die menschliche Gesellschaft, da die Risiken für Gesundheit, Lebensgrundlagen, Ernährungssicherheit, Wasserversorgung, Sicherheit und Wirtschaft steigen. Bei 1,5°C betrifft dies vor allem verwundbare Populationen, wie indigene Bevölkerungen oder solche, die zwecks Ernährung von Küstenökosystemen abhängen. Überproportional treffen die Folgen zudem menschliche Gesellschaften in der Arktis, in trockenen Regionen und in Entwicklungsländern sowie auf kleinen Inseln. Armut und Ungleichheit nehmen besonders in Afrika und Asien zu. Ebenso steigen durch die höheren Temperaturen die negativen Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit, so etwa die Sterblichkeit aufgrund von Hitzestress. Die Erträge von Mais, Reis, Weizen und anderen Getreidearten sinken aufgrund von Wettereinwirkungen vor allem in Subsahara-Afrika, Südostasien, Zentral- und Südamerika. Auch die Nährwerte reduzieren sich. Die Erträge der Viehwirtschaft sinken und die Produktivität von Fischerei und Aquakulturen vor allem in tieferen Breitengraden nimmt ab, da 70% bis 90% der weltweiten Korallenriffe absterben. Abhängig von sozioökonomischen Entwicklungen, wie dem Bevölkerungswachstum, und dem Erwärmungsgrad werden mehr Menschen Wasserstress ausgesetzt sein. (Vgl. ebd.: 9) Schätzungen zu Fluchtbewegungen aufgrund von Armut, Konflikten und Klimawandel gehen bis 2050 von 50 Mio. bis zu 300 Mio. Flüchtlingen weltweit aus (vgl. Ionesco et al. 2017: 29). Könnte die Erwärmung hier stabilisiert werden, erscheinen die Folgen für den Globalen Süden zwar dramatisch, für den Rest der Welt könnten sie jedoch beherrschbar bleiben.
Sollten die Temperaturen weiter steigen, kann dies nicht mehr behauptet werden. Jeder weitere Anstieg verschlimmert die eingangs erwähnten Folgen für Wetter, Extremwetter, Meeresspiegel und weitere Kippelemente. Bereits ein Anstieg auf 2°C erhöht die Wahrscheinlichkeit des Tauens großer Permafrostgebiete erheblich und die Kettenreaktion der Kippelemente könnte verstärkt werden (vgl. IPCC 2018: 8). Bei 2°C sind zusätzlich die Ernteerträge in der Sahelzone, im südlichen Afrika, im Mittelmeerraum, in Mitteleuropa und im Amazonas von Rückgängen betroffen, genau wie die weltweiten Fischfangmengen (vgl. ebd.: 9), da 99% der Korallen weltweit absterben (vgl. Lenton et al. 2020: 593). Die Kettenreaktion der Kippelemente verstärkt sich mit jedem Grad und die Erwärmung ließe sich mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht bei 2°C stabilisieren (vgl. ebd.: 592; Sihn-Weber/Fischler 2020: 33; Moses 2020). Der globale Temperaturanstieg beruht fortan „auf selbstverstärkenden Prozessen im Klimasystem, die – wenn einmal losgetreten – unabhängig von den Treibhausgasemissionen der Menschen weitergehen, ja sich beschleunigen.“ (Sihn-Weber/Fischler 2020: 30)
Helga Kromp-Kolb, emeritierte Professorin für Klimatologie, zitierte jüngst eines der wenigen Bücher, welches sich mit einer globalen Erwärmungskaskade beschäftigt: „The uninhabitable earth“ (ebd.: 38) von David Wallace-Wells aus dem Jahr 2019. Anhand seiner populärwissenschaftlichen Ausführungen stellt sie die Folgen einer solchen Kettenreaktion dar und begründet dies damit, dass Wallace-Wells den zurückhaltenden Teilen der Wissenschaft mit seinen Ausführungen voraus ist:

„Die Wissenschaft kommt deshalb zunehmend in die Kritik, dass sie die Klimakrise nicht in ihren vollen Dimension darstellt […]. Wallace-Wells bemerkt in Verteidigung seiner Zeichnung einer aufgrund des Klimawandels unbewohnbaren Erde – durchgehend basierend auf wissenschaftlichen Studien –, dass er die Gleichgültigkeit („complaisance“) der Öffentlichkeit als das größere Problem sehe als den weit verbreiteten Fatalismus. Alarmismus lasse er sich vorwerfen, aber wir sollten ja auch alarmiert sein […].“ (ebd.: 29; Rechtschreibfehler im Original)

Kromp-Kolb bestätigt mit ihrer Zitation Wallace-Wells Annahmen, welche sich auf anerkannte Forschungsergebnisse stützen. Laut seiner Zusammenfassung werden Regionen, welche bereits heute im Sommer sehr warm sind, schon ab einer Erwärmung um 2°C im Sommer fast unbewohnbar sein, da sie zu viele Hitzerisiken bergen. Das würde rund 350 Mio. Einwohner vor allem in Städten treffen. Der Hitzesommer in Europa 2003 mit 10.000 Toten wird ab einer Erwärmung von 4°C keine Ausnahme, sondern die Regel darstellen. Eine Erwärmung von 6°C, welche nach Lenton et al. möglich ist, würde laut ihm z. B. das Leben und Arbeiten im Mississippi-Tal unmöglich machen oder New York unter mehr Hitzestress leiden lassen als das heutige Bahrain. Weltweit würde die abnehmende Luftqualität der menschlichen Gesundheit schaden. (Vgl. ebd.: 30) In ihren weiteren Ausführungen beruft sich Kromp-Kolb auf eine Vielzahl wissenschaftlicher Studien und fasst die Folgen einer weiteren Erwärmung wie folgt zusammen:

„Das bisheriges Wirtschaftswachstum wird sich als historische Ausnahmesituation – den fossilen Energien geschuldet – erweisen […]. Der Rückgang der globalen Produktivität um 25 % (noch mehr in den wärmeren Ländern) als Folge der deutlichen Erwärmung […] verstärkt durch Extremereignisse und Meeresspiegelanstieg lässt die Wirtschaft von einer Krise in die nächste taumeln. Die Armut wächst, und 2030 leben bereits zusätzliche 165 Mio. Menschen in extremer Armut […]. Bangladesch, wo 50 % der Bevölkerung weniger als 5 m über dem Meeresspiegel leben, verliert fast ein Fünftel seiner Landesfläche bis 2050 durch den Anstieg des Meeresspiegels, wodurch es zu 20 Mio. Klimaflüchtlingen kommt. Nicht viel besser sieht die Situation im Nil-, im Mekong- oder im Mississippidelta aus. Bis 2050 sind 200 Mio. Menschen wegen des Klimawandels auf der Flucht – noch ohne jene zu rechnen, die kriegsbedingt fliehen. Die Wahrscheinlichkeit für Krieg steigt mit der Temperatur […] und es werden Klimakriege um Wasser, um Nahrung, um Fläche geführt. Bei der Welternährung kommt es zu Engpässen, denn der Rückgang der landwirtschaftlichen Produktion durch Hitze, Dürre und anderes wird deutlich. Bis 2050 kommt es z. B. in Indien zu einem Ernterückgang von 23 % bei Weizen und auf den Ozeanen zu einer Reduktion der Fischproduktivität von 50 %. Bis 2100 produziert China 36 % weniger Reis, 11 % weniger Weizen und 45 % weniger Mais. Dies bei gleichzeitig steigender Weltbevölkerung […]. Dieses Szenarium zeichnet sich aber v. a. dadurch aus, dass eine Stabilisierung des Klimas nicht mehr möglich ist und die Temperatur kontinuierlich weiter steigt, ohne dass die Menschen dies steuern können […]. Man könnte etwa zusammenfassen: […] Die Wirtschaft liegt schon längst darnieder, von den Finanzkrisen kann sich die Welt nicht mehr erholen und die Staatsordnung ist weitgehend kollabiert. Es gibt keine Aussicht auf Verbesserung der Situation – im Gegenteil, der Klimawandel entwickelt sich unaufhaltsam und mit zunehmender Geschwindigkeit.“ (ebd.; Rechtschreibfehler im Original)

Eben solche Szenarien werden zur Darstellung der Folgen einer unkontrollierbaren globalen Erwärmung immer öfter herangezogen und die Liste der Wissenschaftler*innen, welche eine Erwärmung der Erde über mehr als 1,5°C als nicht empfehlenswert einstufen, ließe sich in dieser Arbeit weiter fortführen.
Auch wenn die Erkenntnisse aus Kapitel 2.2. die Möglichkeit einer Begrenzung der weltweiten Erwärmung auf 1,5°C fraglich erscheinen lassen, sollte angesichts der hier beschriebenen, schwerwiegenden Folgen einer globalen Erwärmungskaskade im Sinne maximaler gesellschaftlicher Stabilität alles versucht werden, diese zu begrenzen. Die Folgen des Klimawandels, mit ihnen Flucht und unsichere Ernährungs- sowie Wasserversorgung, haben das Potenzial durch unzählige Wechselwirkungen auch wohlhabendere Gesellschaften zu beeinflussen und in ihren Funktionsweisen zu stören. Die Möglichkeit die Erwärmung der Erde auf 1,5°C zu begrenzen, liegt mit einer Wahrscheinlichkeit von 50% bei einem Restbudget von 500Gt bzw. 580Gt Treibhausgasemissionen, welche noch emittiert werden dürfen (vgl. IPCC 2018: 12). Bei einem jährlichen Ausstoß von 39Gt bis 45Gt (vgl. ebd.) könnte dies noch ein paar Jahre Spielraum übrig lassen, rechnet man vorsichtshalber die vielleicht nicht mehr kontrollierbaren Kippelemente ein, bleibt nicht mal mehr ein Jahrzehnt, um die Chance zu nutzen. Einige Quellen gehen davon aus, dass es hierfür zwischen 2020 und 2030 zu spät sein könnte (vgl. Moses 2020). Würden sich momentan alle Staaten an ihre Zusagen aus dem Pariser Klimaabkommen halten, würde sich die Erde um mindestens 3°C erwärmen (vgl. Lenton et al. 2020: 592) – ohne ein abruptes Kippen der Kippelemente. Aktuell befindet sich die Menschheit auf dem Weg zu einer Erwärmung um etwa 4°C bis 2100 (vgl. Sihn-Weber/Fischler 2020: 29; SPIEGEL Online 2020). Allein der aktuelle Methanausstoß macht dies wahrscheinlich (vgl. Jackson et al. 2020: 6). Ein globales Kippen ist somit nicht unwahrscheinlich. Ein solches Szenario mitsamt seinen Folgen sieht Jem Bendell auf die Menschheit zukommen.

