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Lennard Lotte: Klimawandel. 10 Milliarden Menschen. Lebensmittelverschwendung. Wird die Welt sich noch ernähren können?

als Hausarbeit von Lennard Lötte am Institut für Politische Wissenschaft der RWTH Aachen im März 2021

1. Einleitung

Die Vereinten Nationen haben sich mit der Kampagne „Zero Hunger“ zum Ziel gesetzt, bis 2030 den Hunger auf der Welt zu beenden.
Passend dazu titelte 2019 der Spiegel:
Kampf gegen Hunger
Satte zehn Milliarden
Die Weltgemeinschaft steht vor einer gewaltigen Aufgabe: „Bis 2050 muss sie fast doppelt so viel Nahrung produzieren wie heute – ohne zusätzliche Ressourcen. Drei Forscher erklären, wie das gelingen könnte.“ (Spiegel)
Diese Überschrift eines Spiegelartikels zeigt recht deutlich, mit welch großer Herausforderung die Landwirtschaft konfrontiert wird. Als wäre die benötigte Ertragssteigerung ohne zusätzliche Ressourcen noch nicht Herausforderung genug, bedrohen noch weitere Herausforderungen wie z.B. der Klimawandel und Flächenverluste den Landwirtschaftssektor. Mit Blick auf die steigende Weltbevölkerung und die zahlreichen Herausforderungen für die Landwirtschaft stellt sich die Frage, ob wir die Gesamtbevölkerung in Zukunft überhaupt noch ernähren können. Aus diesem Grund möchte ich mich in der folgenden Hausarbeit mit der Frage beschäftigen:
2050 ohne Hunger- Welchen Beitrag kann die Landwirtschaft dazu leisten?
Zu Beginn der Hausarbeit beschäftige ich mich mit der aktuellen Ernährungssituation. Hier werde ich darlegen, wie viele Menschen aktuell unter Hunger leiden und wie sich diese Zahl bis 2050 vermutlich weiterentwickelt wird. Außerdem gehe ich auf die zur Verfügung stehende Lebensmittelmenge und die Gründe für einen steigenden Bedarf an Lebensmitteln ein.
In dem nächsten Kapitel werde ich auf Faktoren eingehen, welche die Ertragsfähigkeit der Landwirtschaft bedrohen. Dazu werde ich darlegen, wie der Klimawandel durch Extremwetterereignisse, Wasserknappheit und andere Ereignisse Einfluss auf die Ertragssicherheit nimmt.
Anschließend widme ich mich den Lösungsansätzen. Dazu werde ich zunächst die Methoden der konventionellen Landwirtschaft beschreiben. Im Anschluss wird kurz die ökologische Landwirtschaft und deren Methoden zur Verbesserung der Ernährungssituation beschreiben.

2. Ernährungssituation

Die Ernährungssituation auf der Welt ist so schwierig wie nie zuvor. Der Welthungerindexschweregrad liegt laut dem Welthungerindex 2019 bei einem Wert von 20,0 und damit auf der Schwelle zwischen mäßig und ernst. In Zahlen ausgedrückt bedeutet das, dass aktuell fast 822 Millionen Menschen unter Hunger und Unterernährung leiden. Aufgrund der Unterernährung kommt es bei fast 150 Millionen Kindern zu Wachstumsverzögerungen und bei ca. 2 Milliarden Menschen mangelt es an einem oder mehreren Mikronährstoffen. Seit 2000 sank der Welthungerindexschweregrad insgesamt um 9 Punkte, wobei es trotz des sinkenden Welthungerindexschweregrad innerhalb dieses Zeitraumes zu einem Anstieg der Hungernden kam. Die Zahl der Hungernden steigt seit 2015 wieder. Lag sie 2015 noch bei 785 Millionen so ist sie mittlerweile wieder auf ungefähr 822 Millionen angestiegen (Welthungerindex 2019: Kap. II). Außerdem warnen Organisationen wie Unicef davor, dass durch die Coronapandemie die Zahl der Hungernden weiter ansteigen könnte.
Aber bereits vor der Coronapandemie warnten Experten 2019 im Welthungerindex davor, dass falls die Hungerbekämpfung in dem derzeitigem Tempo fortgeführt würde, 2030 noch etwa 45 Länder nicht einmal die Schwelle niedriger Hunger erreichen würden (Welthungerindex 2019: 14).
Umso überraschender ist es, dass es aktuell sogar schon möglich wäre, das Ziel „Zero Hunger“ zu erreichen. Das dies nicht gelingt liegt laut der Food and Agriculture Organization of the United Nations vor allem an der Lebensmittelverschwendung. „Schätzungsweise ein Drittel der für den menschlichen Verzehr produzierten Lebensmittel – das entspricht 1,3 Milliarden Tonnen / Jahr oder einem Viertel der Kalorien, die den Menschen ernähren sollen, werden zu Lebensmittelverlust und Abfall.“ (Food and Agriculture Organization of the United Nations 2018) Weiterhin fällt in dem Bericht auf, dass die Lebensmittelverschwendung pro Kopf in den wohlhabenderen Regionen der Welt deutlich höher ausfällt als in den ärmeren Regionen. Außerdem fällt auf, dass in Regionen wie Nordamerika oder Europa ein Großteil der Lebensmittel bei den Verbrauchern und in dem Vertrieb verloren geht. Anders sieht es in den ärmeren Regionen der Welt aus. In diesen Ländern gehen die meisten Lebensmittel in der Produktion, Verarbeitung und Lagerung verloren (Food and Agriculture Organization of the United Nations 2018).
Aufgrund des immer weiter zunehmenden Wohlstandes in den Entwicklungsländern ist damit zu rechnen, dass auch die Lebensmittelverschwendung zunehmen wird. Außerdem wird die Weltbevölkerung im Jahr 2050 voraussichtlich die Marke von zehn Milliarden Menschen erreichen und so im Vergleich zu heute noch über zwei Milliarden Menschen mehr ernährt werden müssen. Die FAO geht deshalb in ihrem Food loss and waste and the right to adequate food Bericht davon aus, dass die Nahrungsmittelnachfrage bis 2050 um bis zu 60 Prozent zunehmen wird (Food and Agriculture Organization of the United Nations 2018).

