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Bedingungsloses Grundeinkommen

Hausarbeit vorgelegt an der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen, Institut für Politische Wissenschaft, 2018

Mich beschäftigt schon lange die Frage, wie wir unsere Gesellschaft gerechter, friedlicher und nachhaltiger gestalten können. Bei meinen Recherchen bin ich auf die Idee des Bedingungslosen Grundeinkommens gestoßen und war sofort fasziniert: Eine Lösung für die zunehmende Unsicherheit auf dem Arbeitsmarkt, gegen die Benachteiligung ärmerer Bevölkerungsschichten und für die Ermöglichung der Teilhabe an Gesellschaft und Politik aller Bürger. Das BGE findet Freunde und Feinde in allen Gesellschaftsschichten und erscheint gleichzeitig sehr einfach und sehr radikal. In meiner Masterarbeit habe ich deshalb die Idee des BGE beleuchtet.

Einleitung

Die letzten Jahrzehnte haben gewaltige Veränderungen mit sich gebracht. Viele dieser Veränderungen haben große Konsequenzen für die menschlichen Gesellschaften. Die feste Verknüpfung von Arbeit und Mitteln zur Grundsicherung, sei es in Form eines Gehalts oder beispielsweise eines Arbeitslosengeldes, verliert vor dem Hintergrund der sich verändernden Arbeitswelt zunehmend an Sinn. Obwohl der absolute Reichtum vieler westlicher Gesellschaften – gemessen am BIP – wächst oder zumindest stabil bleibt, konzentriert sich der Reichtum auf eine immer kleiner werdende Gruppe, wäh­rend eine immer größer werdende Gruppe am Subsistenzminimum lebt. Dies lässt Zweifel daran aufkommen, dass das derzeitige Einkommensverteilungssystem zu­kunftsfähig ist und die Gesellschaft so weitermachen kann wie bisher. Eine mögliche neue Form der Verteilung wäre ein Bedingungsloses Grundeinkommen (BGE), das in dieser Arbeit erklärt und diskutiert wird.

Auch wenn das Thema weltweit von Relevanz ist, beziehen sich die Betrachtungen in dieser Arbeit auf die Situation der westlichen Gesellschaften. Aufgrund der unter­schiedlichen wirtschaftlichen Verhältnisse ergeben sich in Bezug auf Industrienationen und Entwicklungsländer verschiedene Argumentationsgrundlagen, was diese Ein­schränkung notwendig macht.

Zunächst wird der Grundeinkommensbegriff für die Diskussion in dieser Masterarbeit definiert. Es folgt eine historische Einordnung der Idee und eine Abgrenzung von an­deren Arten sozialer Grundsicherung und deren Entwicklung im Laufe des 20. und 21. Jahrhunderts. Anschließend wird ein Überblick über derzeitig aktive Initiativen für ein BGE gegeben. Um die Ausgangslage aufzuzeigen, wird das derzeitige Einkommens- und Absicherungs­system kurz skizziert und dessen Probleme im Besonderen in Bezug auf Industrie 4.0 herausgearbeitet.

Im darauffolgenden Kapitel wird auf die zu erwartenden Auswirkungen eines BGE auf Arbeitsmarkt und Wirtschaft eingegangen. Neben der Frage nach der Finanzierbarkeit werden auch Arbeitsmarkteffekte und Auswirkungen auf wirtschaftliche Stabilität und Nachhaltigkeit betrachtet. Es werden die verschiedenen Möglichkeiten zur Finanzie­rung aufgezeigt und kurz auf potentielle Gefahren eingegangen. Arbeitsanreiz, Ent­wicklung der Löhne und Veränderungen hinsichtlich der Arbeits- und Lebenszeit wer­den aufgezeigt.

Als nächstes wird diskutiert, wie sich ein BGE auf den gesellschaftlichen Zusammen­halt auswirkt. Dabei wird die Wahrnehmung von Arbeit und Arbeitslosigkeit untersucht, indem auf gesellschaftliche Vorstellungen von Arbeitsmoral und der Fähigkeit, mit Geld umzugehen, eingegangen wird. Es werden die psychologischen Auswirkungen von Armut auf den Stresslevel der Menschen diskutiert und deren Folgen für die Gesell­schaft aufgezeigt. Auch die Auswirkungen der sozialen Ungleichheit in Hinblick auf Gesundheit, soziale Mobilität, Solidarität in der Gemeinschaft und sozialpolitische Sta­bilität stehen im Fokus. Es wird herausgearbeitet, welche durch Armut und Ungleich­heit erzeugten Problematiken durch ein BGE beeinflusst werden könnten.

Im Anschluss werden Legitimationsgrundlagen eines BGEs diskutiert. Im Besonderen wird auf die Ermöglichung und Förderung der Freiheit durch ein BGE eingegangen und dargestellt, inwiefern und auf welcher Grundlage ein BGE als gerecht betrachtet werden kann.

Die Auswirkungen von sozialpolitischen Finanztransferzahlungen werden seit Jahr­zehnten in Studien untersucht, deren Teilnehmerzahl von einigen hundert bis mehre­ren tausend variieren. Als Knotenpunkt vieler dieser Studien dient das Basic Income Earth Network – BIEN – das unzählige Artikel und Studien zum Thema Grundeinkom­men veröffentlicht. Zu den Gründern von BIEN gehören einige der führenden Akade­miker zum Thema Grundeinkommen: der Stanford-Ökonom Guy Standing, dessen Buch „Basic Income: And How We Can Make It Happen“ eine wichtige Grundlage für diese Arbeit bildet, sowie Veröffentlichungen zweier weiterer Gründungsmitglieder von BIEN, „Basic Income: An Anthology of Contemporary Research“ von Karl Widerquist und „Basic Income. A Radical Proposal for a Free Society and a Sane Econocmy“ von Phillipe van Parijs und Yannick Vanderborght. Eine weitere wichtige Quelle bildet Götz Werners Buch “Einkommen für alle”. Weiterhin beziehe ich mich auf eine Reihe von Veröffentlichungen der OECD und des wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestags sowie der Hans-Böckler-Stiftung, der Bertelsmann Stiftung u. v .w. Inspi­rierend war außerdem das Buch des niederländischen Politikers Rutger Bregman, des­sen Buch „Utopia for Realists and how we can get there“ das Thema Grundeinkommen 2016 und 2017 erneut auch in die etablierten Medien holte.

2       Das Bedingungslose Grundeinkommen

In diesem Kapitel wird beschrieben, was unter dem Begriff „Bedingungsloses Grundeinkommen“ verstanden und wie es im Rahmen dieser Arbeit definiert wird. Weiterhin wird kurz die Entwicklung der Idee eines Bedingungslosen Grundeinkommens sowie der historische Hintergrund, vor dem sie entstanden ist, erläutert. Es folgt eine Darstellung der derzeitigen gesellschaftlichen Situation.

2.1      Definition und Einordnung

Ein Bedingungsloses Grundeinkommen ist eine mindestens subsistenzsichernde, in festen Intervallen und dauerhaft ausgezahlte Summe Geld, die jedes Mitglied einer politischen Gemeinschaft individuell und bedingungslos, d. h. ohne festgelegte Gegenleistung, erhält (vgl. Widerquist et al. 2013: xif). Die Auszahlung eines BGE erfolgt individuell, also nicht pro Haushalt. Eine mögliche Ausnahme stellen Minderjährige bzw. Kinder dar, für die eine alternative Regelung mit den Erziehungsberechtigten notwendig wäre (vgl. Widerquist et al. 2013: xv). „Bedingungslos“ bedeutet in diesem Zusammenhang, dass die Auszahlung nicht an eine aktive Gegenleistung geknüpft ist. Andere Bedingungen wie etwa eine Kopplung an die Staatsbürgerschaft, Wohnsitz o. ä. werden allerdings nicht ausgeschlossen. Die Leistung wird in Form von Geld ausgezahlt und steht damit zur freien Verfügung der Empfänger, es gibt keine Einschränkung der Ausgabemöglichkeit (von Seiten des Staates). Die Dauer der Zahlung sollte im Idealfall unbegrenzt sein. Umgesetzt wurden bisher jedoch nur zeitlich begrenzte Zahlungen im Rahmen von Pilotprojekten. Eine Ausnahme hierzu bilden der Alaska-Permanent-Fund und die Eastern Band of Cherokee Indians Casino Dividend. Die Zahlungsintervalle werden in den meisten Vorschlägen auf ein- bis zweiwöchentlich oder monatlich gesetzt, es handelt sich also um relativ kurze Zeitspannen. Der am häufigsten auftauchende Vorschlag einer monatlichen Zahlung ist an das Modell der Gehaltszahlung angelehnt (vgl. Widerquist et al. 2013: xii).

Es gibt viele verschiedene Begriffe, die Versionen eines Grundeinkommens beschreiben und oftmals in der Literatur nahezu synonym verwendet werden. In Teilen weichen diese jedoch von der oben genannten Definition ab. Dazu gehören die Bezeichnungen Guaranteed Income, Guaranteed Annual Income, Unconditional Basic Income, Universal Basic Income (beide mit UBI abgekürzt), Citizen’s Income, Sozialdividende u. a. Einige Vorschläge empfehlen eine Variante eines Grundeinkommens, welche nicht subsistenzsichernd ist, jedoch in allen anderen Punkten – Universalität, Bedingungslosigkeit, langfristige Auszahlung in Form von Geld in Intervallen – dem Konstrukt eines BGE entspricht. Dahingehende Vorschläge werden als Teil-BGE oder partielles Grundeinkommen bezeichnet (vgl. Netzwerk Grundeinkommen, Glossar) Ein Beispiel hierfür ist die kürzlich von der Initiative Universal Basic Income Europe (UBIE) in Brüssel vorgeschlagene European Citizens Dividend (vgl. Denuit 2017).

Das BGE ist im Besonderen von sogenannten „minimal income schemes“ und „means-tested benefit schemes“ zu unterscheiden, welche nicht an alle Bürger gezahlt werden, sondern nur unter der Bedingung der Bedürftigkeit und nach Beweis des Bedarfs (vgl. Widerquist et al. 2013: xiff). Diese Art von Sozialsicherung besteht zurzeit in fast allen westlichen Ländern inklusive Deutschland in unterschiedlichen Ausführungen und Ausmaßen (vgl. Van Parijs/Vanderborght 2017: 7f).

Abzugrenzen ist ein BGE außerdem von der verwandten Idee einer negativen Einkommenssteuer (Negative Income Tax – NIT) oder sogenannten einmaligen Kapitalzuschüssen (Basic Capital Grants – BCG). Die negative Einkommenssteuer funktioniert wie eine Steuerrückzahlung, die nach der steuerlichen Überprüfung der Einkommen erfolgt. Hierbei erhalten Bürger eine Zahlung, die ihr Einkommen bis zum Steuerfreibetrag aufstockt, wenn dieser nicht erreicht wird. Der NIT-Betrag stünde den Empfängern zur freien Verfügung, ist im Unterschied zu einem BGE jedoch nicht zwingend subsistenzsichernd oder individuell auszuzahlen, da viele Steuern auf Haushaltsebene gelten. Der Betrag würde außerdem erst nach Ende eines Steuerjahres ausgezahlt. Da die Höhe der Summe der Rückzahlung von bestimmten Faktoren abhängen würde, wäre außerdem der Betrag schwer zu bestimmen und somit nicht einplanbar. In diesem Sinne würde eine NIT-Auszahlung eher einer Capital-Grant-Zahlung ähneln als einem BGE (vgl. Widerquist et al. 2013: xvif). Modelle, die eine einmalige, wesentlich höhere Zahlung vorschlagen, werden meist nicht als Grundeinkommen, sondern als „Grants“ bezeichnet. Basic Capital Grant (BCG), Stakeholder Grant oder auch Coming of Age Grant bezeichnen beispielsweise einen solchen festgelegten einmaligen Kapitalzuschuss, den jeder Bürger zu einem bestimmten Zeitpunkt in seinem Leben erhalten würden. Ein BCG wäre demnach universell, bedingungslos und stünde zur freien Verfügung der Empfänger, wäre jedoch weder langfristig noch dauerhaft subsistenzsichernd (vgl. Standing 2017: 8ff; Van Parijs/Vanderborght 2017: 29ff).

Eine andere Art der Grundsicherung bzw. Grundversorgung wäre die Subvention oder Verteilung von lebensnotwendigen Sachgütern (vgl. Standing 2017: 198ff). Beispiele dieser Art von Subsistenzsicherung sind z. B. Indiens PDS oder das US-amerikanische Food-Stamp-Programm SNAP. Dies ist eine Art von Subsistenzsicherung, die regelmäßig erfolgt, sie ist jedoch abhängig von Bedarfsprüfungen, wird pro Haushalt ausgezahlt und die Verwendungsmöglichkeiten sind stark eingeschränkt (vgl. SNAP 2017). Welcher Betrag als subsistenzsichernd angesehen und welche Bedürfnisse als notwendig empfunden werden, steht zur Diskussion (vgl. Blaschke 2012: 118-143). Der Großteil der Vorschläge zu einem Minimalansatz kommt von rechtsliberalen BGE-Befürwortern. Minimalansatz bedeutet, dass das Einkommen unter oder maximal auf der Armutsgrenze liegt.  Weiterhin sollen häufig gleichzeitig sämtliche Sozialgesetzgebungen und zusätzliche Absicherungen gestrichen werden. Moderate bis großzügige Vorschläge kommen eher von linksliberaler Seite, die sowohl die physische Subsistenz sichern als auch gesellschaftliche Teilnahme ermöglichen wollen. Zusätzliche Zahlungen sind für Individuen vorsehen, die mehr Unterstützung oder Betreuung benötigen. Die überwiegende Mehrheit der konkreten Vorschläge – zumindest in Deutschland – sieht eine zusätzliche Krankenversicherung vor, die nicht individuell über das Grundeinkommen finanziert bzw. gesondert behandelt wird (vgl. Blaschke 2010: 301-382).