3. Jem Bendells „Deep Adaptation“-These

2018 veröffentlichte Bendell seinen Text „Deep Adaptation“ (Bendell 2018). In diesem Kapitel werden die wichtigsten Thesen und Aussagen seines Textes zusammengefasst, um der anschließenden Diskussion eben dieser eine Grundlage zu geben. Zunächst werden seine Annahmen in Bezug auf den Klimawandel wiedergegeben, um nachfolgend die Ableitungen aus seinen Thesen zusammenzufassen, nämlich die Deep Adaptation Agenda.

3.1. Grundannahmen in Bezug auf den Klimawandel

Bevor Jem Bendell seine Arbeit schrieb, befasste er sich laut eigener Aussage mit einer einjährigen Analyse des Forschungsstandes zum Stand des Klimawandels (vgl. ebd.: 5). Da seiner Ansicht nach die Prognosen des IPCC die eintretenden Veränderungen chronisch unterschätzen und die Klimawissenschaft in Fachveröffentlichungen durch wissenschaftliche Zwänge stets ein paar Jahre hinter den tatsächlichen Ereignissen liegt, beruft er sich auf „Echtzeitdaten“ (ebd.: 6) von Forscher*innen und Forschungseinrichtungen. Das die Prognosen des IPCC den Klimawandel chronisch unterschätzen, liegt seiner Meinung nach daran, dass sie auf linearen Hochrechnungen basieren, während er auf Basis seiner Analyse von nicht-linearen Veränderungen im Klimasystem ausgeht. Diese deuten seiner Ansicht nach darauf hin, dass die Auswirkungen des Klimawandels schneller und schwerwiegender sind, als bisher vermutet. (Vgl. ebd.)
Seine Schlussfolgerung der nicht-linearen Veränderungen macht er an einer Analyse des Forschungsstandes zu den Auswirkungen des Klimawandels in der Arktis fest. Die dortige Erwärmung hat bereits den Jetstream und den nördlichen Polarwirbel destabilisiert, wodurch in der Folge mehrfach die Stauung von warmer Luft über der Arktis beobachtet werden konnte. Dies führt zu überdurchschnittlichen Temperaturen, wie zu Beginn 2018, als diese rund 20°C über dem Durchschnitt dieser Jahreszeit lagen. Die Erwärmung hat laut Bendells Analyse zu dramatischen Meereisverlusten geführt. Die durchschnittliche Ausdehnung des Meereises im September hat sich seit 1980 um zwei Drittel reduziert. Auch das Meereisvolumen befand sich 2017 auf dem niedrigsten Stand seit Beginn der Messungen. (Vgl. ebd.: 6f) Die eisfreie Arktis beschleunigt aufgrund der selbstverstärkenden Prozesse die Erwärmung. Dies hat laut Bendell auch globale Folgen. So wurde 2014 erwiesen, dass 25% der Erwärmung der Erde durch menschliche CO2-Emissionen in den letzten 30 Jahren ohne die verringerte Reflexionskraft nicht eingetreten wäre. Unter Berufung auf den Klimaforscher Peter Wadhaus geht Bendell davon aus, dass in den kommenden Jahren im Sommer eine eisfreie Arktis erscheinen wird. In einem solchen Jahr gäbe es aufgrund der verminderten Reflexionsfähigkeit eine um 50% erhöhte Erwärmung. Damit wären die linearen Prognosen des IPCC laut Bendell endgültig hinfällig. Seine Argumentation sieht Bendell dadurch bestätigt, dass seit langem der Meeresspiegel stärker ansteigt als prognostiziert. (Vgl. ebd.: 7) Dies vor allem wegen des nicht-linearen Abtauens des arktischen Landeises:

„Die beobachteten Phänomene der realen Temperaturen und des Meeresspiegels sind höher als das, was die Klimamodelle der letzten Jahrzehnte für unsere heutige Zeit vorausgesagt haben. Sie stimmen mit nicht-linearen Veränderungen in unserer Umwelt überein, die wiederum unkontrollierbare Auswirkungen auf den menschlichen Lebensraum und die Landwirtschaft auslösen, mit nachfolgenden komplexen Folgen für soziale, wirtschaftliche und politische Systeme. Ich werde auf die Auswirkungen dieser Trends zurückkommen, nachdem ich einige weitere Effekte ausgezählt habe, die bereits heute als solche bekannt sind“ (ebd.).

Als solche Effekte fasst er einen Anstieg der Extremwetterereignisse, weniger stark steigende Ernteerträge in den letzten Jahren und die Versauerung der Ozeane mitsamt dem Absterben der Hälfte aller Korallenriffe zusammen (vgl. ebd.: 7f). Neben einem Anstieg der Extremwetterereignisse muss laut seiner Analyse künftig mit einem Rückgang der landwirtschaftlichen Produktion gerechnet werden, vor allem mit einem Rückgang bei der „Massenproduktion von Getreide in der nördlichen Hemisphäre“ (ebd.: 8) und mit einer „zeitweiligen Unterbrechung der Reisproduktion in den Tropen.“ (ebd.) In China werden die Ernteerträge für Reis (-36,25%), Weizen (-18,26%) und Mais (-45,10%) bis zum Ende des Jahrhunderts sinken. In Indien soll der Weizenertrag bis 2080 um 15-25% sinken. Die Produktivität der Fischerei wird um mehr als die Hälfte zurückgehen und einiges deutet daraufhin, dass der Meeresspiegel bald exponentiell steigen könnte. Das wird laut Bendell Milliarden Menschen in Küstengebieten betreffen. Wegen des Klimawandels muss, zusätzlich zu Millionen internationaler Flüchtlinge, mit über 100 Mio. Binnenflüchtlingen gerechnet werden. (Vgl. ebd.)
Bendell ist pessimistisch, dass die Erwärmung der Erde auf 1,5°C begrenzt werden kann. Nicht nur wegen der Kippelemente, sondern auch weil die hierzu gehörenden Restbudgets an Treibhausgasen nicht eingehalten werden können. Die ausbleibende Transformation des weltweiten Wirtschaftssystems und weiterhin steigende Treibhausgasemissionen stimmen ihn skeptisch, dass auch nur das Restbudget an Treibhausgasemissionen für die 2°C Erwärmung eingehalten werden kann. Bereits diese ist laut Bendell keine Zahl, welche Wissenschaftler*innen empfehlen würden, da bei einer Annäherung an diese Marke zu große Risiken entstehen. In beide Begrenzungsszenarien sind zudem Reduktionsmaßnahmen für die Treibhausgaskonzentration in der Atmosphäre eingerechnet, welche laut Bendell aus den unterschiedlichsten Gründen nicht funktionieren können. So müssten z. B. Entfernungstechnologien bis 2020 auf ein globales Level hochskaliert werden und biologische Ansätze, wie Aufforstung, schnell intensiviert werden. (Vgl. ebd.: 9) Außerdem müsse die landwirtschaftliche Entwicklung der letzten 60 Jahre auf einen Schlag rückgängig gemacht werden. Zuletzt müsse jahrzehntelanger, fehlgeschlagener Schutz von Wäldern und Feuchtgebieten auf einmal erfolgreich werden. Für solche Maßnahmen fehlt laut Bendell die politische Agenda. (Vgl. ebd.: 10) Ebenfalls glaubt er, dass Geoengineering als Maßnahme zur Treibhausgasreduktion ausgeschlossen wird, da dieses mit zu vielen Unsicherheiten bezüglich seiner Wirkungsweise verbunden ist (vgl. ebd.: 12).
Selbst wenn solche Maßnahmen wider Erwarten gelingen würden, glaubt Bendell, dass kommende Methanemissionen in der Arktis den Klimawandel unabwendbar machen. Die Methanemissionen sind in den Jahren 2014 und 2015 mit 10 ppb (parts per billion) deutlich stärker gestiegen als noch zu Beginn des Jahrtausends mit 0,5 ppb. Bendell benennt anhand seiner Analysen zwei Kippelemente, welche plötzlich große Mengen freisetzen können: den Permafrostboden und das arktische Meer. Beim Permafrostboden sieht er es durch jüngste Experimente als erwiesen an, dass der tauende Permafrost „innerhalb weniger Jahre erhebliche Mengen an Methan produziert“ (ebd.: 11). Für ihn stellt sich hierbei aufgrund seiner folgenden Beobachtungen nicht die Frage, ob dies möglich ist, sondern ob die Mikroorganismen im tauenden Permafrost das Methan abbauen können, bevor es in die Atmosphäre entweicht. Eine Frage in der es für Bendell bisher keine eindeutige Antwort gibt. (Vgl. ebd.)
Gewichtiger findet er ohnehin die Debatte über das zweite methanbezogene Kippelement. Die Erwärmung des arktischen Ozeans könnte Methan aus Methan-Clathraten und Methanhydraten auf dem arktischen Meeresboden freisetzen. Die Menge an freigesetztem Methan würde ausreichen, die Erde in kurzer Zeit um 5°C zu erwärmen. Unklar ist laut Bendells Quellen nicht, ob der Ozean sich schnell genug erwärmt, um ein solches Szenario zu ermöglichen, sondern ob auch hier genug Methan von Mikroorganismen verarbeitet würde, ehe es an die Oberfläche gelangt. Zwar gibt er zu bedenken, dass eine Studie 2017 zu dem Ergebnis kam, dass es keine Beweise gebe, dass Methan vom Meeresboden plötzlich in katastrophalen Mengen freigesetzt werden könnte. Jedoch sind die Ergebnisse dieser Studie seiner Analyse nach nicht unumstritten. (Vgl. ebd.) Er stellt die Frage, ob bisher ungeklärte Methanmengen, welche in die Atmosphäre gelangen, nicht genau auf dieses Phänomen zurückführbar seien. Von einem Anstieg der Methankonzentration um 35 ppb in 2017 auf 2018 könnten nur 15 ppb durch Messungen an Landoberflächen erklärt werden. Bendell schlussfolgert, dass diese Zahlen mit einem nicht-linearen Anstieg der Methanemissionen seit 2007 übereinstimmen. Das Methan könnte aus Methanhydraten im Ozean stammen. Unter Berufung auf Wissenschaftler*innen, welche im sibirischen Permafrost arbeiten, spricht er zudem von einer übermäßigen Verdünnung eben dieses, was letztlich die Hydrate im Permafrost stärker destabilisieren könnte als angenommen. Die Berichte der Forscher*innen sowie die nicht-linear steigenden Methanwerte in der Atmosphäre und die ungewöhnlich hohen Temperaturen über der Arktis, lassen ihn darauf schließen, dass Methan als Teil der Kippelemente bisher unterschätzt wurde. (Vgl. ebd.: 12)
Diese Erkenntnisse und die ausbleibende Transformation der Wirtschafts- und Lebensweisen deuten für ihn darauf hin, „dass wir uns auf ein disruptives und unkontrollierbares Ausmaß des Klimawandels einstellen müssen, das Hunger, Zerstörung, Migration, Krankheit und Krieg bringt.“ (ebd.) Der Stand des Klimawandels deute somit auf einen klimabedingten gesellschaftlichen Zusammenbruch hin (vgl. ebd.: 5). So sei es an „der Zeit, Folgen der Möglichkeit zu bedenken, dass es zu spät ist, eine globale Umweltkatastrophe zur Lebenszeit der heute lebenden Menschen abzuwenden“ (ebd.). Diese Umweltkatastrophe könnte sich bereits in den kommenden zwanzig Jahren negativ auf die Landwirtschaft auswirken (vgl. ebd.: 20) und innerhalb von zehn Jahren die menschliche Gesellschaft durch Störungen in ihren Grundfunktionen beeinträchtigen (vgl. ebd.: 26) Zu diesen Störungen gehören laut Bendell „Unterernährung, Hunger, Krankheit, Bürgerkrieg und Krieg – und die wohlhabenden Nationen werden dies ebenfalls nicht vermeiden können.“ (ebd.). Als Antwort auf seine Schlussfolgerung des gesellschaftlichen Zusammenbruchs entwirft er die „Deep Adaptation Agenda“ (ebd.: 13).

