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Raphaela Kell: Kopfschütteln über einen faktenresistenten Landwirtschaftsminister

Manche Aussagen machen einen schlicht fassungslos und lassen einen beinahe mit der Stirn auf die Tischplatte schlagen. Die jüngste Bemerkung des Bundeslandwirtschaftsministers Alois Rainer (CSU), der den Zusammenhang zwischen Fleischkonsum und Klimawandel in Zweifel zieht, gehört zweifellos dazu. Sie ist faktisch unhaltbar, wissenschaftlich längst widerlegt und politisch ein fatales Signal: eine Rolle rückwärts im Umwelt- und Klimaschutz, der unter der neuen Regierung ohnehin wieder ins Straucheln geraten ist und offenbar als lästige Nebensache behandelt wird.

Dass gerade ein Metzgermeister im Ministeramt für Landwirtschaft sitzt, der offenkundig Partikularinteressen seiner Zunft über das Allgemeinwohl stellt, ist ohnehin ein Skandal. Denn während die Klimakrise eskaliert, während Moore austrocknen, Methan aus Rindermägen in die Atmosphäre steigt und Regenwälder für Sojafuttermittel brennen, erklärt der Minister ernsthaft, Fleischkonsum habe mit dem Klimawandel nichts zu tun. Wer fühlt sich da nicht an Donald Trump erinnert, der den Klimawandel als „Erfindung“ abtut? Das Ergebnis ist dasselbe: Ignoranz gegenüber wissenschaftlichen, längst belegten Fakten. Oder verstehen beide tatsächlich nicht die für sie vielleicht zu komplexen Zusammenhänge?

Die Fakten liegen auf dem Tisch – warum ignoriert sie die Politik?

Das Umweltbundesamt, das Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung, die Deutsche Gesellschaft für Ernährung – alle weisen seit Jahren auf dieselben Zusammenhänge hin: Fleischkonsum trägt massiv zur Erderhitzung bei. Die Tierhaltung verursacht klimaschädliches Methan und Lachgas, belastet Böden und Gewässer, frisst enorme Flächen und ist mitverantwortlich für Entwaldung und Artensterben. Mit einem Fleischkonsum, der in Deutschland dreimal so hoch ist wie empfohlen, sind die Pariser Klimaziele schlicht nicht erreichbar.

Unser Verein Regionale Resilienz Aachen hat bereits vor Jahren in der Broschüre „Mein Teller entscheidet“ die Kernpunkte herausgearbeitet:

Die Vorteile einer pflanzlichen Ernährungsweise liegen klar auf der Hand. Umso unverständlicher ist es, wenn ausgerechnet ein Bundesminister für Landwirtschaft diesen Zusammenhang rhetorisch über Bord wirft. Glaubt er tatsächlich, die Bürger:innen seien so naiv, dass sie sich durch politische Beschwichtigung und durch das Verdrehen von Fakten täuschen lassen? Wer so argumentiert, verspielt nicht nur Glaubwürdigkeit, sondern betreibt aktive Sabotage am Klima- und Umweltschutz.

Die eigentliche Frage lautet daher: Kann ein Landwirtschaftsminister, der die grundlegenden wissenschaftlichen Fakten auf so inkompetente Weise ignoriert, überhaupt noch im Amt bleiben?

Die Realität ist eindeutig: Die Klimaerwärmung verschärft sich rasant, Regenwälder werden in beispiellosem Tempo für Viehhaltung und Futtermittelanbau zerstört, Böden und Gewässer überdüngt und Millionen von Tieren leiden Tag für Tag in industrialisierter Massentierhaltung und in den Schlachthöfen. Angesichts dieser Fakten müssen wir als Gesellschaft endlich Verantwortung übernehmen – und die Politik muss Rahmenbedingungen schaffen, die eine Transformation der Landwirtschaft nicht nur ermöglichen, sondern aktiv fördern. Die Politik kann jetzt dazu betragen, dass anstelle einer nicht mehr zukunftsfähigen Viehwirtschaft, neue Betriebsfelder und Einkommensquellen im Zuge zirkulärer und nachhaltiger Wertschöpfungsketten entstehen und damit auch neue Perspektiven für die landwirtschaftlichen Betriebe eröffnen. Wer aber so tut, als habe der Fleischkonsum und die dafür notwendige Viehwirtschaft mit der Klimakrise nichts zu tun, verrät nicht nur seine Aufgabe als Landwirtschaftsminister, sondern auch die Zukunft der Landwirt:innen selbst, die in einer überhitzten Welt immer stärker um das Überleben ihrer Betriebe werden kämpfen müssen.

Für uns als Verein Regionale Resilienz Aachen ist klar: Wer das Offensichtliche leugnet, stellt sich nicht an die Seite der Menschen, die Schutz vor Klimakatastrophen brauchen, sondern an die Seite einer Industrie, die längst als Haupttreiber globaler Krisen entlarvt ist – und trägt damit Mitverantwortung für das Leid kommender Generationen.

Klimwandel, Landwirtschaft, Landwirtschaftsminister Alois Rainer und Klima, Viehwartschaft