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass sich in der deutschen Diskussion des Themas die Bezeichnung Grundeinkommen bzw. Bedingungsloses Grundeinkommen (BGE) etabliert hat, im englischsprachigen Raum spricht man von Universal/Unconditional Basic Income (UBI). In dieser Arbeit wird der Begriff BGE verwendet und bezeichnet eine Grundsicherung, die mindestens subsistenzsichernd ist und in Form von Geld an alle Bürger individuell, unabhängig von konkretem Bedarf und ohne Gegenleistung in festgelegten Intervallen vor der steuerlichen Überprüfung dauerhaft ausgezahlt wird (vgl. Widerquist et al. 2013: xif).

2.2      Idee & historischer Hintergrund

Die Idee eines bedingungslosen Grundeinkommens für alle Menschen gibt es schon sehr lange. Ihre historischen Wurzeln liegen zum einen in der Elends- und Armutsbekämpfung und zum anderen in der paradiesisch-utopischen Vorstellung der Befreiung des Menschen von Arbeit, Zwang und Sklaverei.

Frühe Formen der staatlich organisierten Armutsbekämpfung waren die englischen „Poor Laws“, die zu Beginn des 17. Jahrhunderts eingeführt wurden. Von Beginn an, aber besonders im Laufe des 18. Jahrhunderts, kritisierten eine Reihe von Philosophen und Politiker, wie z. B. Hegel und Tocqueville, dass diese Maßnahme der Armutsbekämpfung Menschen faul mache und sie entmündige, was ihre Eigenverantwortung schwäche (vgl. Van Parijs/Vanderborght 2017: 54-61).

Philosophen und Politiker anderer Denkrichtungen entwickelten hingegen bereits Ende des 18. Jahrhunderts BGE-Ansätze, die sie aus den Naturrechten der Menschen ableiteten. Die prominentesten Beispiele dahingehend sind Thomas Spence „The Rights of Infants“ (1796) und Thomas Paine „Agrarian Justice“ (1797) (vgl. Van Parijs/Vanderborght 2017: 72). Die Vorstellung einer Entschädigung für den Verlust der Naturrechte wird später von Charles Furier, Joseph Charlier und John Stuart Mill weiter ausgearbeitet (vgl. Van Parijs/Vanderborght 2017: 73-77). Es ist wichtig festzuhalten, dass diese Konzepte kein BGE im oben definierten Sinne darstellen, da sie nicht alle der genannten Bedingungen erfüllen. Für die historische Entwicklung und Begründung des BGE ist allerdings relevant, dass es um rechtlich gesicherte, bedingungslose Zahlungen an Bürger geht und nicht um Barmherzigkeit oder Armenfürsorge.

In der westlichen intellektuellen Tradition entwickelte sich die konkrete Idee einer Grundsicherung für alle Menschen überwiegend aus der Aufklärung. Die in diesem Geist formulierten Grundsätze der universellen Menschenwürde und Menschenrechte, also (u.a.) die Annahme, dass jeder Mensch ein Recht auf Freiheit, Selbstbestimmung und eine Lebensgrundlage habe, bildet sowohl die Grundlage für die existierenden Formen des modernen bedarfsorientierten und -geprüften Sozialstaats als auch für Konzepte von bedingungsloser Grundsicherung (vgl. Van Parijs/Vanderborght 2017: 64-69).

Die nie da gewesene rasante Erhöhung der Produktivität und des gesellschaftlichen materiellen Wohlstands durch die Industrieelle Revolution seit Ende des 18. Jahrhunderts (vgl. Brynjolfsson/McAfee 2014: 7) rückte eine Realisierung vom Ende der Armut und der Befreiung des Menschen von Arbeit erstmals in den Bereich des Möglichen. Die Industrieelle Revolution veränderte die Lebensumstände der Menschen drastisch: Auf der einen Seite stärkten enorme Produktivitätssteigerungen mit immer geringerem menschlichen Arbeitsaufwand Utopien einer Welt ohne Arbeit; auf der anderen Seite wurde immer deutlicher, dass ein neues Verteilungssystem geschaffen werden müsste, um allen Menschen eine Lebensgrundlage zu ermöglichen. Da mehr Menschen durch den rasanten technologischen Fortschritt ihre Versorgungsgrundlage verloren, verarmten und verelendeten im Laufe des 19. Jahrhundert ganze Bevölkerungsschichten (vgl. Brynjolfsson/McAfee 2014: 10ff). Aus dieser Situation heraus entwickelte sich die Arbeiterbewegung und die Forderung nach staatlichen Rahmenbedingungen für eine gesicherte Lebensgrundlage für alle Bürger. Die Sozialsysteme wurden nach dem Muster der Versicherung aufgebaut, bei dem Arbeiter sich gegenseitig solidarisch absichern (vgl. Van Parijs/Vanderborght 2017: 63-65).

Im Laufe des 20. Jahrhunderts beschäftigten sich immer mehr Philosophen, Politiker und Wirtschaftswissenschaftler (insoweit man das damals trennen konnte) mit der Idee eines BGE. Als prominentestes Beispiel rückte der Nobelpreisträger Bertrand Russell mit seinem Werk „Roads to Freedom“ (1918) nach dem ersten Weltkrieg die Idee des BGE in Europa zum ersten Mal in den öffentlichen Diskurs (vgl. Van Parijs/Vanderborght 2017: 78). Russels Modell liegt schon sehr nahe an heutigen BGE-Modellen. Er argumentiert darin für eine Kombination anarchistischer und sozialistischer Ideale in Form eines Gesellschaftsmodells, das allen ein BGE garantiert, jedoch zusätzliche Produktionsgewinne zu großen Teilen nach dem Leistungsprinzip an die verteilt werden, die arbeiten (vgl. Russell 1918: 118).

[…] a certain small income, sufficient for necessities, should be secured for all, whether they work or not […] (Bertrand Russell 1918: 119f).

Verschiedene Versionen eines BGE, bzw. einer Sozialdividende in ihren vielen Formen, wurden seither immer wieder diskutiert, konnten sich jedoch noch nicht durchsetzen. In Großbritannien, Frankreich, Deutschland und den meisten anderen europäischen Ländern wurden nach dem zweiten Weltkrieg diverse Formen der sogenannten bedarfsorientierten Grundsicherung eingeführt, die fast überall an Erwerbsarbeit und Bedarfsprüfung gekoppelt wurde (vgl. Van Parijs/Vanderborght 2017: 68ff). Die modernen Sozialstaaten in den westlichen Industrienationen sichern weit mehr Menschen gesundheitliche Versorgung, Altersrente etc. als zumindest nach den bestehenden Maßstäben jemals zuvor in der Geschichte der Menschheit (vgl. Piketty 2016: 634).

Der explodierende Wohlstandszuwachs in der westlichen Welt nach dem zweiten Weltkrieg ließ die Debatte um das BGE wieder aufflammen. Zum ersten Mal begannen sich neben der Armutsbekämpfung zwei weitere Begründungen für ein BGE herauszukristallisieren: Die Abschaffung des objektiven Mangels an Grundgütern in der westlichen Gesellschaft durch die Produktivitätssteigerung und die so entstehende steigende Arbeitslosigkeit (vgl. Blaschke 2010: 241f). Die Frage der pragmatischen Verteilungsgerechtigkeit vor dem Hintergrund eines – zumindest in Bezug auf Grundgüter – gesättigten Marktes nahm nun eine neue Dimension an, die sich bereits seit Beginn der Industriellen Revolution abgezeichnet hatte.

Eine der Folgen dieser in vielen Traditionen verwurzelten Anfänge ist, dass die Idee von Beginn an bis heute politisch nicht dem linken oder rechten politischen Spektrum zugeordnet werden kann, sondern Freunde und Feinde auf beiden Seiten findet, teils aus den gleichen, teils aus unterschiedlichen Gründen. In der heutigen Debatte können von der Ausrichtung und Zielsetzung her grundsätzlich neoliberale Grundeinkommensmodelle und emanzipatorische Grundeinkommensmodelle unterschieden werden (vgl. Blaschke 2017: 106f).

Neoliberale Grundeinkommensmodelle zeichnen sich dadurch aus, dass zum einen die Kostenersparnis durch Deregulierung und Vereinfachung der Sozialsysteme betont wird und zum anderen häufig gleichzeitig mit einem BGE weitgehende wirtschaftliche und arbeitsmarkttechnische Deregulierungen durchgesetzt werden sollen. Obwohl Modellierungen dieser Art häufig als BGE bezeichnet werden, handelt es sich oft um Teil-BGE-Modelle, die keine Existenzsicherung ermöglichen (vgl. Blaschke 2017: 106f). Beispiele dahingehend sind in Deutschland derzeitig Hohenleitner/Straubhaar (2008) und Althaus/Binkert (2017); international u. a. Murray (2013) und Friedman (2013).

Emanzipatorische Grundeinkommensmodelle zielen hingegen auf eine Stärkung der Politik und Demokratie über die Wirtschaft, gesellschaftliche Teilhabe, eine Verteilung der Wohlstandsgewinne auf alle Gesellschaftsschichten und die Förderung von Freiheit und Autonomie der Menschen in der Gesellschaft (vgl. Blaschke 2017: 105). Beispiele dieses Ansatzes sind derzeitig international Van Parijs und Vanderborght (2017), Widerquist (2013), Standing (2017) und in Deutschland z. B. Blaschke (2012) und Kipping (2010) sowie zahlreiche Initiativen und Vereine. Alle genannten nehmen aktiv an der BGE-Debatte teil und haben bereits eine große Anzahl an Beiträgen veröffentlicht.

Beide Ansätze betonen die Entlastung des Faktors Arbeit, allerdings zielen neoliberale bzw. rechtsliberale Modelle auch auf eine Reduzierung der „steuerlichen Verzerrung“ des Marktes (vgl. Werner 2007: 207f). Im neoliberalen Ansatz wird zudem meist die Finanzierungsfrage verschiedener BGE-Modelle betont, während bei emanzipatorischen Modellen die gesellschaftspolitischen Veränderungen im Mittelpunkt stehen (vgl. Spannagel 2015: 13f). Diese Unterscheidung stellt eine Polarisierung dar und nicht alle Modelle oder Ansätze sind eindeutig der einen oder anderen Seite zuzuordnen. Werner (2007) ist dahingehend in Deutschland ein prominentes Beispiel.

Seit den 1960er Jahren wurden auch deshalb zunehmend empirische Studien und Forschungsbeiträge rund um das Thema eines BGE durchgeführt. Es wurden detaillierte Entwürfe zum Grundeinkommen ausgearbeitet, Modelle durchgerechnet, und die empirische Forschung ging zunehmend dazu über, die Reaktion von Menschen auf den bedingungslosen Erhalt von Geld zu untersuchen. Der Korpus dieser empirischen Forschung ist seither zu einer Fülle von Studien herangewachsen, die von materiellen bis psychologischen Faktoren die verschiedensten Variablen menschlichen Verhaltens untersuchen. Viele dieser Studien wurden und werden von Grundeinkommensinitiativen zusammengetragen, auf die im Folgenden näher eingegangen wird.

2.3      Initiativen

Seit den 1980er Jahren entstehen zunehmend Vereine, Initiativen und Organisationen, die Information und Forschung um das BGE antreiben. Eine kurze Auswahl der bekanntesten wird im Folgenden dargestellt.

Eine der größten Organisationen, welche die Diskussion um ein Bedingungsloses Grundeinkommen fördert, darüber informiert und Gruppen und Individuen zusammenführt, ist das Basic Income Earth Network. Mitglieder von BIEN reichen von Akademikern, Studenten, Aktivisten bis zu politischen Initiativen. Ziel von BIEN ist, Forschungen um BGE-relevante Themen zusammenzutragen, auszuwerten und über neue Erkenntnisse, alternative Argumente und Vorschläge zur Lösung von Problemen rund um die Idee des BGE als sozialpolitische Option zu informieren. Jährlich wird dazu eine öffentliche Konferenz an variierenden Orten auf der Welt abgehalten, auf der empirische Forschung vorgestellt und neue Ideen diskutiert werden. BIEN dient weiterhin als Plattform für akademische Veröffentlichungen zum Thema. Die Organisation BIEN hat sich selbst zur Neutralität gegenüber konkurrierenden Argumenten und bestimmten politischen Vorschlägen verpflichtet. BIEN wurde 1986 als Basic Income Europe Network gegründet, das E wurde 2004 in Earth umgewandelt, nachdem Anfang der 2000er Jahre eine große Anzahl von Wissenschaftlern und Aktivisten aus der ganzen Welt beigetreten waren.

BIEN ist mit dem Großteil der Landesinitiativen für ein BGE rund um den Globus vernetzt, z. B. dem deutschen „Netzwerk Grundeinkommen“, der Schweizer „Initiative Grundeinkommen“, auf deren Engagement hin 2016 die weltweit erste Volksabstimmung zu einem BGE stattfand, The U.S. Basic Income Guarantee Network, dem 2008 gegründeten unabhängigen und überparteilichen Basic Income Canada Network (BICN) und einer Vielzahl weiterer Initiativen und Vereine. Das Basic Income Network Canada kooperiert mit BIEN, ist jedoch mehr auf Nordamerika ausgerichtet, während BIEN als ursprünglich europäische Organisation leicht eurozentrischer ist (vgl. BIEN, Overview 2017).