3.2. Die „Deep Adaptation Agenda“

Die Deep Adaptation Agenda soll „erörtern, wie sich Gemeinschaften, Länder und die Menschheit an die kommenden Probleme anpassen können.“ (ebd.). Sie ist laut Bendell kein konkreter Maßnahmenkatalog, sondern soll der Debatte über die zu ziehenden Konsequenzen aus der Erkenntnis des von ihm vermuteten, gesellschaftlichen Zusammenbruchs, einen Rahmen geben (vgl. ebd.: 23). Er grenzt seine Agenda von der „Klimaanpassung“ (ebd.: 21) ab, für welche es laut ihm aufgrund der kommenden, disruptiven Veränderungen bereits zu spät sein könnte (vgl. ebd.). Dennoch betont er, dass solche Maßnahmen, genau wie die Reduzierung von Treibhausgasemissionen (vgl. ebd.: 26), wichtiger Teil der Vorbereitung auf einen außer Kontrolle geratenen Klimawandel sein könnten, da sie zumindest vorrübergehend Schäden verringern und Menschen helfen könnten (vgl. ebd.: 21f). Die Deep Adaptation Agenda setzt sich aus drei bzw. inzwischen vier Punkten zusammen:
Resilienz, Verzicht, Wiederherstellung (vgl. ebd.: 23) und „Reconciliation“ (ebd. 2020B: 23), wobei sich Letzteres mit „Versöhnung“ übersetzen lässt. Die drei bzw. vier Agendapunkte schlüsselt er inhaltlich auf, indem sie jeweils drei bzw. vier Fragen für die Diskussion über die zu ziehenden Schlüsse stellen (vgl. ebd. 2018: 23):
„Resilienz stellt uns die Frage: ‚Wie behalten wir, was wir wirklich behalten wollen?‘“ (ebd.) Diese Frage ergibt sich dadurch, dass Bendell Resilienz definiert als „die Fähigkeit […], sich an veränderte Umstände anzupassen, um mit anerkannten Normen und Verhaltensweisen zu überleben“ (ebd.). Es geht gleichzeitig um Anpassung und darum, welche Normen und Verhaltensweisen behalten werden sollen. Dies extrahiert er aus einer Betrachtung des Resilienz-Begriffes, welcher in Kapitel fünf aufgegriffen wird.
„Verzicht stellt uns die Frage: ‚Was müssen wir loslassen, um die Situation nicht zu verschlimmern?‘“ (ebd.) Hierbei geht es darum, „dass Menschen und Gemeinschaften bestimmte Vermögenswerte, Verhaltensweisen und Überzeugungen loslassen, bei denen die Bindung an diese die Situation verschlimmern könnte.“ (ebd.) Als Beispiele führt er den Rückzug aus Küstengebieten oder die Aufgabe bestimmter Konsumerwartungen an (vgl. ebd.).
„Wiederherstellung stellt uns die Frage: ‚Was können wir wieder zurückbringen, damit wir mit den kommenden Schwierigkeiten und Tragödien fertig werden?‘“ (ebd.) Hierbei sollen „Menschen und Gemeinschaften die Einstellungen und Ansätze zum Leben und Organisieren wiederentdecken, die unsere auf Kohlenwasserstoffen basierende Zivilisation zerstört hat.“ (ebd.) Als Beispiele führt Bendell hier die Renaturierung von Landschaften oder eine höhere Produktivität und Unterstützung auf kommunaler Ebene an (vgl. ebd.: 23).
Versöhnung soll die Frage stellen, mit wem und was die Menschen ihren Frieden machen können, da sie sich ihrer Sterblichkeit bewusst werden. Dies dient laut Bendell der Offenheit gegenüber anderen Vorschlägen und kann die Debatte konstruktiver gestalten. (Vgl. ebd. 2020B: 23)
Die Agenda deutet einige Schnittstellen zur Resilienzpolitik an, welche in Kapitel fünf weiter diskutiert werden. Zunächst sollen im nächsten Kapitel Bendells Thesen diskutiert werden.

4. Bendells Thesen im Diskurs

Im Diskurs der Klimadebatte spiegeln Bendells Thesen eher eine Randerscheinung wider, wie die Recherchen zu dieser Arbeit vermuten lassen. Warum dies so ist, soll dieses Kapitel in mehreren Schritten untersuchen. Gleichzeitig verdeutlicht es, dass Bendell schnell ins Zentrum der öffentlichen und klimapolitischen Debatte geraten könnte. So wird zunächst das Dilemma seiner Thesen angedeutet, um zu zeigen warum er am Rande des Diskurses stehen könnte. Daraufhin wird die Stichhaltigkeit seiner Klima-Argumente beleuchtet, um danach selbiges für seinen Schluss auf den gesellschaftlichen Zusammenbruch zu tun. Zuletzt wird ein vielgefundener Vorwurf an Bendell debattiert, nämlich jener der Hoffnungslosigkeit. Diese Schritte sollen die Bewertung seiner Arbeit ermöglichen und zugleich den letzten Schritt dieser Arbeit vorbereiten: Die Debatte seiner Thesen und Ideen aus resilienzpolitischer Perspektive sowie ihre Bedeutung für eben diese Perspektive. Wie bisher wird hierbei diskurs-analytisch vorgegangen. Zum einen wird anhand der geschaffenen Informationsgrundlage bewertet, zum anderen werden Kritiker*innen und Befürworter*innen von Bendell angeführt.

4.1. Das Dilemma von Bendells Thesen

Offensichtlich haben Bendells Thesen einen Hauch von Verschwörungstheorie. Gerade seine im Folgenden angeführten Vermutungen, warum seine These so kontrovers diskutiert wird – oder eben nicht – lassen dies so erscheinen. Auch die Tatsache, dass er in der Klimadebatte eine Randerscheinung spielt, erschwert diese Vermutung.
Jem Bendell selbst fasst das Dilemma seiner Arbeit zusammen, indem er annimmt, dass sein Artikel so oder so seiner Karriere schaden wird. Tritt seine Analyse zum Klimawandel nicht ein, wird er sich unglaubwürdig gemacht haben. Tritt sie ein, glaubt er, dass seine Karriere mit dem gesellschaftlichen Zusammenbruch endet. (Vgl. ebd.: 24) Die vorliegende Arbeit möchte allerdings ein anderes Dilemma aufzeigen. Indirekt hat Bendell selbst vorausgesagt, dass seine Arbeit es schwer haben wird, Anklang zu finden:

„Ich arbeite seit über 20 Jahren innerhalb oder mit Organisationen, die an der Nachhaltigkeitsagenda arbeiten, im gemeinnützigen, privaten und staatlichen Sektor. In keinem dieser Sektoren gibt es ein offensichtliches, institutionelles Eigeninteresse daran, die Wahrscheinlichkeit oder Unvermeidlichkeit eines gesellschaftlichen Zusammenbruchs zum Ausdruck zu bringen. Weder gegenüber den Mitgliedern ihrer Wohltätigkeitsorganisation, noch gegenüber den Käufern Ihrer Produkte, noch gegenüber den Wählern ihrer Partei. […] Aber die interne Kultur der Umweltgruppen favorisiert nach wie vor den Eindruck von Wirksamkeit, auch wenn jahrzehntelange Investitionen und Kampagnen kein positives Ergebnis für das Klima, die Ökosysteme oder viele spezifische Arten gebracht haben.“ (ebd.: 17)

Er deutet damit an, warum es im Rahmen der vorliegenden Arbeit schwierig war, ernsthafte Auseinandersetzungen mit seinen Thesen zu finden. Aus seiner Sicht kann die Umweltschutzszene nicht von einem Scheitern ihrer Bemühungen sprechen ohne sich die eigene Legitimation zu entziehen. Zwei weitere Argumente können zusätzliche Erklärungen liefern, warum es nicht zu einer größeren Auseinandersetzung mit Bendells Thesen kommt: Seine unwissenschaftliche Schreibweise und die Maximalpositionen seiner Thesen. Bendell selbst erkennt an, dass er „eine unwissenschaftliche Form des Schreibens“ (ebd.: 13) betreibt. Dies begründet er mit der Brisanz seiner Erkenntnisse, welche es notwendig machen mit herkömmlichen wissenschaftlichen Formaten zu brechen, um eine breitere Öffentlichkeit zu erzielen (vgl. ebd.). Während dies im öffentlichen Diskurs funktionieren kann, wie bereits bei Wallace-Wells (vgl. Sihn-Weber/Fischler 2020: 30; Bendell 2018: 14), könnte genau dies ihm den Zugang zum wissenschaftlichen Diskurs verwehren. Auch seine Analysen sind aus wissenschaftlicher Sicht nicht gerade „salonfähig“. Er geht davon aus, dass der Klimawandel den schlimmsten Prognosen folgt und dass daher die menschliche Zivilisation zusammenbrechen wird. Wie sich zeigen wird, gibt es neben Kritiker*innen durchaus Forscher*innen, die seine Erkenntnisse nicht als falsch bewerten. Einerseits scheint das Problem darin zu liegen, dass wissenschaftliche Normen zur Vermeidung von „Bombast“ (ebd.: 16) neigen und sich Forschende daher „auf die Seite des geringsten Dramas“ (ebd.) begeben. Andererseits betont Bendell, dass auch Wissenschaftler*innen nur soziale Wesen sind, die ungerne gegen Normen und gesellschaftliche Erwartungen anschwimmen. Hinzu kommen die Erwartungen ihrer Geldgeber*innen und der Einrichtungen, in denen sie arbeiten. (Vgl. ebd.) Dies konnten die Recherchen zu dieser Arbeit bestätigen. Oft wurden Forscher*innen ausfindig gemacht, welche die Zurückhaltung der Analysen ihrer Kolleg*innen und des IPCC anprangerten (siehe z. B. Welzer 2008: 53; University of Exeter 2019).
Im weiteren Verlauf dieses Kapitels wird sich somit auf den „kleinen“ Diskurs um Bendells Thesen konzentriert. Es wird geprüft, inwiefern seine Thesen haltbar sind, um seine Position im Diskurs zu hinterfragen.

