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solidarische Landwirtschaft Regionale Resilienz Aachen

Die Solidarische Landwirtschaft als entwicklungspolitischer Ansatz zur Umsetzung des SDG2?

Frederik Leyendecker

Bachelorarbeit vorgelegt an der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen
Institut für Politische Wissenschaft


Einleitung | Der Begriff Nachhaltigkeit prägt zurzeit eine Vielzahl politischer Debatten. In der Weiterentwicklung und Neuauflage der Millennium Ziele der Vereinten Nationen, hat es dieser Begriff sogar in die Namensgebung geschafft. Am 1. Januar 2016 traten die Sustainable Developement Goals (kurz SDGs), also die Ziele nachhaltiger Entwicklung, in Kraft und sollen bis zum Jahr 2030 umgesetzt werden. In 17 Zielen sollen neben der Überwindung der globalen Missstände von 896 Millionen Menschen in Armut und 795 Millionen unterernährten Menschen, zahlreiche Umwelt- Gesellschafts- und Wirtschaftsziele durchgesetzt werden (vgl. Weltbank 2016 und FAO 2015:4). Da die Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen globale Entwicklungsziele beschreiben, sind sie als entwicklungspolitische Forderungen zu verstehen, die sowohl in Entwicklungsländern, als auch in Industrieländern umzusetzen sind. Hinsichtlich des Untersuchungsgegenstandes der vorliegenden Arbeit, dem Konzept der Solidarischen Landwirtschaft (kurz: Solawi) und dessen Relevanz für die SDGs, wird der Fokus auf Ziel 21 der UN-Nachhaltigkeitsziele gerichtet, welches die entwicklungspolitischen Forderungen an eine nachhaltige Landwirtschaft beinhaltet.

Der Diskurs über gegenwärtige und zukünftige Praktiken in der Landwirtschaft, weist einen enormen Kontrast hinsichtlich der Auffassungen auf, was Nachhaltigkeit in der Landwirtschaft bedeutet. Während der Deutsche Bauernverband eine Petition mit dem Namen #Glyphosat vorantreibt und unter dem chemischen Herbizid einen „wichtigen Baustein für nachhaltige und bodenschonende Anbaupraktiken“ (DBV 2016) versteht, steht für den Agrarwissenschaftler und Landwirt Felix Prinz zu Löwenstein längst fest, dass wir uns entweder „ökologisch ernähren [werden,] oder gar nicht mehr“ (zu Löwenstein 2011:12).

Unabhängig von den Nachhaltigkeitszielen der Vereinten Nationen, scheinen sich immer mehr Menschen aus eigenem Antrieb mit Themen zu beschäftigen, die Inhalte des SDG2 berühren. Ökologisch produzierte Lebensmittel erfahren von Jahr zu Jahr eine gesteigerte Nachfrage und der alternative gemeinschaftsgetragene landwirtschaftliche Ansatz der Solidarischen Landwirtschaft, verzeichnet ein stetiges Wachstum, dass im weiteren Verlauf der vorliegenden Arbeit näher beschrieben wird (vgl. BOELW 2016:12f. und Netzwerk Solidarische Landwirtschaft 2016). Da die überwältigende Mehrzahl der Solawi-Betriebe auf biologische Standards in der Arbeitsweise setzt, wird die landwirtschaftliche Arbeitsweise der Ökologischen Landwirtschaft im weiteren Verlauf der Arbeit, als deckungsgleich mit der Arbeitsweise der Solawi betrachtet (vgl. Bietau et al. 2013:66). Die stetig wachsende Anzahl der Solawi-Höfe weltweit und ihre potenzielle Rolle im Rahmen der UN-Nachhaltigkeitsziele verleiht diesem Thema ein hohes Maß an Aktualität.

In der vorliegenden Arbeit gilt es, den Status Quo der Landwirtschaft auf seine Nachhaltigkeit zu untersuchen und mit der ökologischen Landwirtschaft abzugleichen, um daraufhin ein zusätzliches entwicklungspolitisches und nachhaltigkeitssteigerndes Potenzial der Solawi überprüfen zu können. Dazu wird die These, dass die Solidarische Landwirtschaft als entwicklungspolitischer Ansatz zur Umsetzung des SDG2 fungieren kann, geprüft. Dazu soll den folgenden Leitfragen nachgegangen werden:

  1. Was genau ist unter Nachhaltigkeit zu verstehen und wie nachhaltig ist unsere heutige Nahrungsmittelerzeugung? Kann die ökologische landwirtschaftliche Arbeitsweise der SDG2 Forderung nach einer nachhaltigen Landwirtschaft gerechter werden als die konventionelle Landwirtschaft?
  2. Kann die Solawi als entwicklungspolitischer Lösungsansatz für das SDG2 herangezogen werden und neben Nachhaltigkeit auch Ernährungssicherheit fördern?

Um diese Fragen beantworten zu können, soll in Kapitel 2 zunächst herausgearbeitet werden, was unter Nachhaltigkeit im entwicklungspolitischen Kontext verstanden wird und welche entwicklungspolitischen Ziele im SDG2, hinsichtlich einer nachhaltigen Entwicklung des landwirtschaftlichen Bereichs, formuliert wurden. Die herausgearbeiteten Forderungen bilden anschließend die Vergleichsgrundlage für Kapitel 3, indem näher beleuchtet wird, inwiefern die Produktionsweisen der konventionellen und der ökologischen Landwirtschaft, für eine Umsetzung der in SDG2 formulierten Forderungen an eine nachhaltige Landwirtschaft, geeignet sind. Anschließend werden in Kapitel 4 politische und wirtschaftliche Faktoren des Agrarsystems angeführt, die eine nachhaltige Landwirtschaft erschweren können. Auf dieser Basis wird der Ansatz der Solawi näher beleuchtet und auf seine Potenziale hinsichtlich des Nachhaltigkeitsaspekts untersucht, um Aufschluss darüber zu geben, ob sich dieser als entwicklungspolitischer Ansatz im Sinne des SDG2 eignet. Abschließend wird der Inhalt der vorliegenden Arbeit in einem Fazit reflektiert und Bezug zu den anfangs formulierten Leitfragen genommen.

Der inhaltlich komplexe Unterbau der Arbeit ist notwendig, um das verändernde Potenzial der Solawi hinsichtlich des heutigen Ernährungssystems erfassen zu können. Die vorliegende Arbeit stützt sich grundlegend auf Felix Prinz zu Löwensteins Publikation Food Crash, weil das Werk deutliche Veränderungen des landwirtschaftlichen Bereichs fordert und die im Ansatz der Solawi enthaltene Arbeitsweise des ökologischen Landbaus als Alternative anführt. Aufgrund der Aktualität des Themas und der Vielzahl von NGOs aus dem Bereich des Umweltschutzes, die sich am entwicklungspolitischen Prozess beteiligen, finden überdurchschnittlich viele Internetquellen in dieser Arbeit Verwendung.

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