3. Bedrohungen für die Landwirtschaft

Wie bereits in der Einleitung deutlich geworden ist, wird die Landwirtschaft in Zukunft eine immer größere Rolle in der Welternährung einnehmen müssen. Zugleich wird die Landwirtschaft selbst aber mit vielen Problemen und Herausforderungen konfrontiert werden, die ihre Erträge und ihren Beitrag zu der Welthungerbekämpfung gefährden könnte.
Der Klimawandel ist eine der große Herausforderungen unserer Zeit und eng mit der Landwirtschaft verbunden. Dazu schreibt Mercedes Goedecke in ihrer Analyse:
„Die Landwirtschaft stellt einen Wirtschaftszweig dar, der im Besonderen von der Wetter und Klimaentwicklung abhängig ist. Als Gewerbe unter freiem Himmel ist er den zunehmenden Witterungsextremen, wie Dürre und Starkregen, in vollem Umfang ausgesetzt, wodurch sich veränderte Erntequalitäten und -erträge ergeben können. Die Klimaberichte der Vereinten Nationen haben kürzlich einmal mehr verdeutlicht, dass die Landwirtschaft ein Hauptbetroffener der klimatischen Veränderungen sein wird.“ (Goedecke 2008: 13)
Dieses Zitat verdeutlicht, welch großen Einfluss der Klimawandel auf die Landwirtschaft und die Welternährung hat. Es zeigt aber auch, dass der Klimawandel nicht ein einzelnes Problem für sich, sondern eine Vielzahl von sich teilweise beeinflussenden Problemen ist. Wie bereits im Zitat erwähnt, können in Zukunft aufgrund von Wasserknappheit vermehrt Ernteausfälle auftreten (vgl. Grimm et al 2008: 31). Aber auch Extremwetterbedingungen werden aufgrund des Klimawandels wahrscheinlich zunehmen. Dazu schreibt das Umweltbundesamt in seinem Abschlussbericht: „Es ist sehr wahrscheinlich, dass Hitzewellen häufiger auftreten und länger andauern werden und, dass extreme Niederschlagsereignisse in vielen Regionen an Intensität und Häufigkeit zunehmen.“ (Umweltbundesamt 2020:39) Auch im Welthungerindex steht: „Seit Anfang der 1990er- Jahre hat sich die Zahl der extremwetterbedingten Katastrophen verdoppelt, was sich auf die Ernteerträge bei den wichtigsten Nutzpflanzen auswirkt.“ (Food and Agriculture Organization of the United Nations 2018) Passend dazu schreibt Eitzinger: „Jede Änderung im Klima wird wichtige Auswirkung auf das Produktionspotential und das Produktionsrisiko haben, je nach Verwundbarkeit oder Sensitivität des Rezeptors.“ (Eitzinger et al. 2009) Diese beiden Zitate zeigen einmal mehr, wie gefährdet das Ziel eine Welt ohne Hunger ist. Eine weitere Konsequenz der Extremwetterereignisse ist, dass der natürliche Prozess der Erosion, bei dem Oberboden abgetragen wird, beschleunigt wird. Durch extreme Niederschläge und Starkwind wird der Oberboden schneller abgetragen als er nachgebildet werden kann. Langfristig werden Flächen so für die Landwirtschaft unbrauchbar. Außerdem ist auch die mit dem Klimawandel verbundene Temperatursteigerung problematisch. Dazu schreibt Rupa Mukerji im Welthungerindex: „Das von der Hälfte der Weltbevölkerung konsumierte Grundnahrungsmittel Reis reagiert jedoch auf geringfügige Veränderungen von Temperatur und Salzgehalt des Wassers sehr empfindlich, was die Erträge in wichtigen Anbauregionen wie im Mekong-Delta extrem anfällig für Klimafolgen macht.“ (Welthungerindex 2019: 28) Auch hier wird wieder deutlich, wie viel Einfluss der Klimawandel, auf das Ziel eine Welt ohne Hunger, nimmt.
Der Klimawandel beeinflusst die Landwirtschaft nicht nur durch extremer werdendes Wetter, sondern auch durch den damit einhergehenden steigenden Meeresspiegel. Laut Mukerji ist dadurch die Ernährungssicherheit von kleinen Inseln, Flussdeltas und tief gelegene Küstengebieten gefährdet (Welthungerindex 2019: 27). Besonders der Verlust von Küstengebieten und Flussdelta, die für die Landwirtschaft bedeutsame Räume sind, wird zu einer großen Herausforderung (world ocean review 2010: 56).
Die Landwirtschaft leidet jedoch nicht nur unter den direkten Folgen des Klimawandels, sondern auch unter den daraus resultierenden Konsequenzen. Aufgrund des Klimawandels nimmt die weltweite Artenvielfalt immer weiter ab und es sterben jährlich schätzungsweise über 27000 Tier- und Pflanzenarten aus. (…) „Der Klimawandel gefährdet indes den Fortbestand von Wildarten des primären, sekundären und tertiären Genpools unserer Kulturarten.“ (Wehling et. al 2017: 49) Denn stirbt die Pflanze, so verschwindet auch das genetische Potential. Genau diese spielt für die Anpassung landwirtschaftlicher Kulturpflanzen an die Herausforderungen des Klimawandels aber eine entscheidende Rolle (Wehling et. al 2017: 47ff). Dass diese Genpools an Relevanz gewinnen können, zeigen Daten aus dem SOLAW Background Thematic Report. Die Zuwachsraten der Ernteerträge sind in den letzten Jahren gesunken und werden laut Prognose auch noch weiter sinken (Nachtergaele et. Al).
Neben dem Klimawandel nimmt der Mensch auch direkt Einfluss auf den Zustand der Böden. Weltweit sind mittlerweile 62 Millionen Hektar versalzen, weil salzhaltiges Wasser für die Bewässerung genutzt wurde (Bayer AG Communications and Public Affairs). Aber auch „Fruchtfolgen mit wenigen gleichartigen Kulturen, chemisch-synthetischer Stickstoff, Insektizide und Herbizide schädigen die biologische Vielfalt im Acker und damit die Stabilität des Bodens“ (Bommert und Linz 2018: 13). Zusammen mit der Erosion kommt es laut Ihnen so jedes Jahr zu einem Verlust von ca. 10 Millionen Hektar Boden (Bommert und Linz 2018: 13).
Dies ist nur ein Ausschnitt der gesamten Probleme. Die Vielzahl an Problemen zeigt, wie groß die Herausforderung ist und gleichzeitig, wie wichtig es für die Bekämpfung des Welthungers ist, dass Lösungen gefunden werden.