Das 2004 in Berlin gegründete Netzwerk Grundeinkommen engagiert sich für die Einführung eines BGE. Das BGE wird hier definiert als ein Einkommen, das die Existenz sichert und gesellschaftliche Teilhabe ermöglicht, einen individuellen Rechtsanspruch darstellt sowie ohne Bedürftigkeitsprüfung und ohne Zwang zu Arbeit oder anderen Gegenleistungen garantiert wird (vgl. Netzwerk Grundeinkommen, die Idee 2018). Das Netzwerk Grundeinkommen besteht aus Individuen und Organisationen, die gemeinsame zivilgesellschaftliche Aufklärung betreiben. Sie organisieren sowohl auf lokalem als auch auf regionalem Level Informationsveranstaltungen und wissenschaftliche und politische Diskussionen zum BGE. Sie stellen auf ihren Webseiten Informationsmaterial, Medienspiegel und neue Erkenntnisse zur Verfügung und wirken an einer Vielzahl übergreifender Initiativen – wie der woche-des-grundeinkommens.eu, grundeinkommen-ist-waehlbar.de, BasicIncomeInitiative.eu – mit. Das Netzwerk wird getragen vom gemeinnützigen, demokratisch organisierten „Verein zur Förderung des bedingungslosen Grundeinkommens“ (vgl. Netzwerk Grundeinkommen, das Netzwerk 2018).

Besonders in Deutschland, aber auch in einer Reihe anderer europäischer Länder existieren inzwischen eine Vielzahl vernetzter Regionalgruppen zur Bekanntmachung und Förderung dieser Grundeinkommensidee (vgl. Netzwerk Grundeinkommen, Karte 2018). In Kooperation mit dem Netzwerk Grundeinkommen arbeiten außerdem eine Reihe weiterer Initiativen wie z. B. die Katholische Arbeitnehmerbewegung, die sich für ein Grundeinkommen als Teilhabe an der Gesellschaft und Grundlage einer Tätigkeitsgesellschaft einsetzt (vgl. KAB Grundeinkommen 2018), oder das globalisierungskritische Netzwerk attac, deren Initiative „Genug für alle“ besonderen Fokus auf Wachstumskritik legt (vgl. attac 2018) u. v. w.

Eine strukturell anders ausgerichtete Organisation ist das amerikanische, durch private Spenden finanzierte Unternehmen „Give Directly“, das groß und langfristig angelegte Basic Income Projekte in Afrika organisiert, vor allem in Kenia und Uganda. Einerseits soll so Armut bekämpft und andererseits in Zusammenarbeit mit unabhängigen Forschungsteams ein Beitrag zur empirischen Grundlagenforschung um die Effekte von BGE-Zahlungen geleistet werden. Im November hat Give Directly offiziell das bisher größte BGE-Projekt mit ~ 16 000 Menschen in Kenia gestartet (vgl. Give Directly 2018).

„Mein Grundeinkommen“ ist ein spendenfinanziertes deutsches Pilotprojekt, das seit 2014 auf ein Jahr begrenzte Grundeinkommen von 1.000 Euro pro Monat verlost. Die Verlosung verläuft nach dem Prinzip einer Lotterie. Teilnehmen kann jede Person ab 14 Jahren kostenlos und unabhängig von Einkommen und Staatsbürgerschaft. Ziel ist, die Idee des BGE in der Praxis zu testen und einen breiteren Erfahrungshorizont dazu zu generieren, wie Menschen auf ein Grundeinkommen reagieren, was sie damit tun und welche Konsequenzen es für sie und ihre Umwelt hat. Zu diesem Zweck bitten die Veranstalter um Berichte der Gewinner, diese sind jedoch nicht verpflichtend (vgl. Mein Grundeinkommen 2018).

Das seit Beginn des Jahrtausends rasant wachsende Interesse am BGE hat weiterhin dazu geführt, dass eine Reihe von europäischen Ländern staatlich initiierte BGE-Pilotprojekte ausarbeiten oder bereits gestartet haben. Diese Projekte variieren stark in ihrer strukturellen Ausformung, Zielgruppe u. a., zeigen jedoch deutlich das politische Interesse an der Idee. Beispiele sind ein derzeit laufendes Projekt in Finnland, bei dem die herkömmliche Sozialhilfe für Arbeitslose durch eine BGE-Zahlung ersetzt wird (vgl. KELA 2018), ein Projekt in Barcelona, bei dem über zwei Jahre verschiedene Einkommensgarantien getestet werden (vgl. bmincome 2018), sowie kürzlich von Silicon Valley’s Y-Combinator vorgestellte konkrete Pläne für ein privat finanziertes BGE-Projekt in Oakland (vgl. Y-Combinator 2018).

3       Gesellschaftliche Situation

Im folgenden Kapitel wird die bestehende gesellschaftliche Situation hinsichtlich der materiellen Versorgung und sozialen Absicherung beschrieben sowie die zu erwartenden Veränderungen durch Industrie 4.0 dargestellt.

3.1      Gegenwartsbeschreibung

Gegenwärtig ist ein BGE nicht Teil der gesellschaftlichen Lebenswelt. In keinem Land der Welt existiert ein System bedingungsloser Grundsicherung auf subsistenzsicherndem Niveau für alle Bürger. Es wird erwartet, dass die arbeitsfähigen Mitglieder einer Gesellschaft den Lebensunterhalt durch Arbeit verdienen. In den meisten westlichen Industrienationen existieren gesetzlich geregelte und oftmals verpflichtende Sozialversicherungssysteme, die die Bevölkerung gegen Standardrisiken wie z. B. Krankheit, Arbeitslosigkeit, Unfälle und Alter absichern. Die Finanzierung der Sozialversicherungen ist durch Abgaben und Steuern direkt an die Erwerbsarbeit gekoppelt (vgl. Piketty 2016: 637f). Menschen ohne jegliches Einkommen aus z. B. Erwerbsarbeit, Versicherungen oder Kapitaleinkünften können unter bestimmten Bedingungen Unterstützung vom Staat erhalten (vgl. Van Parijs/Vanderborght 2017: 68f). Zu den Bedingungen gehört ein Nachweis der Bedürftigkeit – das Fehlen jeglicher Einkommensquellen – sowie die Bereitschaft, geforderte Gegenleistungen zu erbringen. Die Unterstützung wird per Haushalt berechnet, nicht individuell (vgl. Van Parijs/Vanderborght 2017: 68f).

Durchschnittlich werden 25% – 30% des Nationaleinkommens der westlichen Staaten für Soziales ausgegeben. Ein Großteil dieser Einnahmen wird nicht direkt umverteilt, sondern fließt in Bildung und Gesundheit (10% – 15%). Zwischen 10% – 20% machen sogenannte Lohnersatzleistungen oder Transferleitungen aus, worunter als größter Posten die Altersrenten mit 12% – 13% fallen. Nur etwa 1% – 2% kommen durchschnittlich auf Arbeitslosengeld und < 1% auf andere Sozialleistungen (vgl. Piketty 2016: 635-639). Der hohe Prozentsatz, der auf Altersrenten entfällt, lässt sich mit dem demographischen Wandel erklären. Die Menschen werden immer älter und beziehen entsprechend länger Rente. Der demographische Wandelt stellt ein zunehmendes Problem für die Zukunftsfähigkeit des Rentenmodells dar (vgl. Piketty 2016: 653-657).

Die Finanzierung der Sozialsysteme ist innerhalb der europäischen Länder sehr unterschiedlich, jedoch grundsätzlich an Erwerbsarbeit geknüpft (Bundesministerium für Arbeit und Soziales 2017a: 105-131). Im Sozialstaatsystem Deutschlands wird der Großteil der Sozialtransferleistungen über Sozialumlagen finanziert. Umlagen werden vom Lohn abgezogen und sozusagen sofort umverteilt, weshalb sie stark vom Wirtschaftswachstum bzw. dem Anstieg der Löhne abhängig sind. Die meisten Rentensysteme funktionieren auch in anderen europäischen Staaten nach diesem umlagefinanzierten Modell. Steigende Ausgaben für Transferleistungen, vor allem durch demographischen Wandel und marktwirtschaftliche Entwicklungen, werden für dieses System vor dem Hintergrund der geringen Wachstumsraten seit Mitte der 1980er Jahre zunehmend zum Problem (vgl. Piketty 2016: 653ff). Aufgrund der grundsätzlichen Begrenztheit natürlicher Ressourcen und dem Klimawandel stellt sich generell die Frage, ob und wie lange ein auf permanentes Wachstum ausgerichtetes Wirtschaftssystem Bestand haben kann (vgl. Widerquist/Noguera 2013: 260ff).

Veränderungen auf dem Arbeitsmarkt führen zunehmend zu sich schnell verändernden, flexiblen und unsicheren Arbeitsverhältnissen (vgl. International Labour Organization 2015: 52ff). Das klassische Modell eines sozialversicherungspflichtigen, vertraglich unbefristeten Arbeitsverhältnisses zwischen einem Arbeitgeber und einem Arbeitnehmer mit festen Arbeitszeiten und Arbeit in Vollzeit ist in der industrialisierten westlichen Welt im Rückgang (vgl. International Labour Organization 2015: 29ff). Entsprechende Trends können bereits seit einigen Jahren beobachtet werden und die Veränderungen auf dem Arbeitsmarkt werden mit großer Wahrscheinlichkeit weiter zum Rückgang dieses Modells führen. Eine rasch steigende Zahl an Menschen ist somit in Arbeitsverhältnissen aktiv, für die das klassische Modell sozialer Absicherung nicht ausgelegt ist. Viele der Arbeitsplätze der neuen Selbstständigkeit – Crowdworking, Clickworking, voucher-based work u. v. a. – tragen kaum zur Finanzierung sozialer Transferleistungen bei (vg. Degryse 2016: 34ff). Diese Veränderungen auf dem Arbeitsmarkt – Ausweitung des Niedriglohnsektors und Zunahme an atypischer Selbstständigkeit – stellen für die Finanzierung der Sozialsysteme sowie soziale Absicherung vieler Menschen ein Problem dar. Die langfristige Finanzierung der Sozialsysteme, besonders die Teilfinanzierung über Lohnumlagen, erscheint unter den gegebenen Entwicklungen in Kombination mit bereits bekannten Problemen wie dem demographischen Wandel und anhaltender Arbeitslosigkeit auf lange Sicht fragwürdig (vg. Schmid 2012: 1f).

Sozialtransferleistungen konnten besonders in den letzten eineinhalb Jahrzehnten die Zunahme der Ungleichheit in der westlichen Welt nicht verhindern. Europa ist hier zwar deutlich von den USA abzusetzen, doch auch die Einkommensungleichheit in den europäischen Ländern ist in den letzten Jahren durchschnittlich leicht gestiegen (vgl. International Labour Organization 2015: 52). Während die relative Ungleichheit jedoch nur einen leichten Anstieg verzeichnet, ist eine deutliche Spreizung der absoluten Ungleichheit sowohl in den EU-Ländern untereinander als auch innerhalb der einzelnen Länder zu beobachten (vgl. Dauderstädt/Keltek 2017: 3).

In Deutschland ist z. B. der Wohlstand so groß wie nie zuvor, doch gleichzeitig ist das Armutsrisiko so hoch wie nie zuvor seit Bestehen der BRD, und die Einkommensungleichheit hat besonders seit den 1980er Jahren stark zugenommen (vgl. Peichl et al. 2017: 5). Der Anteil der Unter- und Mittelschichten am Wohlstandszuwachs ist bereits seit mehreren Jahrzehnten rückläufig. Die Einkommen der unteren 40 Prozent liegen seit der Wiedervereinigung deutlich hinter dem durchschnittlichen Einkommenswachstum zurück. Die einzige Gruppe, die seit den 1980er Jahren einen stetig steigenden Anteil am Wirtschaftswachstum erhält, sind die obersten 10%, 5%, und 1%, wobei die Anteile nach oben hin zunehmen (vgl. Peichl et al. 2017: 25). Eine ähnliche Entwicklung ist bei der Vermögensentwicklung zu beobachten: Während die oberen 10% ihren Anteil am Privatvermögen seit den 1980er Jahren stetig erhöhen konnten, fielen im gleichen Zeitraum die Anteile der unteren 50% und 40% (vgl. Peichl et al. 2017: 33f). Insgesamt wird der wirtschaftliche Aufschwung seit der Finanzkrise in Deutschland von steigender Einkommensungleichheit und steigender Armutsgefährdung begleitet (vgl. Peichl et al. 2017: 43ff). Sowohl Ungleichheit als auch Armutsrisiko steigen hierbei am stärksten für junge Singlehaushalte und junge Familien (vgl. Peichl et al. 2017: 40ff).

In Deutschland lebt bereits jedes fünfte Kind in Armut oder ist von Armut bedroht. Die soziale Herkunft des Elternhauses ist bereits seit Jahren der absolut wichtigste Faktor für die Chancen im Leben eines Menschen (vgl. Bundesministerium für Arbeit und Soziales 2017b: 25-29). Laut Berechnungen der DIW und ZEW wird das Altersarmutsrisiko in Deutschland zwischen 2015 und 2036 von derzeitig 16% auf 20% steigen. Grund dafür ist zum einen, dass private und betriebliche Renten staatlich gefördert wurden, jedoch aufgrund der niedrigen Zinspolitik keinen großen Betrag abwerfen werden. Zum anderen wächst der Anteil der Niedriglohnempfänger, für die größtenteils weder die eine noch die andere Förderung greift (vgl. Schiller 2017: 7).