4.2. Kritik und Diskussion der Thesen

Mittels der Darstellung dreier Kritikbereiche sowie einer Diskussion eben dieser, wird im Folgenden eine Bewertung von Bendells Thesen ermöglicht: dem Klima-Argument, dem gesellschaftlichen Zusammenbruch und dem Argument der Hoffnungslosigkeit.

4.2.1. Das Klima-Argument

Bendells These zum Klimawandel, sofern sie auf Reaktionen stieß, löste sehr widersprüchliche Meinungen aus. Ein Artikel der BBC ließ im Jahr 2020 sowohl namhafte Befürworter*innen als auch Kritiker*innen seiner Klimaanalysen zu Wort kommen (vgl. Hunter 2020). Während Professor Michael Mann, einer der bekanntesten Klimawissenschaftler, Bendells Analysen zum Klimawandel als falsch einstuft, bestätigt dies Myles Allen, Professor für Geowissenschaften. Seiner Ansicht nach habe das Klimasystem bisher so reagiert wie prognostiziert, womit Bendells These hochspekulativ sei. Der renommierte australische Klimawissenschaftler Will Steffen gibt Bendell Recht:

„With global emissions continuing to rise, and no signs that the Paris targets will be respected, Jem Bendell has some justification in taking the strong position that it is already too late and we’d better prepare to deal with the collapse of the globalised economic system […] Jem may, in fact, be ‚ahead of the game‘ in warning us about what we might need to prepare for. […] There is a ‘credible risk’ that even a 2°C rise in global average temperatures above pre-industrial levels could initiate a ‘a tipping cascade… taking our climate system out of our control and on to a Hothouse Earth state’ […] I can’t say for sure that Jem Bendell is right… but we certainly can’t rule it out.“ (ebd.)

Neben dieser prominenten Fürsprache erfährt Bendell große Bestätigung durch die Bewegung Extinction Rebellion (vgl. Hunter 2020; Nicholas et al. 2020). Gleichzeitig wird er aber von einigen Wissenschaftler*innen in der Bewegung kritisiert (vgl. Nicholas et al. 2020). Ein Artikel von Nafeez Ahmed, einem britischen Politikwissenschaftler, versuchte 2019 den Sachverhalt zu Bendells These durch Interviews mit Expert*innen zu klären. Neben einigen Kritiker*innen, darunter Professor Mann, wurden in dem Artikel viele Argumente angeführt, die einen Großteil seiner These stützen (vgl. Ahmed 2019). Im Onlinemagazin „Voice of Action“ erschien 2020 ein Artikel, in welchem u. a. Will Steffen zu Wort kommt. Der Artikel befasst sich mit den Kippelementen und konstatiert ebenfalls, dass ein globales Kippen in Gang sein könnte (vgl. Moses 2020). Die Resonanz zu Bendells These fällt insgesamt gemischt aus.
Eine Bewertung seiner Thesen zum Klimawandel auf Basis der Informationsgrundlage dieser Arbeit kommt zu einem ähnlichen Schluss. Bendells Argumentation kann zu einem großen Teil gestützt werden. Die Kritik, dass der IPCC und die Wissenschaft den Klimawandel chronisch unterschätzen, konnte auch bei anderen Autor*innen gefunden werden. Die Prozesse, welche Bendell in der Arktis ausmacht ebenfalls. Auch die Folgen der bisherigen Erwärmung sowie die Konsequenzen einer weiteren Erwärmung können im Rahmen dieser Arbeit bestätigt werden. Sowohl die Ernteerträge als auch der Fischfang könnten im von Bendell vermuteten Maß abnehmen. Die Zahl der Flüchtlinge scheint er sogar etwas konservativ zu schätzen. Seine Zweifel am Einhalten der 1,5°C Marke können ebenso geteilt werden, wie die an der 2°C Marke. Seine Analyse zu den Reduktionsmaßnahmen kann diese Arbeit nicht bewerten, wenngleich sie im Lichte der verwendeten Literatur schlüssig erscheint.
Wichtiger ist ohnehin die Bewertung seiner Analyse zur Kettenreaktion der Kippelemente. Er deutet an, dass diese bei 1,5°C, vielleicht sogar bei 2°C, noch abgewendet werden kann. Die von ihm beobachteten nicht-linearen Veränderungen im Klimasystem sowie sein Pessimismus bezüglich der Einhaltung der Restbudgets an Treibhausgasemissionen lassen ihn aber schlussfolgern, dass bald zwei wichtige Kippelemente in Bezug auf Methan überschritten sein könnten, nämlich der Permafrostboden und das Methan vom arktischen Meeresboden. Diese Arbeit konnte aufzeigen, dass die Gefahr des Permafrostbodens bisher sogar unterschätzt wurde, aufgrund der Aktualität der Erkenntnisse vielleicht auch von Bendell. Seine Analyse zum Methan vom arktischen Meeresboden kann hier nicht ausreichend bewertet werden. Lenton et al. deuten diese Möglichkeit nur an, was nicht unbedingt für die Wahrscheinlichkeit spricht, dass dies in absehbarer Zeit passieren könnte. Gleichzeitig lassen sie Bendells Spekulationen Raum, indem sie darauf verweisen, dass es zum Methanausstoß mehr Forschung benötige. Bendell stellt eine Lücke zwischen gemessenen Methanemissionen und erklärbaren Emissionen fest, auf welche er seine Vermutung stützt, dass Methan vom arktischen Meeresboden in die Atmosphäre gelangt. Jackson et al. stellen in ihrer Arbeit fest, dass die höheren Methanemissionen durch Landwirtschaft und Abfallwirtschaft erklärt werden können (vgl. Jackson et al. 2020: 7). Hier scheint Bendell falsch zu liegen. Fest steht jedoch, dass die Gefahr des Methans von der Klimawissenschaft lange unterschätzt wurde, wie Lenton et al. aber auch Jackson et al. darlegen. Autor*innen wie diese, welche sehr wohl im Zentrum der Klimadebatte stehen, können Bendells Annahmen somit mit einer Ausnahme bestätigen.
Bendells Beobachtung von nicht-linearen Veränderungen im Klimasystem können hier zwar nicht geteilt werden, jedoch konnten Hinweise zum Ursprung seiner Beobachtungen gefunden werden. Sie könnten sich mit neuen Erkenntnissen zu einer höheren Klimasensitivität erklären lassen, d. h. dass das Klima durchaus früher da stärker auf gewisse Einwirkungen reagieren kann als prognostiziert und sich dabei trotzdem linear verändern kann. Selbst wenn kein nicht-lineares Fortschreiten des Klimawandels vorliegt und Bendells Annahmen zum Methan vom Meeresboden falsch sind, lässt sich seine Schlussfolgerung eines unkontrollierbaren Klimawandels anhand dieser Arbeit durchaus stützen. Zum Zeitpunkt seiner Arbeit schien Bendell mit 1,5°C und 2°C noch von zu hohen roten Linien für die Kettenreaktion der Kippelemente ausgegangen zu sein. Diese Arbeit konnte feststellen, dass diese bei 1,5°C, wenn nicht sogar bei 1°C liegen. Ob das Kippen des Grönländischen Eisschildes sowie das drohende Kippen des Westantarktischen Eisschildes für einen unkontrollierbaren, selbstverstärkenden Klimawandel, wie Bendell ihn aus anderen Annahmen heraus vermutet, ausreicht, kann nicht final geklärt werden. Sehr wohl kann jedoch geklärt werden, dass diese Gefahr nicht ausgeschlossen ist. Wichtig ist vor allem der Verweis von Lenton et al. auf das „Nicht-Wissen“ (Naess 2013: 51) hierzu, auf welches in Kapitel fünf eingegangen wird.
Sicherlich fällt es dieser politikwissenschaftlichen Arbeit schwer eine ausreichend fundierte Bewertung von Bendells Thesen vorzunehmen. Aufgrund des diskurs-analytischen Vorgehens erscheint eine gemischte Bewertung allerdings angemessen. Bendell hat gewichtige Kritiker*innen aber auch Fürsprecher*innen. Seine Argumente können bis auf zwei Einschränkungen auf Basis der Informationen dieser Arbeit bestätigt werden. Wenngleich seine Annahmen zu nicht-linearen Veränderungen so nicht vorgefunden wurden und auch die Schlussfolgerung der Methanfreisetzung aus dem arktischen Meer nicht geteilt werden kann, kann diese Arbeit seine Feststellung eines drohenden Klimakollapses teilen. Zu diesem Ergebnis kommt sie aber auf anderem Wege als Bendell. Angesichts dieser Feststellungen scheint es, als müsste Bendells These mehr Raum in der Debatte einnehmen. Wenngleich er sich mit einem bzw. zwei seiner Argumente irren könnte, ist die selbstverstärkende Erwärmung der Erde nicht weit entfernt, womöglich sogar bereits eingetreten. Der IPCC geht auf Basis seiner Ergebnisse davon aus, dass bei gleichbleibender Erwärmungsrate wie bisher, die 1,5°C Erwärmung zwischen 2030 und 2052 erreicht wird (vgl. IPCC 2018: 4). Die World Metrological Organization berichtete jüngst, dass mit einer Wahrscheinlichkeit von 20% schon in einem der Jahre zwischen 2020 und 2024 mit einer durchschnittlichen Erwärmung von 1,5°C gerechnet werden kann. Zu 70% sogar in einem Monat in diesem Zeitraum (vgl. WMO 2020). Bereits in Kapitel 2.3. wurde angeführt, dass es zwischen 2020 und 2030 soweit sein könnte. Diese Arbeit muss sich daher in der Betrachtung von Bendells vermuteten Klimakollaps‘ Steffens Kommentar zu dieser These anschließen: „I can’t say for sure that Jem Bendell is right… but we certainly can’t rule it out.“ Alle Erkenntnisse dieser Arbeit deuten darauf hin, dass die Einschätzung eines Klimakollapses in naher Zukunft in Erwägung gezogen werden muss.