4. Lösungsansätze

Bereits im ersten Kapitel wurde herausgestellt, dass mit einem Zuwachs der Nahrungsmittelnachfrage um bis zu 60 Prozent zu rechnen ist. Zusammen mit den Bedrohungen für die Landwirtschaft wird ein Handeln des Agrarsektors nötig sein, damit das Ziel eine Welt ohne Hunger überhaupt erreicht werden kann. Im Zentrum dieser Diskussion stehen zwei Systeme. Einmal die industriell also intensive sowie die ökologische Landwirtschaft. Doch welche Lösungsansätze bieten die beiden landwirtschaftlichen Systeme und kann durch sie auch die steigende Weltbevölkerung nachhaltig mit Nahrung versorgen (Bommert und Linz 2018)?
Die Vertreter des intensiven Landbaues sehen die Zukunft in der Intensivierung von Forschung, Innovation und Pflanzenschutz (Bayer AG Communications and Public Affairs). Vertreter des ökologischen Landbaus dagegen erachten das Fortbestehen des intensiven Landbaus als äußerst problematisch und fordern einen Richtungswechsel wie die Aussage: „Wir werden uns ökologisch Ernähren oder gar nicht mehr“ von zu Löwenstein zeigt (zu Löwenstein 2011).

4.1 Industrielle intensive Landwirtschaft

Die intensive Landwirtschaft steht für die gegenwärtig dominierende Art der Landwirtschaft (Bommert und Linz 2018). Die Proteste gegen das Glyphosatverbot in den vergangenen Jahren haben gezeigt, dass viele Landwirte, Agrarunternehmen sowie Bauernverbände zu dessen Vertretern gehören. Doch wie soll die intensive Landwirtschaft die zukünftigen Probleme überwinden? Dazu schreibt Qaim:
„Die landwirtschaftlichen Erträge können auch zukünftig deutlich gesteigert werden, allerdings erfordert dies höhere Aufwendungen für die Agrarforschung, und zwar vor allem in geeigneter Kombination von moderner Züchtung und standörtlich angepasster agronomischer Innovation. Die Züchtungsforschung wird vermutlich weiter an Bedeutung gewinnen, weil genetisches Wissen einen wichtigen Beitrag dazu leisten kann, widerstandsfähige Pflanzen zu entwickeln, die hohe Erträge bei geringerem Ressourcenverbrauch liefern.“ (Qaim 2011: 323)
In dem Zitat wird deutlich, dass die intensive Landwirtschaft große Hoffnung in das Potential der Gentechnik steckt. Weltweit werden mittlerweile schon auf zehn Prozent der Ackerflächen genveränderte Pflanzen angebaut. In der EU hingegen muss noch über die nötige Zulassung entschieden werden (Kellermann 2020: Kapitel 4). Aber wie genau soll die Gentechnik zu höheren Erträgen bei geringerem Einsatz führen? Kellermann schreibt dazu:
„Mit dem Fortschritt der Technik entstanden auch neue Methoden der Pflanzenzucht. Durch die gezielte Veränderung des Genoms eines Organismus ist es nun mit gentechnischer Hilfe möglich, auch über die Artgrenze hinaus neue Eigenschaften auf Kulturpflanzen zu übertragen. So können einzelne Gene, welche aus jeder beliebigen Quelle stammen können, in das Pflanzengenom integriert werden“ (Kellermann 2020: 75)
Durch die Gentechnik bekommen Züchter die Möglichkeit, gezielt Einfluss auf die Pflanzen zu nehmen und können sie so optimal an die Herausforderung anpassen. Die Anpassung kann auch durch konventionelle Züchtung gelingen, durch die Gentechnik geschieht dies aber um ein Vielfaches schneller und präziser (Kellermann 2020: Kapitel 4). Besonders den durch den Klimawandel entstandenen Herausforderungen kann durch die Möglichkeit der Pflanzenzüchtung entgegengewirkt werden. Pflanzen können so angepasst werden, dass sie eine höhere Toleranz gegen abiotischen Stress entwickeln. Dadurch können sie auch bei wechselnden Wetterlagen wie z.B. langen Trockenperioden ertragsfähig bleiben (Wehling et al. 2017). Aber auch den zunehmenden Herausforderungen wie Krankheiten, Schädlingen oder Unkräutern kann die Pflanzenzucht teilweise entgegenwirken (Kellermann 2020: Kapitel 4). Laut Kellermann können Pflanzen aufgrund von Gentechnik Resistenzen entwickeln und so weniger Pflanzenschutzmittel benötigen. Diese Reduktion der benötigten Pflanzenschutzmittelmenge würde sich wiederum positiv auf andere Bereiche auswirken. So würden beispielsweise durch einen geringeren Einsatz von Pflanzenschutzmitteln Böden weniger belastet und die Bodenqualität könnte sich verbessern. Ein weiterer Grund, warum Resistenzen ein wichtiger Baustein für eine Welt ohne Hunger sind, ist das sie die einfachste und sicherste Methode seien kann, um Erträge und Anbauregionen zu erhalten. Passend dazu führt Kempken in seinem Lehrbuch „Gentechnik bei Pflanzen“ das Beispiel einer genmodifizierten Papaya an. Die gentechnisch veränderte Papayasorte ist resistent gegen die den Anbau bedrohende Krankheit PRSV (Kempken 2019: 160f).