3.2      Industrie 4.0

Die Beobachtung, dass neue Technologien bestehende Arbeitsplätze vernichten, ist nicht neu. Die Digitalisierung des Arbeitsmarktes wird derzeitig als Industrie 4.0 bezeichnet (vgl. z. B. Wissenschaftliche Dienste Deutscher Bundestag 2016). Schon Keynes prophezeite 1933 eine kommende Massenarbeitslosigkeit. Er nahm an, dass die „kreative Zerstörung“ durch neue Technologien, die ungekannte Produktivitätssteigerungen ermöglichten, über kurz oder lang mehr Arbeitsplätze vernichten als schaffen würde (vgl. Frey/Osborne 2013: 3). Die Idee rückte mit der Vollbeschäftigung nach dem zweiten Weltkrieg zunächst in den Hintergrund, später ließen die seit den 1970er Jahren stetig steigenden Arbeitslosenzahlen sie wieder zum Fokus der Debatte werden. Ein Ende der Arbeit wurde seitdem immer wieder von verschiedenen Seiten vorausgesagt. Die Tatsache, dass dies bisher zumindest nicht in dem befürchteten oder erwarteten Ausmaß eingetreten ist, wird teilweise damit begründet, dass neue Technologien zwar Arbeitsplätze zerstören, aber durch den Produktivitätszuwachs mehr Wohlstand für die Gesamtbevölkerung generieren. Dies ermögliche mehr Konsum und schaffe Arbeitsplätze in anderen Sektoren. In der gegenwärtigen Debatte um die Digitalisierung der Arbeitswelt und Industrie 4.0 erscheint es also historisch gesehen zunächst berechtigt, Erwartungen von technologisch bedingter Massenarbeitslosigkeit skeptisch gegenüber zu stehen (vgl. Frey/Osborne 2013: 15). Im Vergleich zu den damaligen Verhältnissen gibt es aber mehrere Gründe, die dafür sprechen, dass die derzeitige Entwicklung sich von den vorangegangen unterscheidet (vgl. Brynjolfsson/McAfee 2014: 34ff).

Der technologische Fortschritt stellt nach Meinung von IT-Experten wie Brynjolfsson und McAffee einen entscheidenden Wendepunkt dar. Der Entwicklungsfortschritt von Artificial Intelligence (AI) hat in den letzten Jahren mehrfach alle Erwartungen übertroffen. Selbstfahrende Autos, Supercomputer, die Schachweltmeister und Jeopardy-Champions schlagen, und 3D-Drucker sind nur einige Beispiele technischer Innovationen, deren Entwicklungsgeschwindigkeit teilweise selbst Silicon Valley Bewohner überraschte. Diese Prozesse umfassen Tasks, die noch vor zehn Jahren auf lange Sicht nicht möglich schienen (vgl. Brynjolfsson/McAfee 2014: 14-37).

Laut den Berechnungen einer Oxford-Studie von Frey und Osborne (2013) zu den Folgen der Digitalisierung der Arbeit könnten durch die Implementierung von neuen Technologien im Zuge von Industrie 4.0 bis 2030 am amerikanischen Arbeitsmarkt Einsparungspotenziale von bis zu 47% entstehen. Eine ihrem Modell folgende Studie der IngDiBa kam sogar auf ein Einsparungspotenzial von 59% oder 18 Millionen Arbeitsplätzen in Deutschland (vgl. Brzeski/Burk 2015: 1f). Die Kalkulationen beruhen auf dem Automatisierungs- und Digitalisierungspotenzial einer großen Anzahl von Prozessen durch die unerwartet großen Fortschritte im „Machine Learning – im Besonderen Data Mining, Machine Vision, Computational Statistics“ – und „Machine Robotics“ der letzten Jahre (vgl. Frey/Osborne 2013: 18-25). Automatisiert wurden seit Beginn der „Computerrevolution“ in den 1980er Jahren vor allem Routine-Aufgaben, die auf expliziten Regeln basierten. AIs können inzwischen jedoch neben der ohnehin fortschreitenden Automatisierung dieser Routine-Aufgaben eingesetzt werden, um nicht-routinierte kognitive sowie manuelle Aufgaben zu lösen. Der Bereich der Nicht-Routine-Aufgaben ist sehr komplex: In verschiedenen Studien werden Aufgabenfelder und Arten von Arbeit untersucht, um einzugrenzen, welche neuen Technologien und derzeit prognostizierten Weiterentwicklungen Automatisierungen in welchen Arbeitsbereichen ermöglichen (vgl. Frey/Osborne 2013: 25-30).

Basierend auf diesen Studien kalkulieren Frey und Osborne die Wahrscheinlichkeit einer baldigen Automatisierung von Arbeiten oder Arbeitsfeldern auf dem Arbeitsmarkt. Sie kommen zu dem Schluss, dass eine bedeutende Anzahl an Arbeitsplätzen sowohl im Niedriglohnbereich als auch bestimmte mittlere bis höhere Dienstleistungsberufe zu den besonders gefährdeten Gruppen gehören. Sie heben weiter hervor, dass gerade diese Dienstleistungsbereiche in den letzten beiden Jahrzehnten den Großteil der neu geschaffenen Arbeitsplätze ausmachten (vgl. Frey/Osborne 2013: 48). Die am wenigsten gefährdeten Arbeitsprozesse involvieren hohe Level an sozialer Intelligenz sowie flexible kreative Fähigkeiten und einen hohen Ausbildungsgrad (vgl. Frey/Osborne 2013: 47f).

Nach dem Erscheinen der Oxford-Studie folgten eine Reihe weiterer Studien, die den Einfluss der Digitalisierung auf den Arbeitsmarkt untersuchten (vgl.  Wissenschaftliche Dienste Deutscher Bundestag 2016; Brzeski/Burk 2015; Dengler/Matthes 2015, Vogler-Ludwig et al. 2016; Landmann/Heumann 2016; Arnold et al. 2016). Manche Ergebnisse kamen zu weit geringeren Einsparungspotenzialen. Einige, z. B. ein vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales in Auftrag gegebenes Gutachten (vgl. Vogler-Ludwig et al. 2016), gehen sogar davon aus, dass mehr Arbeitsplätze (z. B. im IT-Bereich) geschaffen als insgesamt wegrationalisiert würden (vgl. Vogler-Ludwig et al. 2016: 11ff). Viele dieser Studien wurden in Forschung und Politik kontrovers diskutiert, besonders in Bezug auf das genaue Ausmaß der Rationalisierungspotenziale, die zwischen den Studien stark variieren. Je nach Modell ergeben sich Einsparungen, die z. B. für Deutschland von 12% bis 59% der derzeitigen Arbeitsplätze reichen (vgl.  Wissenschaftliche Dienste Deutscher Bundestag 2016: 7f).

Hierbei werden die Kalkulationen von Frey und Osborne (2013) generell selten in Frage gestellt; der Disput dreht sich eher um das Ausmaß und den Zeitrahmen der Arbeitsplatzverluste, den Frey und Osborne bewusst weitläufig auf anderthalb bis zwei Jahrzehnte festgelegt haben. Der Großteil der Studien zur Digitalisierung stellt zwar fest, dass Maschinen menschliche Arbeit nicht vollständig ersetzen könnten und durch gesteigerte Produktivität wiederum neue Arbeitsplätze geschaffen würden. Unabhängig von genauen Voraussagen ist die generelle Richtung der Prognosen aber bei allen Studien gleich: Die Implementierung der neuen Technologien in der Industrie wird einen signifikanten Anteil der Arbeitsplätze in ihrer heutigen Form vernichten, denn selbst die konservativeren Berechnungen gehen von 12% bis 15% an Einsparungen in Deutschland aus (vgl.  Wissenschaftliche Dienste Deutscher Bundestag 2016: 8). Die im Bericht der Bundesregierung herausgestellte Schaffung von neuen Arbeitsplätzen bedeutet deshalb keine zwingende Entspannung auf dem Arbeitsmarkt.

Vielmehr kommen alle Studien zu dem Schluss, dass Industrie 4.0 zu einer weiteren Spreizung des Arbeitsmarkts führt. Durch Industrie 4.0 werden mit großer Wahrscheinlichkeit hauptsächlich Arbeitsplätze geschaffen, für die ein hoher Grad an Qualifizierung, Kreativität und Soziale Intelligenz notwendig ist (vgl. Arnold et al. 2016: 5f). Die durch die Digitalisierung „frei werdenden“ Arbeitskräfte wären – ausgehend von den Anforderungen der substituierbaren Arbeitsplätze – jedoch wahrscheinlich nicht in der Lage, umgehend in diese neu entstehenden Berufe zu wechseln, zumindest nicht in bezahlte Berufe. Hinzu kommen geographische Gegebenheiten, die einen schnellen Arbeitsplatzwechsel erschweren oder durch persönliche Kosten unmöglich machen könnten. Langfristige, strukturelle Arbeitslosigkeit wäre demnach wahrscheinlich (vgl. Landmann/Heumann 2016: 46). Ein dadurch möglicher Wettbewerb um Arbeitsplätze im Niedriglohnsektor könnte die Anzahl dieser kurzfristig steigern, nämlich dann, wenn die menschliche Arbeitskraft günstiger würde als die Maschinen. Dies hätte vermutlich negative Auswirkungen auf den Lohn, außerdem würden auf lange Sicht hin gesehen mit großer Wahrscheinlichkeit auch der Großteil dieser Arbeitsplätze automatisiert werden (vgl. Frey/Osborne 2013: 46).

Vor allem gering qualifizierte Arbeiter, Arbeitslose, ältere Arbeiter aber auch höher qualifizierte Arbeiter in stark von Industrie 4.0 betroffenen Industriezweigen werden demzufolge zwangsläufig in großem Ausmaß Qualifizierung oder berufliche Neuorientierung durchlaufen müssen. Das Erlernen völlig neuer Kenntnisse, ein gänzlich anderes Arbeitsfeld und -umfeld wird dieser Gruppe große Anstrengungen, Ressourcen und vor allem Zeit abverlangen. Die Betroffenen mögen in der Lage sein, auf lange Sicht hin anderen Beschäftigungen nachzugehen, jedoch keine, für die sie bereits ausgebildet sind oder die ohne weitere Ausbildung verrichtet werden können und mit einem Arbeitslohn vergütet werden. Umorientierung und Weiterbildung aber werden Zeit und Unterstützung kosten (vgl. Landmann/Heumann 2016: 49). Während dieser Zeit muss eine Absicherung ermöglicht werden. Auch für den Fall, dass die Entwicklung, wie von einigen Analysten erhofft, eher schleichend vorangeht und nie wirklich große Entlassungswellen über die Gesellschaft hereinbrechen, sieht es am Ende für die einzelnen Betroffenen nicht viel besser aus. Alle diese Menschen werden zeitweise, für Phasen längerer oder sich wiederholender Umorientierung, oder sogar dauerhaft eine Grundsicherung irgendeiner Art benötigen (vgl. Landmann/Heumann 2016: 48ff).

Der bereits fortschreitende und auch weiterhin prognostizierte Wegfall eines substanziellen Anteils an Arbeitsplätzen in ihrer derzeitigen Form stellt die Gesellschaft und ihre Organisation von Arbeit und Sozialsystemen, die auf Vollbeschäftigung als Regel- und Arbeitslosigkeit als Ausnahmefall ausgelegt sind, folglich vor noch größere Herausforderungen. Das Ergebnis von politischer Untätigkeit auf diesem Gebiet wäre mit großer Wahrscheinlichkeit eine extrem gespaltene Gesellschaft, mit wenigen sehr reichen Gewinnern der neuen technologischen Revolution und sehr vielen sehr armen Verlierern (vgl. Landmann/Heumann 2016: 46f). Aus einem solchen Szenario ergäben sich weitreichende negative Konsequenzen für alle Teile der Gesellschaft. Sämtliche Studien, die sich mit der Entwicklung der Arbeit in näherer Zukunft beschäftigen, sehen dringenden politischen Handlungsbedarf: Empfehlungen reichen von einer bloßen Umstellung des Bildungssystems und Qualifizierungsmaßnahmen bis zu Grundeinkommensmodellen.

4       Arbeitsmarkt und Wirtschaft

Die Wirtschaftssysteme der westlichen Länder sind grundsätzlich kapitalistisch ausgerichtet. Im folgenden Kapitel wird die Idee des BGE im Kontext des derzeitig bestehenden Wirtschaftssystems betrachtet und mögliche Auswirkungen werden beleuchtet.

4.1      Finanzierung

Nachfolgend werden Finanzierungsmöglichkeiten eines BGE dargelegt sowie die Einflussfaktoren Immigration und Inflation kurz angesprochen.

4.1.1     Finanzierungsmöglichkeit

Es gibt eine Reihe von Vorschlägen zur Finanzierung eines BGE. Die bekanntesten Finanzierungvorschläge sowie mögliche Finanzierungsprobleme werden kurz diskutiert.

Pauschale Einkommenssteuer

Eine individuelle pauschale Einkommenssteuer zur Finanzierung eines BGE ist einer der am häufigsten genannten Vorschläge. Bei einer pauschalen Einkommenssteuer ist der Steuersatz für alle Einkommenslevel gleich – hierbei handelt es sich um eine Kombination aus Kapitaleinkünften und Arbeitseinkommen – und gilt für alle Markteinkommen. Allgemeine Beispiele finden sich in Widerquist et al. (2013: xiiiff) und Van Parijs/Vanderborght (2017: 134ff); konkret durchgerechnete (neoliberale) Modelle für Deutschland finden sich in Althaus/Binkert (2017) und Hohenleitner/Straubhaar (2008). Die Art der Besteuerung ist hier das wesentliche Merkmal, während die genaue Höhe der Steuer zur Diskussion steht. Das BGE bildet in diesem Modell gleichzeitig auch den Steuerfreibetrag. Der Grenzsteuersatz wäre bei einer pauschalen Einkommenssteuer in Kombination mit einem BGE für alle gleich, d. h. für jeden Euro Zugewinn wird der gleiche Steuersatz gezahlt, unabhängig von Vermögen oder Höhe des Einkommens (vgl. Widerquist et al. 2013: xivf). Eine pauschale Einkommenssteuer würde Steuerprüfungen stark vereinfachen und transparenter machen. Grundsätzlich könnte eine pauschale Einkommenssteuer im Gegensatz zur bestehenden Besteuerung so gestaltet werden, dass Arbeits- und Kapitaleinkommen gleichwertig besteuert würden. Dies würde Erwerbsarbeit steuerlich entlasten und damit vermutlich auch die Akzeptanz in der Bevölkerung erhöhen (vgl. Van Parijs/Vanderborght 2017: 134).