4.2.2. Der Zusammenbruch der Gesellschaft?

Bendell leitet aus seinen Annahmen ab, dass der Kollaps des Klimasystems unweigerlich den Zusammenbruch der Gesellschaft nach sich ziehen wird. Je nachdem wie man seine Aussagen interpretiert sogar in zehn bis zwanzig Jahren. Dies macht er an den in Kapitel 3.1. erwähnten Störungen der gesellschaftlichen Grundfunktionen und an der Beeinträchtigung der landwirtschaftlichen Produktion innerhalb der kommenden zwanzig Jahre fest. Auf den ersten Blick macht Bendell sich hier angreifbar, da diese Annahme auf seiner persönlichen Einschätzung beruht, wie er später zugab (vgl. Bendell 2020A). Seine Annahme ist analog zu dem Klimaargument kontrovers diskutiert worden. Im BBC Interview kritisiert Myles Allen, dass die Vorhersagen zu einem gesellschaftlichen Zusammenbruch in den nächsten Jahren weit hergeholt seien (vgl. Hunter 2020). Die Annahme eines solchen Zusammenbruchs wird auch in “Voice of Action” (Moses 2020) beleuchtet.
Dort werden einige namhafte Wissenschaftler*innen angeführt, welche unabhängig von Bendell davon ausgehen, dass eine zu starke Erwärmung der Erdatmosphäre die menschliche Zivilisation gefährden wird. Der schwedische Resilienzforscher Johan Rockström sagt z. B., dass er sich nicht vorstellen könne, wie eine 4°C wärmere Erde auch nur eine Milliarde Menschen ernähren könnte. Der deutsche Klimaforscher Hans Joachim Schellnhuber glaubt, dass wir große Gefahr laufen unsere Zivilisation zu zerstören, wenn wir weiter machen wie bisher. Er glaubt nicht daran, dass das 1,5°C Ziel noch erreicht werden kann. Laut dem Artikel zeigen wissenschaftliche Modelle zudem, dass bei einem weiteren Wachstum wie bisher das globale System im 21. Jahrhundert kollabieren könnte. Graham Turner, ehemaliger Forschungsassistent am CSIRO Institut in Australien, sagt, dass die Modelle vermuten lassen, dass wir in einer frühen Phase des Zusammenbruchs stecken, die Hinweise aber verdrängen. (Vgl. ebd.) Will Steffen, Befürworter von Bendells Klimaargumentation, geht in dem Artikel nicht von einem abrupten Kollaps der globalen Zivilisation aus: „collapse ‘will likely not come as a dramatic global collapse, but rather as overall deterioration in many features of life, with regional collapses occurring here and there’” (ebd.). Dies passt zu den Erkenntnissen dieser Arbeit. Die Folgen des Klimawandels könnten bis zu einem gewissen Grad nicht alle gleich treffen, sie treffen zunächst verstärkt den Globalen Süden.
Weitere Autor*innen können diese Annahme stützen. So beschrieb bereits Harald Welzer 2008 klimabedingte Konflikte im Globalen Süden (vgl. Welzer 2008). Andere folgen diesen Analysen, so etwa Kromp-Kolb, Bernau (vgl. Bernau 2020), Ahmed (vgl. Ahmed 2019) oder Ionesco et al. (vgl. Ionesco et al. 2017). Auch das Pentagon mit seiner konservativen Führungselite geht davon aus, dass weltweit auftauchende Konflikte und regionale Zusammenbrüche im Zuge des Klimawandels das US-Militär immer stärker einbinden könnten (vgl. Klare 2019: 231f) bis hin zum so genannten „all hell breaking loose“-Szenario (ebd.: 233). In diesem steht das Militär einer Vielzahl gleichzeitiger, wärmebedingter Krisen im Ausland gegenüber, während die USA selbst unter verschiedenen Folgen des Klimawandels leiden und einige Basen des US-Militärs durch die Folgen des Klimawandels in ihrer Funktion eingeschränkt sind. Das Pentagon geht davon aus, dass im Zuge des Klimawandels eine Vielzahl von Regierungen in weiten Teilen der Welt und das globale Handelssystem zusammenbrechen werden, was letztlich zu Chaos und Flucht führen wird. (Vgl. ebd.)
Zuzuspitzen scheint sich die Debatte in der „collapsology“ (Bendell 2020B: 13), einer jüngeren wissenschaftlichen Disziplin, welche sich mit dem gesellschaftlichen Zusammenbruch befasst, vor allem bei der Nahrungsmittel- und Wasserversorgung. Die Vertreter*innen der Collapsology betonen, dass es in solch komplexen Systemen wie der Gesellschaft vergeblich sei, Debatten über potenzielle Gründe für deren Untergang zu führen, da diese durch viele Faktoren beeinflusst werden (vgl. ebd.). Nach Bendells Argumentation und den Erkenntnissen aus Kapitel 2.3. scheint dies jedoch eine ernstzunehmende Gefahr für die Gesellschaft. Die weltweite Nahrungsmittelproduktion wird im Zuge des Klimawandels sinken, etwa der Fischfang oder Ernteerträge. Konsens scheint in der Klimawissenschaft zu sein, dass die Nahrungsmittelproduktion im Zuge des Klimawandels weltweit um zwischen 20% und 40% einbrechen wird (vgl. Ahmed 2010: 99). Diese Analysen basieren auf den gängigen Prognosen zum Klimawandel. Seriöse Prognosen im Falle eines abrupten Klimawandel konnten im Rahmen dieser Arbeit nicht ausfindig gemacht werden. Bedenkt man, dass historische Zivilisationen oftmals durch klimabedingte Einbrüche der Nahrungsmittelproduktion zusammenbrachen (vgl. Diamond 2019; Welzer 2008: 62; Sihn-Weber/Fischler 2020: 24), könnten eben solche Einbrüche spürbare Auswirkungen auf die Stabilität der Gesellschaft haben. Allerdings gilt es hier etliche Fragen zu klären. Beispielsweise stellt sich angesichts der Überproduktion von Lebensmitteln die Frage, ob ein Einbruch der Produktion nicht durch Umverteilung abgefangen werden könnte.
Es bleibt festzuhalten, dass Bendells Argumentation eines gesellschaftlichen Zusammenbruchs auf Argumenten basiert, die in ähnlicher Form auch bei anderen Autor*innen gefunden werden können. Dennoch ist sie spekulativ. Auch hier gilt, dass seine Annahme nicht bestätigt werden kann, sie aber auch nicht unwahrscheinlich ist.

4.2.3. Das Argument der Hoffnungslosigkeit

Nachdem aufgezeigt werden konnte, dass Bendells übergeordnete Annahme zum Klimawandel sehr wohl berechtigt ist und dass seine Schlussfolgerung des gesellschaftlichen Zusammenbruchs nicht unwahrscheinlich erscheint, widmet sich dieses Unterkapitel dem vermeintlich größten Kritikpunkt an Bendell. Ihm wird vorgeworfen, dass sein Artikel Hoffnungslosigkeit bei den Leser*innen hervorruft und dass seine Arbeit „Panikmache“ sei. Zumindest konnte dies bei den Recherchen zu dieser Arbeit als durchgehendes Argument seiner Kritiker*innen identifiziert werden. Dieses kann hier nicht anhand von Fakten aufgewogen werden, sondern nur philosophisch betrachtet werden.
Michael Mann äußerte gegenüber der BBC beispielsweise: „Bendell’s ‘doomist framing’ is ‘disabling’ and will ‘lead us down the very same path of inaction as outright climate change denial.” (Hunter 2020) Solche Reaktionen finden sich zusammengefasst im BBC-Artikel oder auch bei Ahmed (vgl. Ahmed 2019). Auch Nicholas et al. werfen Bendell vor mit seinem Aufsatz bei seinen Leser*innen Angst auszulösen (vgl. Nicholas et al. 2020).
Gleichzeitig merken sie an, dass Bendell gegenüber Artikeln, welche die Autor*innen als wissenschaftlich einstufen, einen entscheidenden Vorteil hat: Er verwendet Emotionen. Laut den ihnen ist so der Erfolg seines Artikels bei den Anhänger*innen von Extinction Rebellion und bei vielen Menschen, welche seinen Artikel heruntergeladen haben, zu erklären (vgl. ebd.). Bendells Kritiker*innen berufen sich oftmals darauf, dass negative Emotionen bezüglich des Klimawandels negative Reaktionen wie Resignation auslösen können (vgl. Moser 2007). Jem Bendell argumentiert, dass es gerade Hoffnungslosigkeit und Angst sein können, welche aus der Information über einen bevorstehenden abrupten Klimawandel sowie eines gesellschaftlichen Zusammenbruchs resultieren, die Anlass geben könnten angesichts der Perspektivlosigkeit des jetzigen Pfades, einen anderen einzuschlagen (vgl. Bendell 2018: 15):
„Zeitgenössische Überlegungen zum emotionalen […] von Menschen als Folge ihrer Hoffnungslosigkeit und Verzweiflung passen zu diesen alten Ideen. Der Verlust einer Fähigkeit, eines geliebten Menschen oder einer Lebensweise oder das Erhalten der Diagnose einer unheilbaren Krankheit wurden alle als Auslöser für eine neue Art der Selbst- und Weltwahrnehmung beschrieben oder persönlich erlebt, wobei Hoffnungslosigkeit und Verzweiflung ein notwendiger Schritt in diesem Prozess sind […]. In solchen Kontexten ist ‚Hoffnung‘ keine gute Sache, die man beibehalten sollte, da sie davon abhängt, was man sich erhofft. Als die Debatte über den Wert des Artikels des New York Magazines wütete [Wallace-Wells; d. Verf.], nahmen einige Kommentatoren dieses Thema auf. ‚Indem wir die Hoffnung auf die Fortsetzung einer Lebensweise aufgeben, eröffnen wir einen Raum für alternative Hoffnungen‘, schrieb Tommy Lynch […].“ (ebd.)

Bendell scheint seinen Kritiker*innen hier ein gewichtiges Argument entgegenzusetzen. Die Erkenntnis, dass der aktuelle ressourcenintensive und wachstumsabhängige Pfad, den die menschliche Gesellschaft eingeschlagen hat, den Klimawandel außer Kontrolle geraten lassen und die Gesellschaft stark negativ beeinflussen könnte, kann die Notwendigkeit eines Perspektivwechsels verdeutlichen. Zwangsläufig würde der Wunsch entstehen, die Situation nicht weiter zu verschlimmern und eine Veränderung der Lebensweise einzuleiten. Ein Werkzeug für eine solche Veränderung kann die Resilienzpolitik sein.

5. Die resilienzpolitische Perspektive

Dieses Kapitel greift die angedeuteten Impulse von Bendells Thesen für die Resilienzpolitik auf. Zunächst werden der Begriff der Resilienz und seine zwei Verwendungsstränge dargestellt. Daraufhin wird aufgezeigt, dass sich in der Nachhaltigkeitsdebatte vor allem eine Verwendungsart des Begriffes durchgesetzt hat. Anhand dieser wird abgeleitet, was Resilienzpolitik bedeuten kann. Aus der Perspektive dieses Begriffs werden Bendells Impulse verarbeitet.