Genveränderte Pflanzen bieten weitaus mehr Möglichkeiten als nur stabile Erträge. Mithilfe von Gentechnik können die Erträge und Produktqualitäten weiter gesteigert werden. Dazu schreibt Kellermann: „Die Gentechnik könnte dazu beitragen, dass zukünftig weniger Fläche benötigt wird, um einen bestimmten Ernteertrag zu erzielen.“ (Kellermann 2020: Kapitel 4) Bayer wird da konkreter und schreibt in dem Bericht „Landwirtschaft und Ernährung der Zukunft“, dass beispielsweise durch den Einsatz von Pflanzen, die weniger Stickstoff benötigen, der Hunger auf der Welt um bis zu zwölf Prozent gesenkt werden könnte (Bayer AG Communications and Public Affairs). Die bereits erwähnte Qualitätssteigerung kann ebenfalls Einfluss auf die Welternährung nehmen. Pflanzen könnten so verändert werden, dass sie bestimmte Inhaltsstoffe häufiger oder seltener produzieren. So kann Einfluss auf den Gehalt von Kohlenhydraten, Fettsäuren, Proteinen aber auch auf die für Mängel besonders relevanten Inhaltsstoffe wie Vitamine, Mineralien und Spurenelemente genommen werden. Für die Weltweit über zwei Milliarden unter Mangel leidenden Menschen könnte dies eine Möglichkeit sein, diesen zu beheben (Kempken 2019: 170f). Eine bessere Qualität kann aber auch einen positiven Effekt auf den Lebensmittelverlust haben. Durch Gentechnik kann die Haltbarkeit von Lebensmitteln verlängert werden, wodurch dem Problem der Lebensmittelverschwendung entgegengewirkt werden kann (Kempken 2019: 179f). Wie oben bereits beschrieben, gehen in den Industrienationen besonders viele Lebensmittel im Vertrieb und bei den Endverbrauchern verloren. Längere Haltbarkeiten würden sich somit positiv auswirken. Als Beispiel für ein solches Produkt nennt Kempken die Anti-Matsch-Tomate. Bei dieser wird durch Ausschalten eines Enzyms der Abbau der Zellwände verlangsamt und so eine längere Haltbarkeit erreicht (Kempken 2019: 179f).
Auch der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln bleibt, trotz seiner negativen Folgen und der Möglichkeiten resistentere Pflanzen zu züchten, weiter nötig. Bayer schreibt dazu auf ihrer Website „Pflanzenschutzmittel helfen, hohe Erntemengen und -qualitäten zu erzeugen. Ohne diese landwirtschaftlichen Betriebsmittel könnte die wachsende Weltbevölkerung nicht ausreichend mit Nahrungsmitteln versorgt werden“ (Bayer). Auch laut Oerke würden ohne Pflanzenschutz die weltweiten Erträge der Landwirtschaft um ca. ein drittel geringer ausfallen als mit Pflanzenschutz (Oerke 2006). Diese Zahl zeigt die Relevanz des Pflanzenschutz für das Ziel eine Welt ohne Hunger deutlich.
Neben Gentechnik und Pflanzenschutz versprechen auch angepasste Anbaumethoden und Digitalisierung eine positive Wirkung auf den Welthunger. Die enormen Wasserverluste der Landwirtschaft können so reduziert werden. Eine Möglichkeit ist die Tröpfchenbewässerung. Bei dieser wird Wasser durch durchlöcherte Kunststoffröhren direkt in den Wurzelbereich gegeben. Aufgrund von geringeren Verdunstungs- und Versickerungsverlusten wird Wasser gespart. Außerdem wird die Versalzung und Vernässung des Bodens minimiert. Bei der Fertigation wird mithilfe des Bewässerungssystem zusätzlich noch Dünger und Nährstoffe ausgebracht. Mithilfe der informationsgestützten Landwirtschaft wird eine angepasste verbrauchsarme Bewässerung und der zielgerichtete Einsatz von Dünge- und Pflanzenschutzmitteln möglich. Dies beeinflusst sowohl den Boden als auch die Wassersituation positiv (Grimm et al. 2008: 48ff). Jägermayr spricht in diesem Zusammenhang davon, dass im Zuge eines optimalen Wassermanagements die weltweite Kilokalorienproduktion um bis zu 40 Prozent zunehmen könnte (Jägermayr 2016). Bei einer erwarteten Steigerung der Nachfrage von ca. 60 Prozent bis 2050 kann das Wassermanagement in Zukunft eine wichtige Rolle einnehmen. Die bereits erwähnte Digitalisierung bietet aber auch in anderen Bereichen viele Chancen. So kann die Landwirtschaft mithilfe von Wetter-Apps, Drohnen und anderen Datenmanagementsysteme die Bodenbearbeitungs- und Ernteverfahren weiter optimieren (Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft).