Konsumsteuer

Ein in die gegenteilige Richtung zielender Vorschlag ist die (Teil-)Finanzierung eines BGE über eine Verbraucher- bzw. Konsumsteuer. Konsumsteuern können auf Produkte oder Dienstleistungen erhoben werden und werden vom Anbieter abgeführt. Die wichtigste bestehende Konsumsteuer ist die Mehrwertsteuer (vgl. Piketty 2016: 663). Auch in diesem Modell bildet das BGE gleichzeitig den Grundfreibetrag, der bei jedem Bürger unbesteuert bliebe (vgl. Van Parijs/Vanderborght 2017: 154). In Deutschland basiert einer der prominentesten Vorschläge eines BGE von Werner (2007) auf einer weitgehenden Finanzierung durch eine Konsumsteuer. Als Vorteile werden meist höhere Transparenz und weniger Anreiz zur Schwarzarbeit genannt (vgl. Werner 2007: 199ff). Eine Konsumsteuer hätte einen gesamtwirtschaftlichen bzw. weltwirtschaftlichen Charakter, da sie Unternehmertum fördert und keine Wettbewerbsnachteile für die einheimische Volkswirtschaft erzeugt. Eine derartige Besteuerung würde allerdings möglicherweise Reiche bevorteilen, da sie nur einen Teil ihres Vermögens konsumieren können und eine Konsumsteuer so Geldvermögensbildung begünstigen könnte (vgl. Butterwegge 2009: 265). Indirekte Steuern haben auch bei progressiver Ausdifferenzierung den Nachteil, dass die unteren Einkommensgruppen und kinderreiche Familien stärker belastet würden, da sie mehr Grundgüter konsumieren und somit auch mehr Steuern zahlen müssten. Weiterhin besteht die Gefahr, dass gerade Spitzenverdiener der hohen Konsumsteuer ausweichen und in anderen Ländern ihrem Konsum nachkommen, was für die unteren Einkommensgruppen kaum möglich wäre (vgl. Butterwegge 2009: 265). Eine alleinige Konsumsteuer könnte – zumindest wenn auch Erbschafts- und Vermögenssteuer abgeschafft würden – so zu einer weiteren Zunahme der Ungleichheit führen (vgl. Butterwegge 2009: 265).

Robotersteuer

Eine Robotersteuer ist eine Form der Maschinensteuer, die als Wertschöpfungssteuer verstanden werden kann (vgl. Shiller 2017). Von Maschinen verrichtete Arbeit wird im derzeitigen System nicht gesondert besteuert. Zur (Teil-)Finanzierung eines BGE wäre dies jedoch ein mögliches Modell. Vorschläge zu derartigen Modellen kamen zuletzt aus den USA u. a. von Bill Gates und verschiedenen Visionären des Silicon Valley (vgl. Hagelüken 2017). Eine Robotersteuer könnte in der Bevölkerung Zustimmung finden, da keine persönlich zugeordnete Leistung, sondern technische Produktivitätsgewinne besteuert würden, die zu einem Rückgang des Arbeitsplatzangebots führen (vgl. Shiller 2017). Kritiker befürchten, dass eine Roboterbesteuerung innovations- und technikfeindlich sei. Weiterhin wäre es schwierig festzulegen, welche Technik als Roboter und damit besteuerungspflichtet gelten sollte und welche nicht (vgl. Shiller (Süddeutsche): 2017: 1). Eine Robotersteuer wurde kürzlich auch vom europäischen Parlament diskutiert, jedoch vorläufig zurückgestellt (vgl. Hagelüken 2017).

Vermögenssteuer

Eine weitere Möglichkeit einer zumindest anteiligen Finanzierung bei progressiver Besteuerung wäre eine Angleichung der Besteuerung von Kapitaleinkommen an die Besteuerung von Arbeitseinkommen, da erstere derzeit steuerlich bevorzugt werden (vgl. Van Parijs/Vanderborght 2017: 147ff). Der weltweit freie Kapitalverkehr hat zu einer Erhöhung des Steuerwettbewerbs zwischen den verschiedenen Nationalstaaten geführt, was starke Zunahmen an Ausnahmeregelungen begünstigt. Diese ermöglichen es besonders Spitzenverdienern, sich progressiver Besteuerung zu entziehen (vgl. Piketty 2016: 665). Für den europäischen Raum wäre eine steuerrechtliche Koordination über die gesamte EU aus diesen Gründen sinnvoll und könnte zu erheblichen Mehreinnahmen führen (vgl. Piketty 2016: 717).

Ein Anfang könnte mit dem Schließen unnötiger Steuerschlupflöcher und Ausnahmen gemacht werden, z. B. durch eine Besteuerung von Zinsen, Dividenden und anderen Finanzeinkommen (vgl. Piketty 2016: 665). Das Steuer- und Abgabesystem ist derzeit für Spitzenverdiener nicht nur nicht progressiv, sondern sogar regressiv. Die untersten 50% der Gesellschaft zahlen derzeit etwa 40%-45% Steuern auf ihre Einkommen, die darauffolgenden 40% der Gesellschaft etwa 45%-50%. Für die obersten 10% sinkt die anteilige Besteuerung kontinuierlich und beträgt für die obersten 0,1% unter 35% ihrer Einnahmen. Unter der derzeitigen Steuergesetzgebung wird also der prozentual größte Anteil der steuerlichen Einnahmen von der Mittelklasse eingebacht, während die Spitzenverdiener deutlich weniger zahlen. Die Berechnungen beruhen auf detaillierten Schätzungen für die Vermögensverteilung und die steuerliche Belastung der Einkommen in Frankreich. Während die genaue Lastenverteilung in den westlichen Ländern variiert, kann besonders für die hier entscheidende steuerliche Regression der oberen Einkommen ein vergleichbares Verhältnis angenommen werden (vgl. Piketty 2016: 665f). Der Spitzensteuersatz, der nach dem 2. Weltkrieg zunächst in einigen europäischen Ländern auf bis zu 90% für extrem hohe Einkommen kletterte, ist seit den 1980er Jahren fast stetig gefallen und hat sich derzeitig z. B. für Deutschland um den niedrigsten Level seit dem 2. Weltkrieg eingependelt (vgl. Piketty 2016: 670).

Eine generell stärkere Besteuerung von Kapital in Form einer progressiven Vermögenssteuer wäre daher ebenso denkbar wie eine höhere Erbschaftssteuer, die sich ähnlich entwickelt hat (vgl. Piketty 2016: 675f; Van Parijs/Vanderborght 2017: 147f). Das derzeitige Steuer- und Abgabesystem vernachlässigt per Definition ererbtes Vermögen, da lediglich Einnahmen aus Kapital überhaupt besteuert werden, nicht jedoch das Kapital selbst (vgl. Piketty 2016: 665f). Eine derartige Finanzierung eines BGE könnte auch politische und zivilgesellschaftliche Zustimmung beeinflussen, da Kapitalabgaben auf die Spitzengehälter nur 1% – 10% der Bevölkerung betreffen würden. Außerdem herrscht bereits Unmut über die unterschiedliche Lastenverteilung, besonders in der am stärksten belasteten Mittelschicht (vgl. Piketty 2016: 666f). Die unterschiedliche Belastung verschiedener Bevölkerungs- und Einkommensgruppen ist zudem für Gerechtigkeitsüberlegungen und sozialen Folgen von Ungleichheit relevant. Es steht zu vermuten, dass eine derartige Umstellung des Steuersystems zu erheblichen Mehreinnahmen führen würde, die zur Finanzierung eines BGE beitragen könnten.

Dividenden

Eine weitere Möglichkeit stellt die Finanzierung über Dividenden aus Kapitalfonds dar. In diesem Fall würden vorher festgelegte Einnahmen in einen eigens für diesen Zweck kreierten, unabhängigen Kapitalfonds fließen und dessen Dividende in Form einer regelmäßigen Auszahlung gleichmäßig verteilt. Vorschläge für die Einlagen sind z. B. die Besteuerung der Nutzung von nicht erneuerbaren, natürlichen Ressourcen oder auch der Atmosphäre (Kohlendioxidsteuer). Auch Einnahmen aus den bereits erwähnten Reichtums-, Erbschafts- oder Wertschöpfungssteuern könnten in einen Kapitalfonds fließen (vgl. Van Parijs/Vanderborght 2017: 149ff).

Ein Musterbeispiel für eine derartige Finanzierung ist der bereits erwähnte Alaska-Permanent-Fund. Seit dessen Einrichtung 1976 fließen 25% der lokalen Rohstoffeinnahmen an den staatlichen Kapitalfonds. Die Hälfte des jährlichen Gewinns geht in Form einer Dividende seit 1982 an alle Einwohner Alaskas (~660 000 Personen im Jahr 2016) zu gleichen Teilen (vgl. Marinescu 2017: 19). Die Auszahlung erfolgt nach einmaliger Anmeldung bedingungslos und steht den Staatsbürgern von Alaska zur freien Verfügung (vgl. APFC History 2018). Der Betrag schwankt allerdings von Jahr zu Jahr, unter anderem auch, weil die Regierung einen Teil der Dividende einbehalten kann. Es handelt sich also nicht um eine im Voraus einplanbare Summe. Weiterhin ist die Höhe der Summe nicht annähernd subsistenzsichernd. Für das Jahr 2016 betrug die Dividende 1.022 US$ pro Person (vgl. Alaska Department of Revenue 2018). Ein zweites Beispiel einer universellen Dividendenauszahlung dieser Art ist die Eastern Band of Cherokee Indians Casino Dividend (EBC). Seit 1993 erhalten alle Mitglieder der EBC nation (n=~16 000) eine anteilige Dividende aus dem Gewinn des ansässigen Kasinos. Die Dividende wird halbjährlich ausgezahlt, beläuft sich auf 4.000 – 6.000$ pro Jahr pro Person und wird wie versteuerbares Einkommen behandelt (vgl. Marinescu 2017: 15). Diese Form kapitalgedeckter Finanzierung für eine bedingungslose Auszahlung eines Teil-BGE wurde damit als einzige bereits erfolgreich ausprobiert.

Varoufakis und die Europäische Initiative DiEM machten 2016 den Vorschlag, ein europaweites BGE aus Kapitaldividenden von Unternehmen zu finanzieren (vgl. Varoufakis 2016a: 3). Unternehmen profitieren direkt durch öffentlich-private Partnerschaften für Forschung und Innovationen und indirekt über die generelle staatliche Forschungsförderung von öffentlichen finanziellen Fördermitteln. Die Unternehmen sollten aus diesem Grund einen Teil ihrer Gewinne als Ausgleich an die Gesellschaft zurückfließen lassen. Der genaue Satz stünde hierbei zur Diskussion, doch die Renditen sollten, wie im Falle des Alaska-Permanent-Fund, in einen Kapitalfonds fließen, aus dem dann ein (Teil-)BGE für alle Bürger finanziert würde (vgl. Varoufakis 2016a: 3). Varoufakis hebt dabei hervor, dass es sich bei einer solchen Abgabe nicht um eine Steuer handele, sondern um eine gesellschaftliche Dividende an Gewinnen, die Konzerne mit Hilfe öffentlicher Investitionen erzielen. Anders als bei einer Finanzierung über Einkommens- oder Konsumsteuern würde diese Art der Finanzierung vor allem die Gewinnmargen großer Unternehmen betreffen. Weiterhin könnte eine derartige Abgabe ohne vorausgehende tiefgreifende Veränderungen der Sozialsysteme oder Steuersysteme implementiert werden, was eine graduelle Anpassung ermöglicht. Eine Voraussetzung wäre in diesem Fall lediglich, dass derartige Teil-BGE-Zahlungen unabhängig von sozialer Unterstützung durch die Sozialsysteme ausgezahlt und nicht verrechnet würden (vgl. Varoufakis 2016a: 3).

Auch Van Parijs und Vanderborght (2017) schlagen ähnliche Konzepte für die europäischen Länder vor, welche z. B. auf einer Abgabe für die Verunreinigung der Atmosphhäre für Unternehmen (Kohlendioxidsteuer) beruhen könnten (vgl. Van Parijs/Vanderborght 2017: 149f). Für eine kapitalgedeckte Finanzierung spricht, dass die Kapitalrenditen (ca. 4% – 5%) der letzten Jahre deutlich über den Wachstumsraten (um die 1,5%) lagen und dieser Trend sich vermutlich fortsetzen wird. Ein generelles Problem großflächiger kapitalgedeckter Finanzierung ist allerdings, dass eine Abhängigkeit von den Finanzmärkten und Inflationsraten besteht, was die Gewinne deutlich volatiler macht als z. B. Sozialumlagen oder Steuern (vgl. Piketty 2016: 654f). Beispielhaft sind hierfür auch die beiden bestehenden Dividenden-Projekte, deren Auszahlungen starken Schwankungen unterliegen (vgl. Alaska Department of Revenue 2018).