5.1. Der Resilienzbegriff

Der Begriff der Resilienz erfährt in unterschiedlichen Wissenschaftsfeldern vielfältige Verwendung. Er stammt von dem lateinischen Wort „resilire“, was so viel wie „zurückspringen“ oder „-schnellen“ bedeutet (Raith et al. 2017: 30). Ausgehend von dieser Eigenschaft wurde er zunächst in den Ingenieurswissenschaften, später u. a. in der Psychologie oder der Ökonomie verwendet (vgl. Tanner et al 2017.: 7). Seine Verwendung in unterschiedlichen Kontexten hat ihn zu einem unscharfen Begriff werden lassen, welcher mit einer Vielzahl von Konzepten in Verbindung gebracht wird. Den Begriff gilt es im Folgenden aus Sicht der Nachhaltigkeitsdebatte zu klären, wo er sich ebenfalls etabliert hat. Tanner et al. sehen ihn als Narrativ für den Post-2015 Prozess (vgl. ebd.: 6); Raith et al. sprechen von einer „‘Diskursverschiebung‘ von der Nachhaltigkeit zur Resilienz“ (Raith et al. 2017: 29).
Die Unschärfe des Resilienzkonzeptes bedingt als kleinsten gemeinsamen Nenner aller Konzepte laut Raith et al. das „Bekenntnis zum Leben […] und damit zur Lebensfähigkeit eines Systems“ (Raith et al. 2017: 29, Hervorhebung im Original). Während diese Systeme beliebig sein können, seien es Individuen, Gesellschaften oder Ökosysteme, müssen sie ihre Lebensfähigkeit stets gegen äußere und innere Einwirkungen verteidigen. Hierbei gibt es unterschiedliche Ansichten, was die Lebensfähigkeit eines Systems ist. Diese kumulieren in der Unterscheidung zweier Resilienzbegriffe, wie es sowohl Raith et al. als auch Tanner et al. in ihrer Diskursanalyse zusammenfassen: dem funktionalen und dem dynamischen Resilienzbegriff bei Tanner et al. (vgl. Tanner et al. 2017: 7) bzw. dem „technologische[n]“ und ökologische[n]“ Begriff bei Raith et al. (vgl. Raith et al. 2017: 30), wobei beide ihren unterschiedlichen Bezeichnungen ähnliche Bedeutungen zuschreiben. Diese werden im Folgenden geklärt.

5.1.1. Funktionale Resilienz

Der funktionale oder technologische Resilienzbegriff lässt sich herleiten aus einem engen Resilienzverständnis, welches als „engineering resilience“ (Raith et al. 2017: 30) bekannt ist. Dieses stammt aus der Ingenieurswissenschaft und bezeichnet die Ausrichtung auf die Wiederherstellung des stabilen Ausgangs- oder Gleichgewichtszustandes des Systems:

„Technologische Resilienz lässt sich demnach grob definieren als ‚die Toleranz eines Systems gegenüber Störungen‘, die sich in seiner Fähigkeit zeigt, in einen Gelichgewichts- oder Ausgangszustand […] ‚zurückzuschnellen‘ […]. Andere Bezeichnungen für diesen Begriff sind ‚Robustheit‘, ‚Widerstandsfähigkeit‘ oder auch ‚Resistenz‘. Sinnbild dieses Begriffes von Resilienz ist vielleicht das ‚Stehaufmännchen‘ […].“ (ebd.: 31)

Nach Tanner et al. bedeutet Resilienz aus dieser Perspektive, dass wichtige Systemfunktionen, Strukturen oder Beziehungen trotz vorübergehender Einbrüche aufgrund von Schocks oder Belastungen bestehen bleiben und wieder aufgenommen werden (vgl. Tanner et al. 2017: 8). Dieses funktionale Verständnis ist von der dynamischen Resilienz zu unterscheiden.

5.1.2. Dynamische Resilienz

Die dynamische Resilienz ist inzwischen zum neuen Paradigma der Resilienzdebatte geworden, wie auch Raith et al. betonen:

„Die Uneinigkeit [im Diskurs um den Resilienzbegriff; d. Verf.] dreht sich dabei aber längst nicht mehr um seine abstrakte theoretische Ausdehnung […] als entweder ‚Wiederherstellung‘ eines Ausgangszustandes oder ‚Transformation‘ in einen neuen Zustand […]. Strittig ist vielmehr die Frage, worin diese ‚Transformation‘ besteht, ob sie also eher ein ‚weiter so‘ von ‚mehr desselben‘ bedeutet, oder aber einen ‚Pfadwechsel‘, also ein Abgehen vom eingeschlagenen Entwicklungspfad […].“ (Raith et al. 2017: 30; Hervorhebung im Original)

Ähnliches äußern Tanner et al. (vgl. Tanner et al. 2017: 8) und Fathi (vgl. Fathi 2019: 28). Der dynamische Resilienzbegriff erkennt nach Tanner et al. an, dass die Welt dominiert ist von Unsicherheit und Überraschungen, wodurch ihr auch Zusammenbruch und Störungen inhärent sind (vgl. Tanner et al. 2017: 8). Diese werden immer über das System hereinbrechen. Um lebensfähig zu sein, müssen Systeme daher durch Anpassung, Transformation und Evolution mit Systemkomplexität, Unsicherheit, Überraschung, Nichtlinearität umgehen können (vgl. ebd.). Während die funktionale Resilienz die Rückkehr in einen Ausgangs- oder Gleichgewichtszustand vorsieht, geht der dynamische Resilienzbegriff von einem „metstabilen“ Zustand aus, nämlich der Lebensfähigkeit des Systems. Dieser beinhaltet zusätzlich zum Widerstand gegen Störungen die Fähigkeit des Systems, sich zu verändern, um diesen Zustand aufrecht zu erhalten. Hierbei werden Störung, Zusammenbruch und Reorganisation als inhärente Merkmale des zyklischen Anpassungsprozesses des Systems verstanden, welche Veränderungen in dynamischen Systemen vorantreiben (vgl. ebd.).
Auf ein ähnliches Begriffsverständnis stößt man bei Raith et al. Ihrer Ansicht nach hat sich aus der ökologischen Perspektive ein evolutionäres Verständnis der Resilienz durchgesetzt. Resilienz ist dabei kein Zustand, sondern ein ständig fortlaufender Prozess der „Anpassungs-, Lern- und Selbsterneuerungsfähigkeit eines Systems unter Bedingungen unsicheren Wissens“ (Raith et al. 2017: 32; Hervorhebung im Original).

„Ziel ist also nicht die Rückkehr in einen Gleichgewichts- oder Ausgangszustand, sondern der Erhalt eines Systems in einem evolutionären Anpassungsprozess. Resilienz bezeichnet so gesehen also nicht bloß die Erholung von Schocks, sondern auch die Widerstandsfähigkeit gegen das Erleiden eines solchen Schocks; und nicht nur die Fähigkeit zum Erhalt, sondern auch zum Wandel von Strukturen und Funktionen, um zukünftige Schocks zu vermeiden.“ (ebd.)

Bringt man diese Definitionen auf einen gemeinsamen Nenner und setzt man das System mit der menschlichen Gesellschaft gleich, so muss diese angesichts bestehender Unsicherheiten und Störungen ihren metastabilen Zustand, nämlich die Aufrechterhaltung der Gesellschaft, durch ein dynamisches Resilienzkonzept sicherstellen. Dieses ist geprägt durch Anpassung, Transformation und Evolution mittels Anpassungs-, Lern- und Selbsterneuerungsfähigkeit, um auf Störungen reagieren und diese umgehen zu können.
Eine Umsetzung der gesellschaftlichen Resilienz kann auf mehreren Ebenen vorangetrieben werden, so z. B. auf der wirtschaftlichen oder technologischen Ebene (vgl. Fathi 2019: 238). Letztlich aber geht die Gestaltung einer resilienten Gesellschaft auf eine andere Ebene zurück, nämlich auf die politische Ebene. Einfach definiert, „bezeichnet [Politik; d. Verf.] jegliche Art der Einflussnahme und Gestaltung sowie die Durchsetzung von Forderungen und Zielen, sei es in privaten oder öffentlichen Bereichen.“ (bpb o. J.) Mittels der Politik kann somit eine gesellschaftliche Resilienz gestaltet und durchgesetzt werden. Analog zur politischen Gestaltung der Wirtschaft, nämlich der Wirtschaftspolitik oder des Gesundheitssektors, sprich der Gesundheitspolitik, kann man politische Maßnahmen zur Schaffung gesellschaftlicher Resilienz als Resilienzpolitik bezeichnen.

5.2. Resilienzpolitik und der Klimawandel

Die Verbindung zwischen Resilienzpolitik und Klimawandel konnte bereits angedeutet werden. Resilienzpolitik nach dem dynamischen Resilienzbegriff zeichnet sich aus als die Schaffung eines Anpassungs-, Transformations- und Evolutionsprozesses, welcher angewandt auf die Gesellschaft, diese erhalten soll. Wie Raith et al. betonen, soll dieser sie nicht nur gegen das Erleiden von Schocks widerstandsfähig machen, sondern auch helfen, durch Wandel von Strukturen und Funktionen zukünftige Schocks zu vermeiden.
In der Nachhaltigkeitsdebatte hat sich mittlerweile das Verständnis durchgesetzt, dass menschliche Gesellschaften als Systeme nicht als isoliert zu betrachten sind. Unter Berufung auf das Stockholm Resilience Centre, einer führenden Forschungseinrichtung auf dem Gebiet gesellschaftlicher Resilienz, sprechen Raith et al. von der „Resilienz sozio-ökologischer Systeme“ (Raith et al. 2017: 32). Die menschlichen Gesellschaften können nicht ohne resiliente Ökosysteme existieren. Beide Systeme werden in gleichem Maße durch einen potenziellen Schock bedroht, nämlich dem Klimawandel. Wie in dieser Arbeit gezeigt, kann dieser auch gesellschaftliche Systeme in ihrer Funktionsweise beeinflussen. Aus Sicht des dynamischen Resilienzbegriffes müssen sich die Gesellschaften daher so verändern, dass sie einerseits die Folgen des Klimawandels besser verkraften können, also Klimaanpassung betreiben und andererseits Klimaschutz betreiben, um den Schock geringer zu gestalten und die Gefahr zu umgehen. Resilienzpolitik muss daher auf diesen beiden Feldern agieren. Den Umgang mit verbleibenden Restzweifeln an dem Schock durch den Klimawandel, wie z. B. der Kettenreaktion der Kippelemente, gibt Arne Naess, norwegischer Philosoph und Autor des Klassikers zur Tiefenökologie, vor:
„Die wissenschaftliche Erforschung ökologischer Zusammenhänge führt uns das ganze Ausmaß unserer Unwissenheit vor Augen. Wenn Umweltexperten, die auf Probleme hinweisen, gleichzeitig ihren Mangel an fundiertem Wissen bekunden und weitere Forschungsanstrengungen verlangen, um die betreffenden Wissenslücken zu schließen, reagieren die Politiker stets gleich: Sie betonen, dass es unter diesen Umständen unmöglich ist, eine Entscheidung zu treffen, solange die dazu nötigen Informationen nicht vorliegen. Ist beispielsweise eine Entscheidung erforderlich, um die Gefahr des Waldsterbens abzuwenden, behaupten die politischen Entscheidungsträger, dass sie weitere Informationen über die Ursachen des Phänomens benötigen. Umweltbewusste Politiker und Bürger, die über den nötigen Sachverstand verfügen, sollten die Beweislast daher einfach umkehren und sich unter ausdrücklichem Verweis auf unser Nicht-Wissen für einen radikalen Umweltschutz einsetzen.“ (Naess 2013: 52)