4.2 Ökologische Landwirtschaft

Mit der Aussage „Wir werden uns ökologisch ernähren oder gar nicht mehr“ zeigt Felix zu Löwenstein deutlich, dass von der ökologischen Landwirtschaft ein Richtungswechsel gefordert wird (zu Löwenstein, Felix 2011). Ein weiter so ist für sie undenkbar, da jeder Fortschritt in der intensiven Landwirtschaft auch seinen Preis hat (Bommert und Linz 2018). Auch die Bundesregierung erkennt die Relevanz einer Veränderung und weist das Ziel bis 2030 20 Prozent Ökolandbau zu erreichen aus (Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft 2020). Aber was genau ist unter ökologischer Landwirtschaft zu verstehen und nach welchen Regeln funktioniert sie? Auf der Website des Bundes ökologische Lebensmittelwirtschaft wird diese folgendermaßen erklärt:
„Die Ökologische Landwirtschaft folgt dem Organisationsprinzip eines weitgehend in sich geschlossenen Betriebsorganismus. Das heißt: Bodennutzung und Viehhaltung passt der Bio-Bauer dem Standort individuell an und verbindet beides innerhalb des Betriebes. Zyklische Prozesse und Kreislaufwirtschaft bestimmen die umweltverträgliche Erzeugung von hochwertigen Lebensmitteln und sichern langfristig die natürlichen Produktionsgrundlagen wie Böden, Artenvielfalt, Gewässer oder Klima.“ (Bund ökologische Lebensmittelwirtschaft)
Ziel soll also eine umweltschützende Landwirtschaft sein, die im Einklang mit der Natur funktioniert. In Deutschland sind die grundlegenden Regeln von der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung festgelegt. So darf beispielsweise keine Gentechnik, chemischer Wachstumsregulator, chemischer Pflanzenschutz sowie schnell löslicher Dünger verwendet werden. Auch die Ausbringung von Stickstoff soll durch Mist oder Pflanzen, wie z.B. Zwischenfrüchte, geschehen. Die Fruchtfolge soll abwechslungsreicher gestaltet werden und auch die Pflege der Bodenqualität und die Verwendung von weniger Zusatzstoffen ist festgelegt (zit. nach: Kellermann 2020: 126).
Wird es trotz der strengerer Regeln möglich sein die Welt mit ökologischer Landwirtschaft zu ernähren? Dazu ist ein Blick auf die Chancen und Potentiale nötig.
Die zu erwartenden Ernteerträge würden sich aufgrund der Umstellung verändert. In welchem Rahmen dies geschehen würde, variiert regional sehr stark. Die diesbezüglich erhobenen Statistiken belegen, dass es in den Industriestaaten nach einer Umstellung zunächst zu Ertragsrückgängen kommen würde. Die Weizenerträge beispielsweise würden in den mitteleuropäischen Ländern im Schnitt um 30 bis 40 Prozent sinken. Lediglich in Italien könnten annähernd gleiche Erträge erzielt werden. Ähnliche Veränderungen beim Ertrag sind auch bei anderen Kulturpflanzen zu erwarten (Niggli 2008: 19). Die Gründe hierfür sind vielfältig. So sorgen die fehlende Möglichkeit des Einsatzes von Pflanzenschutzmitteln, Stickstoffknappheit im Boden oder einfach eine geringere Flächenverfügbarkeiten aufgrund des nötigen Zwischenfruchtanbaues für geringere Erträge (Kellermann 2020: 164f).
Die in den Industrienationen zunächst sehr hoch ausfallenden Ertragsrückgänge würden sich laut Badgley nach einiger Zeit aber wieder dem vorherigen Niveau angleichen und so nach einigen Jahren wieder ca. 92 Prozent des Niveaus der konventionellen Landwirtschaft erreichen (Badgley et al.: 2007). Um diesen Einbruch zu verstehen, ist es nötig, die Methoden der ökologische Landwirtschaft im Umgang mit Pflanzenschutz, Schädlingsbekämpfung aber auch zum Nährstoffhaushalt und dem Bodenmanagement näher zu betrachten.
Ein Ziel der ökologischen Landwirtschaft ist es, die Bodenqualität, also das Fundament der Nahrungsmittelproduktion, zu sichern und zu verbessern. Wie bereits in Kapitel drei deutlich geworden ist, sind sinkende Bodenqualitäten und Flächenverluste eine essenzielle Gefahr für die Ernährungssicherheit. Um langfristig Lebensmittel anbauen zu können ist es deshalb unausweichlich, den Boden schonend zu bewirtschaften. Im Gegensatz zu der konventionellen Landwirtschaft verzichtet die ökologische Landwirtschaft auf das Ausbringen von leicht löslichen Düngemitteln und setzt auf vorbeugende Maßnahmen. Dies hat den Vorteil das der pH Wert in den Böden steigt und es zu keiner weiteren Versauerung der Böden kommt (Fließbach et al. 2007). Als Ersatz für Stickstoffdünger werden stickstoffreiche Pflanzen wie Leguminosen angebaut und dem Boden so auf natürlichem Wege