Geldschöpfung

Grundsätzlich wäre es auch möglich, ein Grundeinkommen – zumindest teilweise – über Geldschöpfung zu finanzieren (vgl. Van Parijs/Vanderborght 2017: 152f). Dieser Vorschlag wird oft mit dem Argument der Inflationsgefahr verworfen, doch es gäbe Möglichkeiten der Umsetzung. Es wäre z. B. durch eine grundlegende Reform des Finanzsektors möglich, das Monopol über Geldschöpfung den staatlichen Banken zurückzugeben und privaten Banken zu entziehen. Eine Geldschöpfung und deren Ausschüttung an die Bürger in Höhe von etwa der jährlichen Wachstumsrate sollte so zu einer überschaubaren Inflationsrate führen (vgl. Van Parijs/Vanderborght 2017: 153f). Die andere – weniger radikale und mit dem derzeitigen System kompatible – Möglichkeit wäre eine Art „Quantative Easing (QE) for the People“, was bereits im Zuge der Finanzkrise zum Konsumanreiz vorgeschlagen wurde. Derartige QE-Geldschöpfungsmaßnahmen könnten allerdings nur temporär, also zur Überbrückung oder als Starthilfe genutzt werden, da sie bei dauerhaftem Einsatz tatsächlich sehr hohe Inflationswerte verursachen (vgl. Van Parijs/Vanderborght 2017: 153f).

Bürokratieabbau

Eine weitere anteilige Finanzierungsquelle für ein BGE könnten finanzielle Einsparungen durch den Abbau des derzeit notwendigen bürokratischen Apparats sein. Für die Sicherstellung der Einhaltung der bedarfsgeprüften Grundsicherung sind weitgehende Kontrollen notwendig. Die Prüfung von Ansprüchen auf bedarfsorientierte Grundsicherung erfordert von den „Bedürftigen“ eine weitreichende Offenlegung nicht nur ihrer Einkünfte, sondern auch ihrer Lebenssituation inklusive Partnerschaft, Familiensituation etc., welche für die Berechtigung auf Transferzahlungen miteinbezogen werden. Die Kontrolle der Richtigkeit aller dieser Angaben sowie deren fortlaufende Prüfung erfordert den Einsatz von Arbeitskraft und Ressourcen, die bei einem BGE entfallen und zur Finanzierung desselben beitragen würden (vgl. Kipping 2010: 197).

Finanzierungskritik

Die ökonomische Kritik an der Finanzierung eines BGE durch die Besteuerung von Gewinnen, Vermögen, Erbschaft oder anderen Kapitalabgaben bleibt sich größtenteils gleich: Es wird angenommen, dass sie Fortschrittsmöglichkeiten erfolgreicher Unternehmen einschränken bzw. Investoren und Kapital abschrecken würden. Dies gilt jedoch nach dieser Argumentation grundsätzlich für alle Formen von Steuern und Abgaben, da diese sich notwendigerweise auf irgendeine Aktivität beziehen (vgl. Shiller 2017). Steuern und Abgaben sind aber immer notwendig, um staatliche Leistungen und öffentliche Güter zu finanzieren. Steuern sind Ausdruck des gesellschaftlichen Teilungsverhältnisses, das demokratisch ausgehandelt werden sollte (vgl. Piketty 2016: 662f). Ob eine Steuer sich letztendlich negativ auf die Gesamtwirtschaft auswirkt, hängt von einer Reihe an Faktoren ab, die von der Art der Implementierung und dem Wirtschaftsraum bis zu den strukturellen Veränderungen durch die Steuer reichen. Die derzeitige Besteuerung ist kein ökonomischer Idealwert, sondern ein historisch gewachsenes Verhältnis (vgl. Piketty 2016: 770ff).

Auf Grundlage dieser Ausführungen wird in dieser Arbeit davon ausgegangen, dass eine Finanzierung über Besteuerung bzw. Abgaben auf Arbeit, Finanzkapital oder die Nutzung bestimmter Ressourcen grundsätzlich ökonomisch möglich wäre. Die politische Machbarkeit hingegen steht auf einem anderen Blatt.

Wer hierzulande etwas nicht will, der rechnet einem immer als Erstes vor, dass es nicht bezahlbar sei (Werner 2007: 209).

4.1.2     Inflation

Eine der Gefahren bei der Einführung eines Grundeinkommens ist eine schnell steigende Inflation. Die Einführung eines BGE macht es wahrscheinlich, dass die Zunahme an Kaufkraft der unteren Einkommen zu einer temporären Inflation führt, die vermutlich gerade lokal produzierte Güter und den Wohnungsmarkt betreffen würden. Dies gilt jedoch für alle Maßnahmen, die die Kaufkraft der unteren Einkommensschichten verbessern, nicht nur für ein BGE (vgl. Van Parijs/Vanderborght 2017: 133f).

 Das Ausmaß dieser Gefahr ist hingegen stark von der Ausgestaltung des BGE – der Höhe des Betrags, aber vor allem der Einführungsgeschwindigkeit und der Größe der Fläche, auf der es eingeführt wird, etc. – und der Art der Finanzierung abhängig. Die Inflationsgefahr ist grundsätzlich größer, wenn ein großer Teil des BGE durch die Zunahme der Geldmenge durch Geldschöpfung oder Transfers aus dem Ausland finanziert wird. Wenn das BGE durch Umverteilung der innerhalb einer Gesellschaft zirkulierenden Geldmenge finanziert würde, bliebe die Inflationsrate stabiler (vgl. Van Parijs/Vanderborght 2017: 133f). Die meisten Finanzierungsmodelle, wie z. B. auch die oben genannten, sehen auch aus diesem Grund vor, ein BGE größtenteils über Umverteilung zu finanzieren. Das Ausmaß der Inflation wäre weiterhin größer, wenn ein BGE innerhalb von kurzer Zeit und auf einer geographisch großen Fläche eingeführt würde. Dies könnte durch politische Maßnahmen, wie z. B. eine graduelle Einführung des BGE für verschiedene Bevölkerungsgruppen eingedämmt werden (vgl. Van Parijs/Vanderborght 2017: 134). Ein Beispiel hierfür wäre, ein BGE zunächst nur für Rentner einzuführen. Auch ein graduelles Anheben der Höhe des BGE auf ein (zu diskutierendes) Subsistenzniveau wäre möglich und würde den Effekt mindern. Die Inflationsgefahr müsste demnach bei der Einführung eines BGE beachtet und entsprechende Maßnahmen zur Eindämmung müssten getroffen werden. Es ist unwahrscheinlich, dass bei einer wohlüberlegten Einführung der Inflationseffekt die positiven Auswirkungen eines BGE aufrechnen würde (vgl. Van Parijs/Vanderborght 2017: 134).

4.1.3     Immigration

Ein nicht global ausgelegtes BGE könnte zu Immigrationszuwachs in Ländern mit einem BGE führen (vgl. Schneider 2017: 10). Ein sehr schneller sehr großer Bevölkerungszuwachs und damit verbundene Zunahme der BGE-Bezüge würde die Finanzierbarkeit eines BGE und die Funktionsfähigkeit eines BGE-gestützten Wirtschaftssystems gefährden. Daher könnte es problematisch sein, z. B. in einzelnen Ländern innerhalb des europäischen Schengen-Raums ein BGE einzuführen. In diesem Fall wäre anzunehmen, dass – besonders wenn es sich dabei um wirtschaftlich stärkere Länder wie Frankreich, Deutschland o. a. handelte – aufgrund relativ geringer geographischer Entfernung und der Reise-, Arbeits- und Niederlassungsfreiheit ein vermehrter Zuzug aus anderen EU-Ländern einsetzen würde (vgl. Butterwegge 2009: 274; Enste/Schneider 2016: 27ff). Zielführender wäre es, ein BGE beispielsweise auf EU-Ebene einzuführen als in einzelnen Ländern.

Es ist anzunehmen, dass ein BGE auch für Menschen aus anderen Weltregionen einen Migrationsanreiz darstellen könnte. Allerdings ziehen auch so Migranten und Flüchtlinge in die reichen Industrieländer. Ein Vorschlag dahingehend lautet, ein BGE an die Staatsbürgerschaft zu knüpfen (vgl. Werner 2007: 77).  Der direkte Anreiz würde dadurch gemindert und der Wirtschaftsraum vorläufig geschützt Ein solches Arrangement würde wiederum die Frage aufwerfen, wie Nicht-Staatsbürger sozial abgesichert werden sollten. Allerdings tut das jede Art von Eingrenzung sozialer Absicherung auf eine Gruppe, die nicht die ganze Weltbevölkerung umfasst, nicht nur ein BGE. Die Ankunft von einer großen Zahl an Flüchtlingen und Migranten aus Nicht-EU-Ländern stellen die europäischen Länder bereits derzeitig vor große Herausforderungen. Dies ist nicht von der genauen Art der Verteilung von Sozialtransferleistungen abhängig (vgl. Werner 2007: 77). Wenn das Ziel eine graduelle Erweiterung eines BGE auf alle Weltregionen ist, würden sich diese Probleme auf lange Sicht von selbst lösen.

4.2      Arbeitsmarkteffekte

Im folgenden Kapitel wird der Einfluss eines BGE auf Lohn- und Einkommensentwicklung und den materiellen Arbeitsanreiz sowie mögliche Veränderungen der zeitlichen Verteilung von Erwerbsarbeit und anderen Lebensbereichen diskutiert.

4.2.1     Lohn- und Einkommensentwicklung

Die Lohnentwicklungen wären bei Einführung eines BGE stark von der Ausgestaltung und Finanzierung desselben abhängig. Wie bereits erwähnt, könnte die Ausgestaltung sehr unterschiedliche Arbeitsanreize hervorrufen, weshalb die genaue Lohnentwicklung schwer generell prognostizierbar ist. Trotzdem können einige grundsätzliche Annahmen über die Wirkung eines BGE auf das Gleichgewicht am Arbeitsmarkt gemacht werden, um die möglichen Auswirkungen eines BGE aufzuzeigen.

Die reichsten 30% der Gesellschaft würden unter den meisten vorgeschlagenen Modellen mehr zahlen als bisher (vgl. Van Parijs/Vanderborght 2017: 134ff; vgl. Schneider 2017: 5). Für Lohnentwicklungen fiele ein BGE in diesem Segment vermutlich nicht wesentlich ins Gewicht, allerdings wird dieser Punkt in der Literatur nicht umfassend behandelt. Die Diskussion dreht sich an dieser Stelle eher um Gerechtigkeitsfragen oder mögliche Steuerflucht der reichsten Gesellschaftsschicht.

Lohnveränderungen für die mittleren Einkommensschichten sind am schwersten pauschal zu prognostizieren. Es werden zwei gegenteilige Argumentationen in Bezug auf die mittleren Einkommen unterschieden. In der ersten wird angenommen, dass ein BGE zu langfristiger Lohnreduktion für die mittleren Schichten führt. Da das Argument der Subsistenzsicherung durch den Lohn Teil der Verhandlungsmacht der mittleren Einkommensschichten sei, könne dessen Wegfall die Notwendigkeit für gerechte Löhne – im Sinne von Teilhabe am kapitalistischen Gewinn und Erfolg – unterminieren. In Folge würde ein BGE wie eine Lohnsubvention wirken. Während das Einkommen sich zunächst kaum verändern würde, verringere sich der Arbeitslohn deutlich (vgl. Spannagel 2015: 13ff). Eine langfristige Reduktion wiederum könnte dadurch entweder zu einer Vergrößerung des Niedriglohnsektors und damit zu mehr sozialer Spaltung führen, oder aber zu einer verringerten Arbeitsmarktpartizipation. Der zweite Argumentationsstrang prognostiziert hingegen einen Anstieg der Löhne. Die durch die Subsistenzsicherung gewonnene Grundmachtstellung und auch Arbeitsmarktflexibilität der Menschen würde bei zu geringen Löhnen zu einer Verknappung der verfügbaren Arbeitskräfte führen, weshalb in Reaktion Löhne – besonders in physisch oder psychisch stressreichen Berufen – erhöht werden müssten. Es ist wahrscheinlich, dass verschiedene Branchen unterschiedliche Entwicklungen durchlaufen würden, je nachdem, welche Nachfrage und welche spezifischen Anreize vorliegen. Weiterhin wäre entscheidend, ob bzw. wie stark die Einführung eines BGE mit einer weitgehenden Deregulierung des Arbeitsmarkts einherginge, wie im Zuge neoliberaler BGE-Modelle häufig vorgeschlagen wird. Eine Entwicklung hin zu niedrigeren Löhnen würde in diesem Fall stark begünstigt (vgl. Spannagel 2015: 13ff).

Für im Niedriglohnsektor Beschäftige und derzeitig Arbeitslose werden im Gegensatz dazu fast einheitlich positive Effekte erwartet, denn diese Gruppen könnten den wohl größten finanziellen Zugewinn durch ein BGE erhalten. Dazu entscheidend beitragen könnte eine Aufhebung der sozialrechtlich bedingten Armutsfalle, die in den meisten westlichen Ländern durch die bedarfsgeprüfte Sozialsicherung entsteht. Als Armutsfalle wird die Verrechnung von Zuverdiensten mit bestehenden Transferleistungen bezeichnet. Diese Verrechnung erschwert es Menschen mit niedrigem Einkommen, ihre finanzielle Situation durch Arbeit zu verbessern, da das zugewonnene Einkommen ihren Anspruch auf Transferleistungen bis zur Bedürftigkeitsgrenze fast linear senkt. Dadurch bleibt das Nettoeinkommen für Niedriglöhner häufig langfristig konstant und zwar fast gleichgültig, in welchem Verhältnis ihr Einkommen sich aus Lohneinkommen und Transferleistungen zusammensetzt (vgl. Enste/Schneider 2016: 8).Der materielle Anreiz, eine Arbeit anzunehmen, wird folglich verringert, da der Aufwand und der materielle Zugewinn in einem sehr schlechten Verhältnis stehen. Es wird angenommen, dass diese steuerlich bedingte Armutsfalle für Arbeitslose bisher Anreize setzt, gering bezahlte Arbeitsstellen nicht anzunehmen (vgl. Enste/Schneider 2016: 7ff).