Resilienzpolitik muss somit gerade unter dem Eindruck des „Nicht-Wissens“ bezüglich des Klimawandels präventiv gestaltet werden. Ob sie nun nach dem Bottom-up Prinzip gestaltet werden muss, wie es Raith et al. in ihrem Begriff der „regionalen Resilienz“ (Raith et al. 2017: 39) fordern (vgl. ebd.: 66), oder anhand anderer Ansätze, kann im weiteren Verlauf dieser Arbeit lediglich angedeutet werden. Wichtiger erscheint ohnehin die Dimension der Policy, also die des Inhaltes und der Ziele der Politik. Wenngleich Tanner et al. betonen, dass die Übersetzung der dynamischen Resilienz in politische Inhalte schwieriger ist, als die der funktionalen Resilienz, scheint im Resilienzdiskurs vor allem eine inhaltliche Frage, welche im vorangegangenen Unterkapitel angedeutet wurde, geklärt zu sein. Die Frage nach dem „weiter so“ oder dem „Pfadwechsel“. Ein „weiter so“ erscheint angesichts des drohenden, disruptiven Ausmaßes des Klimawandels nicht geboten, ein Pfadwechsel sehr wohl. Wie bereits Lenton et al. anmerken, müssen wir unseren Ansatz in Bezug auf den Klimawandel ändern. Raith et al. fassen dies zusammen, indem sie eine Abkehr von „expansiv-modernen Zielsetzungen der Entwicklung, des Fortschritts und der Globalisierung“ (ebd.: 55) fordern. Hierbei stimmen sie mit einer stetig wachsenden Fraktion innerhalb der Klimabewegung sowie der Forschung überein, welche eine Abkehr vom Wachstumsimperativ fordert.
Zusammengefasst muss Resilienzpolitik einen gesellschaftlichen Anpassungs-, Transformations- und Evolutionsprozess schaffen, welcher mittels Anpassungs- und Lernfähigkeit dazu beiträgt, die Gefahr des Klimawandels für den Erhalt der Gesellschaft sowohl durch Klimaanpassung als auch durch Klimaschutz zu reduzieren. Hierbei muss sie einen Pfadwechsel weg von expansiv-modernen Zielsetzungen der Entwicklung, des Fortschritts und der Globalisierung, hin zu weniger klimaschädlichen Zielsetzungen anstreben. Einen Impuls für diesen Pfadwechsel, der am Beginn der Politik steht, könnten die Erkenntnis des bevorstehenden Kollapses des globalen Klimasystems sowie die damit einhergehende Hoffnungslosigkeit liefern, welche auch Bendell umtreibt.

5.3. Bendells Impulse für die resilienzpolitische Perspektive

Es konnte aufgezeigt werden, was Resilienzpolitik im Sinne eines dynamischen Verständnisses des Resilienzbegriffes bedeuten kann. Wie auch andere Resilienzkonzepte besitzt dieses Konzept einige Unschärfe und muss weiter ausdefiniert werden, um eine ernsthafte und wirksame politische Agenda im Kampf gegen den Klimawandel darzustellen. Hierbei kann Jem Bendell mit seinen Thesen und seiner Deep Adaptation Agenda entgegen der Meinung seiner Kritiker*innen einen wichtigen Beitrag leisten.
Zunächst zeigt sich, dass ein Bewusstsein für die Notwendigkeit eines Pfadwechsels geschaffen werden muss. Hier kann Bendell einen ersten wichtigen Impuls geben. Seine Erkenntnis eines bevorstehenden, disruptiven und unkontrollierbaren Ausmaßes des Klimawandels mitsamt einem drohenden gesellschaftlichen Zusammenbruch, könnte ein Bewusstsein für eben diese Notwendigkeit schaffen. Wenngleich aufgezeigt werden konnte, dass der Weg zu seiner Erkenntnis auf einer fehlerhaften Argumentation beruht, lässt sich seine übergeordnete Erkenntnis zum Klimawandel mit aktuellen Forschungsergebnissen in Einklang bringen. Bis zu einem Kollaps des Klimasystems könnte nicht mehr viel fehlen, wenn die Herangehensweise an das Problem nicht schnell und konsequent geändert wird. Die Hoffnungslosigkeit, welche diese Erkenntnis hervorruft, beruht auf der Feststellung, dass es bei der aktuellen Lebensweise keine Hoffnung auf die Lösung des Problems gibt. Wie Bendell argumentiert, kann eben diese Hoffnungslosigkeit in der Erkenntnis gipfeln, dass ein anderer Pfad mehr Hoffnung bergen könnte, nämlich eine Transformation im Sinne der Resilienzpolitik. Der zentrale Vorwurf von Bendells Kritiker*innen, nämlich dass er Hoffnungslosigkeit hervorruft, kann somit der Startschuss für eine wirksame Resilienzpolitik sein. Ein Zitat von Leggewie und Welzer versinnbildlicht dies ansehnlich:

„Viele Lebensgeschichten […] handeln davon, wie ihre Protagonisten aus eigentlich negativen Umständen positive Schlüsse zogen – etwa wenn sie Vorteile in aufgezwungenen Veränderungen sehen oder Krisen als Chancen begreifen und verändern, was ohnehin nicht mehr sinnvoll war.“ (Leggewie/Welzer 2009: 197).

Die Resilienzpolitik als Chance gilt es genauer zu definieren. Es konnte gezeigt werden, dass sie auf Klimaanpassung und Klimaschutz beruhen muss, um den kommenden Schock für die Gesellschaft zu minimieren. Dies beinhaltet eine Abkehr von expansiv-modernen Zielsetzungen der Entwicklung, des Fortschritts und der Globalisierung. Über die Gestaltung einer solchen Politik sowie konkreter Inhalte und Maßnahmen, gilt es dabei im politischen Rahmen einen Konsens zu finden. In der Debatte hierzu, kann Bendells Deep Adaptation Agenda eine wertvolle Richtschnur bieten.
Die Agenda besteht aus den vier Begriffen: Resilienz, Verzicht, Wiederherstellung und Versöhnung. Letzteren hat Bendell nachträglich eingefügt. Ihn umreißt er lediglich und deutet seine Funktion für die Agenda allenfalls an. Aufgrund der hiermit verbundenen Unklarheit des Begriffes wird dieser im weiteren Verlauf nicht beachtet. Mit Blick auf die Resilienzpolitik wird auf Resilienz, Verzicht und Wiederherstellung eingegangen.
Der erste Teil der Agenda ist der Begriff Resilienz. Um zu verstehen, was Bendell mit dem Begriff meint, muss man sein Verständnis von Gesellschaft beleuchten. Diese und ihren Zusammenhalt definiert er über geteilte Verhaltensnormen und Werte (vgl. Bendell 2018: 13). Resilienz gibt laut Bendell als Leitfrage vor: „Wie behalten wir, was wir wirklich behalten wollen?“ Einerseits muss daher diskutiert werden, welche Normen und Verhaltensweisen im Zuge der Transformation zu einer resilienten Gesellschaft weitergetragen werden sollen. Dies ergibt sich zum Teil aus der Diskussion der Punkte Verzicht und Wiederherstellung. Andererseits müssen diese Normen und Verhaltensweisen durch die Widerstandsfähigkeit der Gesellschaft aufrechterhalten werden. Die Art dieser Widerstandsfähigkeit kann ebenfalls durch die Diskussion der weiteren Punkte bestimmt werden.
Unter dem Banner der Deep Adaptation Agenda soll weiterhin diskutiert werden, worauf die Gesellschaft verzichten kann. „Verzicht stellt uns die Frage: ‚Was müssen wir loslassen, um die Situation nicht zu verschlimmern?‘“ Als Beispiele nennt Bendell Vermögenswerte, Verhaltensweisen und Überzeugungen. Hier wird somit auch entschieden, welche Normen und Verhaltensweisen fortgeführt werden sollen. Die Bindung an einige Vermögenswerte, Verhaltensweisen und Überzeugungen kann die Klimakrise verschlimmern und die Gesellschaft anfälliger für Störungen machen. Ganz klar sind hier Konsumerwartungen und die auf fossilen Energieträgern basierende Wirtschaftsweise zu nennen, aber auch der Wachstumsimperativ. Viele Schnittstellen zur Resilienzdebatte sind denkbar.
Was die Gesellschaft zurückbringen kann, um mit der Klimakrise besser umgehen zu können, soll anhand der Diskussion des Begriffes Wiederherstellung geklärt werden. Die Leitfrage laut Bendell ist hier: „Was können wir wieder zurückbringen, damit wir mit den kommenden Schwierigkeiten und Tragödien fertig werden?“ Als Beispiele führt er Renaturierung und eine höhere Produktivität und Unterstützung auf kommunaler Ebene an. Die Gesellschaft soll frühere Einstellungen und Ansätze zum Leben und Organisieren wiederentdecken. Diese gehen interessanterweise mit Reduktionsstrategien von Treibhausgasemissionen, wie Wiederaufforstung oder Renaturierung von Moorlandschaften als Kohlenstoffsenke einher. Auch die Rückbesinnung auf die kommunale Ebene als Ort der Produktivität und als politische Dimension lässt zahlreiche Überschneidungen zum Resilienzkonzept entstehen, so z. B. zum Konzept der regionalen Resilienz von Raith et al. (vgl. Raith et al. 2017: 166).
Von diesen Diskussionspunkten aus kann in viele Richtungen gedacht und argumentiert werden. Wichtiger als sie mit konkreten Maßnahmen zu füllen, ist es in dieser Arbeit jedoch den Wert der Deep Adaptation Agenda für die Resilienzpolitk als Richtungsgeber herauszustellen. Die Resilienzpolitik ist ein unscharfes Konzept, welches es weiter auszuarbeiten gilt, damit es wirksam wird. Dies muss im politischen Rahmen geschehen. Hier kann die Deep Adaptation Agenda der Debatte Struktur und Richtung geben, indem sich die Debatte um die Gestaltung der Resilienzpolitik an den Leitfragen der Agenda orientiert. Gleichzeitig deutet Bendell an, in welchem Rahmen diese Debatte stattfinden soll, nämlich in einem öffentlichen und politischen Rahmen. Auch hier deuten sich Schnittstellen zum Konzept der regionalen Resilienz an, welches auf einen Dialog aller beteiligten Akteur*innen der Gesellschaft setzt, innerhalb dessen regionalspezifische Resilienzkonzepte entworfen werden können (vgl. ebd.: 171). Gleichzeitig ist eine Anwendung der Agenda auf allen politischen Ebenen denkbar. Sie ist sogar auf der individuellen Ebene vorstellbar.
Es bleibt festzuhalten, dass Jem Bendells Thesen Anstoßstein für eine notwendige Debatte über gesellschaftliche Resilienz und deren Gestaltung im Sinne eines Pfadwechsels sein können. Eine solche Resilienzpolitik kann in einem Dialog aller beteiligten Akteur*innen unter Orientierung an den Leitfragen von Bendells Deep Adaptation Agenda entworfen werden.