Stickstoff zugeführt (Kellermann:2020: 133). Aufgrund des Umstieges kommt es in den ersten Jahren aber zu einer Stickstoffknappheit in den Böden und somit auch vorrübergehend zu geringeren Erträgen (Pimentel et al.: 2005). Nach dieser Übergangsphase liefern diese ausreichend Stickstoff und den synthetische Dünger kann ersetzt werden (Badgley et al.: 2005). Zusätzlich werden Zwischenfrüchte angebaut, welche anschließend durch Unterpflügen dem Boden auf natürlichem Weg wieder Nährstoffe zuführen und so auch hier den synthetischer Dünger zum Erhalt des Nährstoffniveaus ersetzen können (Borowski et al.: 2009). Neben der Nährstoffzufuhr sorgt der Zwischenfruchtanbau außerdem für eine stehts vorhandene Pflanzendecke. Diese Pflanzendecke verringert die Angriffsfläche für Erosion und Auswaschungen. Somit wird indirekt durch den Zwischenfruchtanbau auch für eine Sicherung des Bodens gesorgt. Eine langfristige Bodenfruchtbarkeit wird außerdem mithilfe von Gründünger, durchdachten Fruchtfolgen und dem Ausbringen von organischer Düngung erreicht (DEFRA: 2004). Durch all diese Prozesse wird eine Humusanreicherung im Boden gefördert, die wiederum die Versorgung mit Mineralien verbessert, sowie eine signifikant höhere Wasserspeicherung im Boden ermöglicht. Diese erhöhte Wasserspeicherungsfähigkeit sorgt bei den auf ökologischen Flächen angebauten Pflanzen gegenüber denen auf konventionellen Flächen angebauten für eine höhere Widerstandsfähigkeit gegenüber Extremwetterlagen wie z.B. Dürren oder Starkregenfälle (Niggli et al.: 2008). Wie bereits im Kapitell drei deutlich geworden ist, ist dies ein zentrales Probleme der gegenwärtigen und zukünftigen Landwirtschaft. Außerdem konnten auf ökologischen Flächen höhere Krankheitsresistenzen nachgewiesen werden (Pimentel et al.: 2005). Diese Prozesse zum Erhalt und zur Verbesserung der Bodenqualität benötigen Zeit und setzen ein fundiertes Verständnis der Landwirte für organische Prozesse voraus, damit sie ihre Wirkung entfalten können.
Auch im Bereich Pflanzenschutz, Schädlings- und Unkrautbekämpfung wird in der ökologischen Landwirtschaft überwiegend auf vorbeugende Maßnahmen gesetzt. Die Maßnahmen dazu hat das Julius-Kühn-Institut in einer Pyramide dargestellt. Die Basis der Pyramide bilden vorbeugende und pflanzenbauliche Maßnahmen. Diese setzen sich aus Standort und Sortenwahl, Fruchtfolge, Bodenbearbeitung, Düngewirtschaft und Nützlingsförderung zusammen. Der mittlere Teil der Pyramide setzt sich aus physikalischen, biologischen und biotechnischen Maßnahmen zusammen. Dazu werden mechanische, optische, thermische und akustische Verfahren sowie Nützlinge und Pheromone eingesetzt. Die Spitze der Pyramide, welche nur in Ausnahmefällen zum Einsatz kommen darf (DEFRA: 2004), setzt sich aus Pflanzenschutz und Pflanzenstärkungsmitteln zusammen (Julius-Kühn-Institut: 2010).
Wie bereits im vorherigen Teil deutlich geworden ist, besitzen ökologische Flächen bereits auf natürlichem Wege eine höhere Resistenz gegenüber Krankheiten. Zusätzlich wird mithilfe der Standort- und Sortenwahl gezielt Einfluss auf die Pathogen- und Schädlingsentwicklung genommen. Laut Kellermann könne so im Idealfall bereits ein Befall vermieden werden (Kellermann: 2020 S. 139f). Zusätzlich wird mithilfe einer durchdachte Fruchfolge versucht, den Aufbau von Schädlingspopulationen sowie das Auftreten von Krankheiten zu verhindern (Ronald und Adamchak: 2008). Für die Schädlingsabwehr kann außerdem noch auf mechanische Maßnahmen wie Schneckenzäune oder den Einsatz von Pheromonen zurückgegriffen werden. Bei dem Einsatz von Pheromonen werden beispielsweise männliche Tiere durch den Einsatz von Hormonen davon abgehalten sich ein Weibchen zu suchen und sich Fortzupflanzen (Ronald und Adamchak: 2008).
Um Unkräuter und Pathogene zu bekämpfen wird in der ökologischen Landwirtschaft auf thermische Maßnahmen gesetzt. So wird beispielsweise bei der Soil Solarisation der feuchte Boden vor der Aussaat für ca. 6 Wochen mit einer Plastikfolie bedeckt. Aufgrund der sich unter dieser Folie entwickelnden Hitze werden die Pathogene und Unkräuter abtötet (Ronald und Adamchak: 2008). Eine weitere Methode zur Abtötung dieser kann über Kompostierungsprozesse erreicht werden. Auch hierbei entsteht eine so große Hitze, dass die Pathogene und Unkräuter abgetötet werden (DEFRA: 2004).