Ein BGE würde nicht wie derzeitige soziale Transferleistungen mit dem Einkommen verrechnet, das Problem würde daher obsolet. Das BGE als verrechnungsfreier Grundbetrag würde das Nettoeinkommen für viele Beschäftigte im Niedriglohnbereich insgesamt anheben und damit jede Arbeit lukrativer werden lassen (vgl. Van Parijs/Vanderborght 2017: 135ff). In ähnlichem Sinne wie bei den mittleren Einkommensschichten kann darauf aufbauend argumentiert werden, dass hier sowohl eine Ausweitung als auch eine Eindämmung des Niedriglohnsektors möglich wäre. Eine Ausweitung käme vermutlich durch eine generelle Erhöhung der Beschäftigung zustande. Eine Eindämmung der Niedriglöhne könnte aus der Verbesserung der Verhandlungsposition resultieren. Da gerade im bestehenden Niedriglohnsektor schlecht bezahlte Arbeiten häufig körperlich anstrengend, monoton und unangenehm sind, könnte eine Lohnerhöhung als materieller Anreiz notwendig werden oder sogar wichtiger sein als bei interessanten oder angenehmen Arbeiten, die auch intrinsische Motivation wecken können (vgl. Spannagel 2015: 13ff).

Eine besonders positive Auswirkung wird auf alle Arten von selbstständiger Arbeit erwartet. Die ökonomische Sicherheit durch ein BGE hätte mit großer Wahrscheinlichkeit einen fördernden Effekt auf Kleinunternehmen und Selbstständige, da die Kosten des Experimentierens mit der Selbstständigkeit sowie das Risiko im Falle eines Scheiterns weit geringer wären. Dies würde Innovation und Kreativität Raum geben und die selbständige Umsetzung von Ideen somit fördern (vgl. Van Parijs/Vanderborght 2017: 20-24; Standing 2017: 98f).

In ähnlichem Maße würde Berufseinsteigern Zugang zu gering bezahlten oder unbezahlten Einstiegsprogrammen oder Praktika in Arbeitsbereichen ermöglicht, zu denen derzeitig nur bereits Besitzende Zugang haben. Dies könnte die soziale Mobilität fördern und effizient Chancen für Menschen bieten, sich Bereichen zu widmen, die sie interessieren. Teilzeitarbeit, individuelle Auszeiten, Elternzeiten und Übergangs- und Umorientierungszeiten würden erleichtert und abgesichert. Ein BGE würde so Menschen auf dem flexiblen Arbeitsmarkt, der zunehmend von Projektarbeit, Teilzeitarbeit etc. bestimmt wird, absichern (vgl. Van Parijs/Vanderborght 2017: 20-25). Dies gilt auch für Phasen ungewollter Arbeitslosigkeit, in denen Menschen nicht nur bedingungslos abgesichert wären, sondern auch ausreichend Zeit hätten, eine ihren Qualifikationen und Interessen entsprechende Arbeit zu finden. Gerade im bestehenden deutschen System ist das oft nicht der Fall, da Menschen Arbeiten annehmen müssen, die weit unter ihren Qualifikationen liegen. Sowohl der Zwang, unpassende Arbeiten anzunehmen als auch der zeitliche Aufwand des bürokratischen Prozesses der Bedarfsprüfung für soziale Unterstützung erschwert es den Arbeitssuchenden aufgrund von Zeitmangel, effizient eine Arbeit zu finden, die für sie nicht nur interessant und sinnvoll ist, sondern in der sie mit ihren Qualifikationen auch mehr beitragen können (vgl. Spannagel 2015: 12). Die grundlegende materielle Absicherung flexibler Arbeitsbedingungen durch ein BGE hat großes Potenzial sowohl für Arbeitgeber als auch für Arbeitnehmer, den Arbeitsmarkt so zu verändern, dass das Humankapital aller Bürger sich positiv und für die Gesellschaft zuträglich entfalten kann.

4.2.2     Materielle Arbeitsanreize und Arbeitszeit

Ein weiterer Diskussionspunkt bei der Frage nach den Auswirkungen eines BGE ist der Arbeitsanreiz bzw. die Motivation zu arbeiten. Es gehört zu den Hauptbedenken gegen ein BGE, dass die Bereitstellung einer finanziellen Lebensgrundlage die Anreize zu arbeiten reduzieren würden An dieser Stelle wird der Argumentation für ein BGE oftmals ein logisch-struktureller Bruch unterstellt: Da Menschen der materielle Arbeitsanreiz genommen würde, wenn ihre Subsistenz und gesellschaftliche Teilhabe gesichert seien, könne ein BGE keinen Bestand haben, da es auf die eine oder andere Weise aus Gewinnen, also aus wirtschaftlichem Überschuss finanziert werden müsse. Es könne demnach nur existieren, solange die Bürger ausreichend motiviert seien, den Wirtschaftskreislauf in einem ausreichenden Ausmaß aufrechtzuerhalten, um einen solchen Überschuss zu produzieren (vgl. Schneider 2017: 7).

Wird in einer ökonometrischen Nutzenfunktion die Arbeitszeit dem Einkommen gegenübergestellt, begegnet man der Problematik, dass sich die Idealarbeitszeit auf null Stunden verschiebt, da die Grundbedürfnisse, und damit der größte Anreiz zu arbeiten, bereits gesättigt sind. Modellierungen dieser Art stellen eine Nutzenfunktion auf und setzen Freizeit und Arbeitszeit ins Verhältnis zu Lohn (Konsummöglichkeiten) und Steuerabgaben. Laut diesen Modellen besteht demnach erstens die Gefahr, dass Teile der Bevölkerung auf Erwerbsarbeit verzichten. Zweitens wird vorausgesagt, dass für diejenigen, die Erwerbsarbeit und damit mehr Konsummöglichkeit der „Freizeit“ vorziehen, die Kosten-Nutzen-Kurve deutlich flacher verläuft, d. h. die ideale Wochenarbeitszeit nicht bei einer Vollzeitarbeitsstelle von ca. 40 Stunden pro Woche liegt, sondern eher im Bereich von 20 – 25 Stunden (vgl. Schneider 2017: 6f). In der Literatur wird dies als Einkommenseffekt bezeichnet. Der Einkommenseffekt beschreibt ein Schwinden des materiellen Arbeitsanreizes bei zunehmendem Einkommen. Je höher ein Einkommen ist, desto mehr verringert sich der Nutzen jedes weiteren Zugewinns, da Bedürfnisse zunehmend befriedigt sind. Wenn beispielsweise durch ein BGE der individuell optimale Trade-Off zwischen Arbeit und Freizeit bereits nach weniger Arbeitsstunden als der derzeitigen Vollzeitbeschäftigung erreicht ist, da ein BGE einen Teil des finanziellen Bedarfs substituiert, führt dies zu einem Rückgang der Arbeitsmarktpartizipation (vgl. Schneider 2017: 6; Van Parijs/Vanderborght 2017: 136f).

In einer repräsentativen Umfrage von 2017 äußerten sich Menschen unterschiedlich zu der Frage, ob sie bei Erhalt eines BGE ihre Arbeitszeit reduzieren würden. Arbeitskräfte in Pflegeberufen und Aushilfsberufen würden ihre Wochenarbeitszeit mit 6 Stunden pro Woche überdurchschnittlich stark verringern wollen, während der Durchschnitt bei 4 Stunden pro Woche liegt. Akademiker, Sozialarbeiter, Angestellte in Industrie oder Handwerk würden ihre Wochenarbeitszeit hingegen unterdurchschnittlich verringern wollen (vgl. Haigner et al. 2010: 29ff). Auffällig ist hier bereits, dass die stärkste Arbeitszeitreduktion von Menschen in Berufen gewünscht wird, welche oftmals stark erhöhte physische und psychische Belastungen mit sich bringen. Gerade im Bereich der Pflege ist Überlastung und Zeitknappheit ein weithin bekanntes Problem (vgl. Bispinck et al. 2012: 22ff). Menschen mit sehr belastenden oder monotonen Jobs würden ihre Arbeit sowohl durchschnittlich am meisten reduzieren als auch am häufigsten vollständig aufgeben wollen (vgl. Haigner et al. 2010: 29). Der Durchschnitt der arbeitenden Menschen möchte die eigene Arbeitszeit reduzieren, allerdings nur um etwa 10% der Wochenarbeitszeit (vgl. Haigner et al. 2010: 31). Der Wunsch nach einer durchschnittlichen Arbeitszeitreduzierung von 10% entspricht ebenfalls den Ergebnissen der Befragungen der Bundesregierung für den Arbeitszeitreport, der nicht im Zusammenhang mit einem BGE stand (vgl. BAuA 2016: 86ff). Dem entgegen stehen derzeit Nicht-Erwerbstätige: Arbeitslose planen nach einer Einführung des BGE, ihr Arbeitsangebot um mehr als 18 Stunden pro Woche zu steigern während Rentner und Hausfrauen/-männer durchschnittlich 7 bzw. 6 Stunden pro Woche zusätzlich arbeiten wollen. Momentan aus anderen Gründen Nicht-Erwerbstätigen geben an, nach einer BGE-Einführung im Durchschnitt 11 Stunden pro Woche arbeiten zu wollen (vgl. Haigner et al. 2010: 26f). Insgesamt würde sich das Arbeitsangebot bei Einführung eines BGE laut dieser Studie durchschnittlich um 2,4 Stunden pro Wochen pro Person erhöhen. Der Arbeitsrückgang würde folglich vollständig kompensiert bzw. überkompensiert (vgl. Haigner et al. 2010: 31).

Folgt man den Eigenaussagen der Menschen, so müsste ein BGE zu einer gleichmäßigeren Verteilung von Arbeit in der Gesellschaft führen, da diejenigen, die derzeit wenig Erwerbsarbeit haben mehr, und die, die viel Erwerbsarbeit haben, weniger arbeiten wollen. Die Ergebnisse decken sich insofern mit der ökonometrischen Berechnung, als dass das Arbeitsangebot im Niedriglohnsektor steigen und das der mittleren Einkommensschichten leicht sinken würde. Allerdings würde dies laut der vorliegenden Studie nicht zu einem Gesamtrückgang des Arbeitsangebots führen. Sogar davon ausgehend, dass alle derzeitig Arbeitslosen bei Einführung eines BGE arbeitslos blieben, ihre Arbeitskraft also nicht nachgefragt würde, ergäbe sich hier trotzdem lediglich ein durchschnittlicher Rückgang von 0,3% der Wochenarbeitszeit des Arbeitsangebots (vgl. Haigner et al. 2010: 27).

Um zu testen, wie sich eine gewisse Einkommensgarantie auf den Arbeitsmarkt auswirkt, wurden bereits vor Jahrzehnten verschiedene Experimente mit einer negativen Einkommenssteuer (NIT) durchgeführt. Da hier die Auswirkungen einer Einkommensgarantie auf den Anreiz zur Teilnahme am Arbeitsmarkt untersucht werden, können die Ergebnisse dahingehend auch für ein BGE geltend gemacht werden. Die vier zwischen 1968 und 1982 durchgeführten NIT-Experimente von der US-amerikanischen Regierung waren die ersten randomisierten Kontrollversuche dieser Art in den Sozialwissenschaften (vgl. Marinescu 2017: 11). Das erste Experiment fand in städtischen Gebieten in New Jersey und Pennsylvania (1968 – 1972, n = 1.216) statt, die folgenden in ländlichen Gebieten in Iowa und North Carolina (1970 – 1972, n = 809), Gary, Indiana (1971 – 1974, n = 1.799) und Seattle, Washington (1970 – 1978, n = 4.800), welches 1972 auf Denver, Colorado ausgedehnt wurde. Das Seattle/Denver war das größte und langfristigste der vier Experimente, mit etwa 4.800 Teilnehmern (vgl. Marinescu 2017: 9f). Das NIT wurde per Haushalt ausgegeben und es gab verschiedene Auswahlverfahren, um eine möglichst repräsentative Stichprobe zu erhalten. Die meisten teilnehmenden Familien unterstützten mindestens eine nicht arbeitende Person und verdienten nicht über 150% der Armutsgrenze. Alle Experimente variierten durch verschiedene Kombinationen von Steuersätzen und Höhe der Einkommensgarantie. Da es sich um Versuche mit einer negativen Einkommenssteuer handelte, werden sie auch Income-Maintenance-Experiments genannt, also Einkommenserhaltungsexperimente (vgl. Marinescu 2017: 10).

In Manitoba, Kanada, wurde von 1974 bis 1979 ein ähnliches Regierungsprojekt unter dem Namen Mincome gestartet. Während es viele Ähnlichkeiten zwischen den Experimenten gibt und es sich auch in Kanada um ein NIT-Programm handelte, gab es auch einige Unterschiede. Anders als in den USA war das kanadische größtenteils ein Flächenexperiment: Das NIT wurde an alle 10.000 Bewohner der Kleinstadt Dauphin ausgegeben. Zusätzlich gab es noch eine randomisierte Stichprobe in der Stadt Winnipeg, welche den US-amerikanischen Experimenten ähnlicher ist (vgl. Marinescu 2017: 10). Das Mincome-Experiment war außerdem ausdrücklich als erster Schritt zu einem BGE gedacht, und nicht wie in den USA als ein Ersatz für oder Reform des existierenden Sozialsystems. Das Experiment wurde nicht wie geplant zu Ende geführt: Obwohl es vier Jahre dauerte, endete die Aufzeichnung der Daten nach einem konservativen Regierungswechsel bereits nach zwei Jahren. Die nicht ausgewerteten Daten überdauerten Jahrzehnte in Archiven, bis sie gefunden und ausgewertet wurden (vgl. Marinescu 2017: 10).