6. Fazit und Schlussbemerkungen

Im Mittelpunkt dieser Arbeit steht Jem Bendells Text „Deep Adaptation“. Ausgehend von der Fragestellung „Wie sind Jem Bendells Thesen zum Klimawandel und zum gesellschaftlichen Zusammenbruch sowie seine Deep Adaptation Agenda aus klimawissenschaftlicher und resilienzpolitischer Perspektive zu bewerten und welche Impulse können sie letzterer geben?“ wurden in dieser Arbeit drei inhaltliche Stränge verfolgt, welche diskurs-analytisch bearbeitet wurden: die Klimadebatte, der Diskurs um Bendells These sowie die Resilienzdebatte und mit ihr die Resilienzpolitik.
In dieser Arbeit konnte ein Überblick über den aktuellen Forschungsstand zum Klimawandel gegeben werden. Anhand neuer Studien und Erkenntnisse konnte zudem gezeigt werden, dass aktuell eine Diskursverschiebung in der Klimadebatte einsetzt. Wird im öffentlichen und politischen Diskurs zumeist diskutiert, ob zur Vermeidung des Einsetzens der Kippelemente des globalen Klimasystems die Erwärmung der Erdatmosphäre auf durchschnittlich 1,5°C oder 2°C begrenzt werden muss, so sieht dies in der Forschung anders aus. Wird dort zumeist noch davon ausgegangen, dass diese unbedingt auf 1,5°C begrenzt werden muss, um nicht nur das Kippen einzelner Elemente, sondern eine nicht auszuschließende Kettenreaktion eben dieser zu vermeiden, lassen jüngste Erkenntnisse sowie Aussagen von Klimaforscher*innen durchblicken, dass die Wissenschaft die Gefahr einer solchen Kettenreaktion lange unterschätzt hat. Inzwischen steht vielmehr infrage, ob das irreversible Überschreiten des Kippelements des Grönländischen Eisschildes sowie das mögliche Überschreiten des Westantarktischen Eisschildes bei einer bisherigen Erwärmung von etwa 1°C nicht bereits ausgereicht hat, um eine solche Kettenreaktion und damit einen unkontrollierbaren da selbstverstärkenden weiteren Fortschritt des Klimawandels einzuleiten. Die Folgen für die menschliche Gesellschaft bei einer solchen immer weiter voranschreitenden Erwärmung konnten in dieser Arbeit ebenfalls dargestellt werden. Negative Auswirkungen auf die menschliche Gesellschaft verstärken sich mit jeder weiteren Erwärmung und können diese in ihren Grundfunktionen, z. B. der Nahrungsmittelversorgung, erheblich beeinträchtigen.
Im weiteren Verlauf dieser Arbeit wurden als zweiter Strang Jem Bendells Thesen zum Klimawandel und sein Entwurf einer Deep Adaptation Agenda dargestellt. Er geht anhand seiner Analyse zum Fortschritt des Klimawandels davon aus, dass dieser zu einem selbstverstärkenden, nicht mehr kontrollierbaren Prozess geworden ist. Als Folge dieses Prozesses sieht er ein unkontrolliertes Überschreiten methanbezogener Kippelemente und damit eine schnell steigende Erwärmung der Erde auf die Menschheit zukommen. Dies wird seiner Ansicht nach, u. a. aufgrund negativer Auswirkungen auf die Nahrungsmittelproduktion, den Zusammenbruch der menschlichen Zivilisation in einem absehbaren Zeithorizont nach sich ziehen. Anhand seiner Vermutung entwirft Bendell die Deep Adaptation Agenda, um eine Grundlage für die seiner Meinung nach notwendige Diskussion über die zu ziehenden Konsequenzen eines bevorstehenden gesellschaftlichen Zusammenbruchs zu schaffen. Weiterhin konnte diese Arbeit anhand der eingangs geschaffenen Informationsgrundlage zum Klimawandel sowie mittels Kritiken an Bendells Thesen, eben diese bewerten.
Wenngleich gezeigt werden konnte, dass Bendells Argumente größtenteils mit den Ergebnissen der Klimaforschung übereinstimmen, muss seinem Argument einer Freisetzung von Methan vom arktischen Meeresboden widersprochen werden. Auch seine Beobachtung nicht-linearer Veränderungen im Klimasystem scheint fraglich. Dennoch muss diese Arbeit seiner Feststellung beipflichten, dass es bereits zu spät sein könnte einen Kollaps des globalen Klimasystems abzuwenden. Hierbei beruft sie sich nicht auf Bendells Argumente, sondern auf die Feststellung, dass eine bereits einsetzende Kettenreaktion der Kippelemente nicht ausgeschlossen werden kann. Zudem scheint eine Begrenzung der weltweiten Erwärmung auf 1,5°C, als letzte Chance dies zu vermeiden, anhand von Restbudgets und ausbleibenden Klimaschutzbemühungen, inklusive einer notwendigen gesellschaftlichen Transformation, unwahrscheinlich. Diese Meinung konnte durch einem Blick auf Kritiken an Bendells Arbeit gefestigt werden. Seine Argumentation kann an zwei Stellen in Frage gestellt werden, aber seine übergeordnete Feststellung erscheint nicht ausgeschlossen, wenn nicht sogar wahrscheinlich. Seine Schlussfolgerung eines absehbaren gesellschaftlichen Zusammenbruchs scheint zwar spekulativ zu sein, dennoch finden sich auch hier Quellen, welche dies bejahen. Auch diese These kann nicht bewiesen werden, sie ist aber nicht unwahrscheinlich.
Auf Basis dieser Analyse kann behauptet werden, dass Bendell im Diskurs um die Klimadebatte mehr Raum einnehmen müsste, wenngleich der Weg zu seinen Erkenntnissen zum Klimawandel und dem gesellschaftlichen Zusammenbruch mit einigen argumentativen Unebenheiten versehen ist. Als dritter Strang wurde im Folgenden die Resilienzdebatte und mit ihr der Begriff Resilienzpolitik beleuchtet.
Eine Aufarbeitung des Diskurses aus dieser Perspektive konnte aufzeigen, dass sich in der Resilienzdebatte ein dynamisches Begriffsverständnis durchgesetzt hat. Dieses bedeutet in Anwendung auf die Gesellschaft, dass diese mittels eines durchgehenden Anpassungs-, Transformations- und Evolutionsprozesses als System lebensfähig gegenüber äußeren Einwirkungen wie dem Klimawandel gehalten werden muss. Hierbei zeigt, gerade unter Eindruck des „Nicht-Wissens“, die Notwendigkeit eines Pfadwechsels weg von expansiv-modernen Zielsetzungen der Entwicklung, des Fortschritts und der Globalisierung, wozu auch Klimaschutz und Klimaanpassung gehören. Die Gestaltung eines solchen Prozesses hin zu einer resilienten Gesellschaft entfällt auf die politische Ebene, daher wird von einer Resilienzpolitik gesprochen. Diese stellt ein unscharfes Konzept dar, welches inhaltlich klarer ausgestaltet werden muss. Hier konnte gezeigt werden, dass Jem Bendell mit seinen Thesen und seiner Deep Adaptation Agenda einen wertvollen Beitrag zur Gestaltung der Resilienzpolitik liefern kann. Zum einen kann die Einsicht, dass die jetzigen Lebensweisen in die Klimakatastrophe münden Hoffnungslosigkeit verursachen und so die Menschen dazu bewegen, einen hoffnungsvolleren Pfad einzuschlagen, nämlich den der gesellschaftlichen Resilienz. Zum anderen kann die Deep Adaptation Agenda der öffentlichen und poltischen Diskussion um eine inhaltliche Ausgestaltung der Resilienzpolitik wichtige Impulse geben. Sie kann der Debatte hierüber eine Struktur geben, indem sie aufzeigt, welche Bereiche zu diskutieren sind und welche Fragen zu diesen gestellt werden müssen.
Anhand dieser drei Stränge konnte die Fragestellung dieser Arbeit beantwortet werden. Bendells Thesen zum Klimawandel und zum gesellschaftlichen Zusammenbruch konnten aus klima- und gesellschaftswissenschaftlicher Perspektive bewertet werden. Zudem konnte der Wert seiner Deep Adaptation Agenda für die Resilienzpolitik aufgezeigt werden. Auf diese Weise kann Jem Bendell mit seinen Kritiker*innen versöhnt werden, welche ihm vorwerfen, mit seinen Text und der hierdurch hervorgerufenen Hoffnungslosigkeit einer effektiven Resilienzpolitik und damit auch dem Klimaschutz sowie der Klimaanpassung im Wege zu stehen. Bendell kann gegenteilig helfen, diesem unscharfen Konzept Form und Inhalt zu geben und sollte daher im Diskurs mehr Beachtung erfahren.
Aus der Vorgehensweise bei der Beantwortung der Fragestellung ergibt sich eine Reihe von Anknüpfungspunkten und weiterem Forschungsbedarf. Es bleibt vor allem abzuwarten, welche weiteren Ergebnisse die Klimawissenschaft zum Klimawandel hervorbringt. In den weiteren Nachhaltigkeitsbemühungen kann die Resilienzpolitik ein wichtiges Konzept darstellen. Hier gilt es, für die Debatte ein festes Konzept und eine einheitliche Definition zu erarbeiten. Zudem sollte erforscht werden, wie ein Pfadwechsel weg vom Wachstumsgedanken aussehen könnte. Die Postwachstumsdebatte kann hier eine Perspektive darstellen. Auch kleinteiligere Fragestellungen im Hinblick auf eine resiliente Gesellschaft sind denkbar, z. B. zur Verteilung von Nahrungsmitteln im Sinne gesellschaftlicher Stabilität.
Die Erkenntnisse dieser Arbeit veranlassen zu einer wichtigen Schlussbemerkung. Angesichts neuer Erkenntnisse zum Klimawandel und zum Nicht-Wissen über eben diesen sollte dringend die Herangehensweise an dieses Problem überdacht werden.

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1 – Kippelemente im Klimasystem nach Lenton et al. (ebd. 2019: 595) 10

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