Für die Unkrautbekämpfung wird zunehmend auch auf mechanische Maßnahmen gesetzt. Dazu schreibt das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft auf seiner Internetseite:
„Die mechanische Unkrautbekämpfung ist ein Standardverfahren. Durch technische Neuerungen und eine verbesserte Schlagkraft moderner Geräte wird diese gegenüber der Verwendung von Herbiziden zunehmend attraktiver.“ (Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft)
Beispiele sind das Striegeln, bei dem das Unkraut ausgerissen und oder untergegraben wird und das Abflammen mithilfe von Gasbrennern. Besonders das Abflammen ist mit einer dauerhaften Beseitigung von bis zu 100 Prozent sehr effektiv (Dierauer: 2000). Insgesamt haben sowohl die mechanischen als auch die thermischen Maßnahmen den Vorteil, dass Pflanzen keine Resistenzen gegen die Maßnahmen bilden können (Dierauer: 2000).
Eine weitere Möglichkeit zur Einflussnahme sind Nützlinge. Diese werden sowohl für die Unkraut- als auch für die Krankheits- und Schädlingsbekämpfung eingesetzt (Kellermann: 2020). Für ihren Einsatz ist aber eine gesunde Fauna essenziell. Da in der ökologischen Landwirtschaft Herbizide gar nicht und andere Pflanzenschutzmittel nur in Ausnahmefällen, im Falle eine Gefährdung der Pflanze, ausgebracht werden dürfen (DEFRA: 2004) gelangen weniger Giftstoffe in die Umwelt. Untersuchungen zeigen, dass auf Flächen der ökologischen Landwirtschaft die Artenvielfalt von Flora und Fauna deutlich größer ist als die auf konventionellen Flächen (Borowski et al.: 2009). Somit können auch Nützlinge auf diesen Flächen besser überleben. Nützlinge können von den Landwirten zielgenau und so eingesetzt werden, dass sie keinerlei Schaden an Pflanzen verursachen (Kellermann: 2020).
Auch im Bereich Saatgutzucht wird konventionelle Zucht kritisch gesehen und Gentechnik sogar komplett abgelehnt. Deshalb wird eine eigene Züchtung, bei der eine regionale Anpassung, breite Toleranzen und samenfeste Sorten im Vordergrund stehen, angestrebt (Henatsch 2002). Problematisch ist jedoch, dass es für viele Pflanzenarten noch keine ökologischen Varianten gibt (Roeckl und Willing: 2006).
Dass es im Zuge der Umstellung auf ökologische Landwirtschaft nicht zwangsläufig zu einem Rückgang der Erträge kommen muss zeigt ein Blick auf die Landwirtschaft in den Entwicklungsländern. In diesen Regionen kann die ökologische Landwirtschaft, die durch die konventionelle Bearbeitung und die hohe Ausbringungsmenge von Dünge- und Pflanzenschutzmitteln stark angegriffenen Böden positiv beeinflussen (Badgley et al.: 2007). Weiter schreiben die Autoren dazu, dass in diesen Regionen nach der Umstellung sogar mit Ertragssteigerungen, um die 50 Prozent zu rechnen ist (Badgley et al.: 2007). Zu einem ähnlichen Schluss kommt auch das „SAFE-World“ Projekt, das in Asien, Afrika und Südamerika die Erträge von kleinen und mittelgroßen Landwirten vor und nach der Umstellung untersuchte. So konnte auch hier ein Anstieg von 73 Prozent festgestellt werden (Brot für die Welt: 2001). Insgesamt sorgt die ökologische Landwirtschaft in Entwicklungsländern aufgrund der besser an die Standorte angepasste und bodenschonendere Bewirtschaftung dafür, dass es sowohl zu einer Ertragssteigerung als auch zur Sicherung und Verbesserung der Produktionsgrundlage kommt. Dadurch wird deutlich, dass die ökologische Landwirtschaft trotz der vielen Einschränkungen in der Ertragsmenge schon konkurrenzfähig ist aber die vielen Veränderungen natürlich auch Wissenszuwächse erfordern.
Neben den positiven Umwelteffekten und Ertragsmengen wirkt sich die ökologische Landwirtschaft auch positiv auf das Klima aus. Eine Umstellung würde wie bereits erwähnt zu einer geringeren Menge an ausgebrachten synthetischen Düngern und Pflanzenschutzmitteln führen. Diese sind in Ihrer Herstellung besonders energieaufwendig und würden in der ökologischen Landwirtschaft weitestgehend eingespart werden. Außerdem sind die durch Leguminosen und andere Maßnahmen ersetzten Stickstoffdünger klimaschädlich, da sie große Mengen an Lachgas freigeben (Niggli et al.: 2008). Insgesamt wird laut Borowski so ein um 20 bis 40 % geringerer Energieverbrauch möglich. Außerdem können die Flächen nach der Umstellung jedes Jahr um bis zu 400 kg pro Hektar mehr aufnehmen (Borowski et al.: 2009). Insgesamt kann die ökologische Landwirtschaft allein den Klimawandel nicht aufhalten, aber sie kann ihren Beitrag dazu deutlich erhöhen.

5. Fazit

Dass es in dem Landwirtschaftssektor zu Veränderungen kommen muss, wird allein durch die steigende Weltbevölkerung und die auf natürlichem Wege steigende Nachfrage deutlich. Außerdem sind die Erzeugungsgrundlagen der Landwirtschaft vielfältig bedroht und so wird das Ziel, 2050 eine Welt ohne Hunger, zu erreichen gefährdet. Zum Erreichen dieses Zieles liefern sowohl die ökologische als auch die intensive Landwirtschaft einige vielversprechende Ansätze. Die Vertreter der konventionellen Landwirtschaft setzen auf die Weiterentwicklung bisheriger Strukturen und sehen keine andere Möglichkeit, als weiterhin an ihnen festzuhalten. Sie wollen die Technik, wie zum Beispiel Bewässerungssysteme weiterentwickeln, damit auch in ungünstigen Regionen Landwirtschaft betrieben werden kann. Außerdem sehen sie in der Gentechnik großes Potential, um in kurzer Zeit Pflanzen besser anzupassen, aber auch Sorten mit höheren Erträgen züchten zu können. Auch der Pflanzenschutz bleibt einer der wichtigsten Garanten für Ertragssteigerungen in der Landwirtschaft. Insgesamt hat die konventionelle Landwirtschaft meiner Meinung nach aber die Umwelt und die durch sie verursachten Schäden nicht ausreichend im Blick.
Dass das Ziel einer Welt ohne Hunger im Jahre 2050 aber auch auf einem umweltverträglicheren Weg erreichbar sein könnte, zeigt die ökologische Landwirtschaft. Sie wirft der konventionellen Landwirtschaft vor, dass diese für weitere Bodenverluste wie auch für sinkende Biodiversität verantwortlich ist. Sie selbst zeigt für fast alle Herausforderungen auch umweltverträglichere Lösungen auf, die nach einer Umstellungsphase, je nach Region häufig ähnliche oder sogar bessere Ergebnisse liefern können. Dass eine Richtungsänderung hin zur ökologischen Landwirtschaft nötig ist, steht für mich außer Frage. Besonders in den Entwicklungsländern, leiden die Flächen unter der konventionellen Bewirtschaftung. Ein Umstieg würde sofortige Ertragszuwächse möglich machen und die Grundlage für zukünftige Landwirtschaft sichern. Da für die ökologische Landwirtschaft aber auch ein besseres Verständnis nötig sein wird, sollte die Umstellung, begleitet von Fortbildungen, möglichst schnell erfolgen. Auch in den Industrienationen sollte es das Ziel sein, sich langfristig in Richtung der ökologische Landwirtschaft zu orientieren. Da meiner Meinung nach die Vorteile die Nachteilen überwiegen. Die im Zuge der Umstellung zu erwartenden starken Ertragsrückgänge machen einen sofortigen Richtungswechsel aber unmöglich, da sonst zu starke Einbußen in der Nahrungsmittelproduktion auftreten würden. Insgesamt machen die aufgezeigten Potentiale Hoffnung, dass mit der ökologischen Landwirtschaft, die zudem auf Umweltschutz und Nachhaltigkeit basieren würde, 2050 eine Welt ohne Hunger möglich werden könnte. Dabei sollte sich die ökologische Landwirtschaft dennoch offener mit dem Aspekt der Gentechnik auseinandersetzen. Ein schneller Umstieg bei gleichzeitiger Sicherung der Welternährung kann nur sichergestellt werden, wenn es gelingt, dass die Erträge nicht zu stark einbrechen. Hier könnte die Gentechnik Möglichkeiten bieten, Pflanzen schnell an neue Umweltbedingungen anzupassen und die Erträge, ohne das Ausbringen von externen umweltschädlichen Stoffen wie Pflanzenschutzmitteln oder Stickstoffdünger, zu steigern. Genau diese Eigenschaften sind gefragt, damit ein schneller Umstieg und eine gleichzeitige Sicherung der Welternährung gelingen kann.

Literaturverzeichnis

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Die Arbeit als Download: Loette_Agrarwirtschaft und Hunger

 

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