Der Erhalt der negativen Einkommenssteuer hatte in diesen Experimenten nur einen geringen Einfluss auf die Arbeitsmarktpartizipation. Der Großteil der Teilnehmer arbeitete wie gehabt: Menschen, die in Studien über längere Zeit einen Grundbetrag erhielten, gaben nicht häufiger ihre bezahlte Arbeit auf als Menschen, die diesen nicht erhielten. Grundsätzlich wurde beobachtet, dass es eine leichte Reduktion der Arbeitszeit der Teilnehmer gab, diese war jedoch in drei von vier Experimenten nicht statistisch signifikant. Die Teilnehmer des größten Experiments, die auch die höchste Einkommensgarantie erhielten verzeichneten einen leichten Rückgang der Arbeitsmarktpartizipation (4,6%). Einige teilnehmende Haushalte, bei denen die Einnahmen die Einkommensgarantie steuerlich aufwogen, beendeten allerdings vorzeitig die Teilnahme am Experiment, was die Stichprobe verzerrt haben könnte (vgl. Marinescu 2017: 10). Im Mincome-Experiment verzeichneten lediglich Frauen mit neugeborenen Kindern geringere Arbeitsmarkpartizipation sowie aus ärmeren Haushalten stammende Jugendliche. Es zeigte sich, dass dies auf längeres Verbleiben in der Schule zugunsten eines höheren Schulabschlusses zurückzuführen war (vgl. Marinescu 2017: 13).

Studien zum Alaska Permanent Fund konnten keinen signifikanten Effekt auf die Erwerbstätigenrate feststellen (vgl. Marinescu 2017: 19). Die bereits erwähnte EBC Casino Dividende ähnelt als individuell ausgezahlter, bedingungsloser Betrag den Rahmenbedingungen eines BGE am ehesten, allerdings ist auch diese Dividende nicht subsistenzsichernd. Studien zu Arbeitsmarktreaktionen konnten keinen Einfluss der Dividende auf das Arbeitskräfteangebot, Arbeitszeit etc. feststellen (vgl. Marinescu 2017: 15).

Feldstudien dieser Art weisen einige limitierende Faktoren auf. Forschungen an BGE- und NIT-Projekten können nur das Verhalten einer Gruppe von Individuen untersuchen, während der Rest der Gesellschaft unverändert bleibt. Es ist daher fraglich, ob ihr Verhalten gleich bleiben würde, wenn alle Mitglieder der Gesellschaft ein BGE oder eine NIT erhielten. Hinzu kommt, dass allen Teilnehmern der Experimente bewusst war, dass es sich um eine temporäre Auszahlung handelt. Hieraus könnten zwei gegensätzliche Schlüsse gezogen werden. Der Anreiz, durch eine temporäre Zahlung eine Verbesserung der Lebensumstände zu erzielen, könnte weitaus höher sein als im Falle einer dauerhaften und garantierten Zahlung, da durch die zeitliche Begrenzung die Notwendigkeit der Zukunftsvorsorge bestehen bleibt. Weiterhin könnte es bedeuten, dass eine Aufgabe der Arbeitsstelle als langfristig ungünstig angesehen und deshalb vermieden worden sein könnte (vgl. Schneider 2017: 7). Auf der anderen Seite wäre es jedoch auch denkbar, dass gerade mehr Menschen das Zeitfenster, in dem sie die Möglichkeit bekamen, sich Freizeit zu erkaufen, nutzten, da sie sich bewusst waren, dass dies ihre vielleicht einzige derartige Chance darstellte, dies jemals zu tun. Weiterhin ist es durchaus wahrscheinlich, dass gerade in den höher dotierten Experimenten die Teilnehmer geneigt waren, niedrigere Einkünfte anzugeben, als sie tatsächlich verdienten, was die Ergebnisse zu Arbeitszeiten und Arbeitsmarktpartizipation verzerrt haben könnte (vgl. Marinescu 2017: 10).

Sowohl ökonometrische Modellierungen zur Entwicklung des Arbeitsmarkts mit einem BGE oder einer NIT als auch empirische Studien zum Verhalten von Menschen bei Bezug von einer Einkommensgarantie lassen demnach nur bedingt Rückschlüsse auf Verhaltensmuster zu.

Die ökonometrischen Modellierungen haben zwei wichtige Einschränkungen. Zum einen basieren sie meist auf der Annahme, dass das bestehende Arbeitsvolumen auf dem Arbeitsmarkt durch das Arbeitsangebot bestimmt wird. Menschen arbeiten demnach so viel, wie sie es tun, weil dies ihre rational beste Option im Vergleich zu anderen Möglichkeiten ist. Hierbei werden jedoch Problematiken wie eine grundsätzliche Jobknappheit, ein Missverhältnis zwischen Jobangebot und den Qualifikationen, geographische Faktoren etc. ebenso wenig abgebildet wie andere, nicht-materielle Arbeitsanreize (vgl. Van Parijs/Vanderborght 2017: 145).

Die Hochrechnungen der genannten Variablen basieren zum anderen notwendigerweise auf der Datenlage des derzeitigen Arbeitsmarkts. Dieser Zusammenhang zwischen Arbeit, Freizeit und Lohn ist jedoch eingebettet in einen institutionellen und kulturellen Kontext, der nicht als Einflussfaktor abgebildet wird. Gesellschaftliche Kontexteinflüsse wie informelle Sozialnormen und Geschlechternormen, Verfügbarkeit von Kinderbetreuung, Arbeitsmarktregulierungen, Rentenregulierung, Rentabilität von Teilzeitarbeit und viele weitere Faktoren, die erwiesenermaßen einen starken Einfluss auf Arbeitsmarktpartizipation haben, bleiben so außen vor. Gerade bei diesen kontextvariablen materiellen und immateriellen Arbeitsanreizen würde ein BGE jedoch ansetzen. Ein BGE würde die Verhandlungsposition der Arbeiter, Arbeitsplätze anzunehmen oder abzulehnen, stärken und damit mit großer Wahrscheinlichkeit eine erhebliche Veränderung des Machtgleichgewichts auf dem Arbeitsmarkt hervorrufen. Eine Balance, bei der auch gering bezahlte Arbeiter ihre Position zu einem gewissen Grad auf dem Arbeitsmarkt verteidigen könnten, böte die Chance für andere Arten von ökonomischer Kooperation und Arbeitsverteilung, die von den ökonometrischen Modellierungen nicht abgebildet werden können (vgl. Van Parijs/Vanderborght 2017: 144-147).

Derartige Modellrechnungen geben relevante Denkanstöße zur Berücksichtigung von materiellen Anreizen auf dem Arbeitsmarkt im Hinblick auf ein BGE (vgl. Van Parijs/Vanderborght 2017: 144-147). Sowohl ökonomische Modellierungen als auch BGE- und NIT-Experimente weisen auf materielle Anreize hin, die bei Einführung eines BGE berücksichtigt werden sollten (vgl. Van Parijs/Vanderborght 2017: 137). Es ist allerdings zweifelhaft, wie viel sie über die Arbeitsmarkteffekte im generellen oder auch in speziellen Ländern unter Umständen aussagen können (vgl. Van Parijs/Vanderborght 2017: 145f).

Hinter der Annahme, dass ein BGE grundsätzlich den Anreiz zu arbeiten mindert (vgl. Friedman 2013: 14), steht die Idee, dass aller Arbeitsanreiz materieller Natur ist und der Mensch nach so wenig Arbeit wie möglich strebt. Dies ist jedoch eine Verhaltensannahme über Menschen generell, die empirisch nicht untermauert werden kann. Es gibt keinerlei Belege dafür, dass Menschen danach streben, grundsätzlich dauerhaft nichts zu tun. Ganz im Gegenteil dazu gibt es viele Belege dafür, dass Menschen freiwillig Arbeit verrichten, aus der sie keinen direkten materiellen Nutzen ziehen. Zwei Drittel der Menschen in Deutschland geben z. B. an, regelmäßig soziale Hilfeleistungen auszuführen, während etwa 44% festen ehrenamtlichen Tätigkeiten nachgehen (vgl. Gabriel et al. 2004: 343ff). Menschen helfen ihren Nachbarn, pflegen Familienangehörige und engagieren sich für ihre Gemeinde, obwohl ihnen daraus keine ökonomischen Vorteile entstehen. Vielmehr entstehen daraus ökonomische Nachteile, da weniger Zeit in die Erwerbsarbeit investiert werden kann. Nicht-materielle Arbeitsanreize wie Einbindung in ein sinngebendes Projekt und Teilhabe, Selbstständigkeit, Selbstwertgefühl, und sozialer Status sind nur einige Beispiele solcher Anreize (vgl. Gabriel et al. 2004: 340ff). Die Verhaltensannahme, Menschen strebten nach vollständiger Muße, greift folglich in vielerlei Hinsicht zu kurz. Es muss kein positives Idealbild eines Menschen angenommen werden, um zu sehen, dass Faktoren wie Bildung, soziales Umfeld, Gestaltung und Mitgestaltungsmöglichkeit der Arbeitsbedingungen einen Einfluss auf die Neigung eines Menschen haben, eine Arbeit annehmen zu wollen (vgl. Kipping 2010: 295).

4.2.3     Arbeit und Lebenszeit

Für die derzeitige Gesellschaft stellt sich grundsätzlich die Frage, warum Vollzeitbeschäftigung fokussiert werden sollte. Zum einen wird bereits mehr produziert, als konsumiert werden kann (vgl. Standing 2017: 101-104) und zum anderen werden die Bereiche der Gesellschaft, in denen tatsächlich noch Mangel herrscht, dabei vernachlässigt (vgl. Werner 2007: 42).

Dies zeigt sich in vielen Berufen, in denen Zeitdruck eine große Rolle spielt. Menschen, die bei ihrer Arbeit mehr zeitlichen Entscheidungsspielraum haben, melden durchgängig weniger Stress und mehr Zufriedenheit und Gesundheit (vgl. BAuA 2016: 58). Andersherum entstehen Produktivitätsverluste, wenn Menschen in Arbeitssituationen gezwungen werden, die keine der Grundbedingungen wie Interesse, gutes Gehalt, selbstbestimmte flexible Arbeitszeiten, etc. erfüllen (vgl. Cazes et al. 2015: 18ff). Fremdbestimmte flexible Arbeitszeiten, Überstunden und unermüdlicher Produktivitätsdruck führen außerdem bei vielen Menschen hingegen zu gesundheitlichen Problemen. Schlafstörungen, psychische Probleme, Überlastung und Stress nehmen ebenso zu wie die Unzufriedenheit der Menschen hinsichtlich ihrer Work-Life-Balance (vgl. BAuA 2016: 31ff). Ein Pilotversuch in Schweden untersuchte die Auswirkungen eines 6-Stunden-Tags auf Angestellte und stellte fest, dass dieser Stress und Schlafstörungen sowie Müdigkeit sowohl an Arbeitstagen als auch an freien Tagen verbesserte, Erschöpfung reduzierte und sich positiv auf die soziale Interaktion innerhalb von Familien auswirkte (vgl. Schiller et al. 2017: 109f).

Da Belastbarkeit, Stressempfindlichkeit und andere Faktoren zwischen Menschen, aber auch für einen Menschen im Laufe des Lebens und nach Lebenssituation variieren, wäre eine flexiblere Arbeitsgestaltung wünschenswert (vgl. BAuA 2016: 91ff). Die Wünsche über Veränderungen der Arbeitszeit belegen, dass diese mit Bedürfnissen verschiedener Lebenslagen zusammenfallen. Die Familienplanung spielt eine große Rolle, da besonders Frauen ihre Arbeitszeit reduzieren möchten, wenn sie Kinder bekommen. Umgekehrt besteht eine der größten Gruppen, die eine Arbeitszeitverlängerung wünscht, aus Frauen mittleren Alters mit Familie, vermutlich, da sich ihre Belastungen in Form von nicht bezahlter Arbeit in der Familie verringert hat (vgl. BAuA 2016: 91ff). Weiterhin möchten Menschen grundsätzlich ihre Arbeit umso mehr und öfter reduzieren, desto unzufriedener sie mit ihrer Arbeitssituation sind. Der Arbeitszeitreport stellt fest, dass die Verkürzungswünsche deutlich mit Befinden und Belastung der Betroffenen zusammenhängen sowie mit ihrer allgemeinen Lebenssituation (vgl. BAuA 2016: 89-93). Da die Veränderungen den Großteil der arbeitenden Bevölkerung betreffen, kann davon ausgegangen werden, dass auch bei Umsetzung dieser Wünsche, z. B. durch die Absicherung durch ein BGE, immer Arbeitskräfte zur Verfügung stehen.

Eine solche Neuausrichtung der Arbeitszeit, die eine bessere individuelle Anpassung ermöglicht, wäre nicht nur für die Arbeitnehmer wichtig, sondern auch für die Empfänger der Dienstleistungen. Denn mit einer ausschließlichen Ausrichtung auf Produktivität können keine guten Dienstleistungen geschaffen werden, besonders wenn diese zum großen Teil auf menschlichem Kontakt beruhen. Die materielle Versorgung von Menschen ist nur ein Teil dieser Dienstleistungen, die andere ist menschlicher Kontakt, gemeinsame Zeit und Aufmerksamkeit. In den sozialen Dienstleistungsbereichen, beispielsweise in der Kinderbetreuung, ist ein gutes Ergebnis signifikant von Zeit und Aufmerksamkeit abhängig. Ähnliches gilt für die Altenpflege, bei der ebenfalls menschlicher Kontakt einen großen Teil guter Pflege ausmacht. Diese Komponente wird in der derzeitigen Arbeitswelt zunehmend wegrationalisiert, da sie nicht effizient optimierbar ist, d. h. mit weniger Einsatz an Zeit und Aufmerksamkeit zu erreichen ist (vgl. Werner 2007: 41ff).

Das „nächste große Ding“, die wahre Triebkraft der Märkte von morgen, ist aller Wahrscheinlichkeit nach der Mensch selbst. Gesundheit, Wohlbefinden, Ernährung, Bildung, Kultur, Spiritualität im weitesten Sinne – für die meisten dieser Bereiche werden wir auch in Zukunft Produkte generieren […] Aber das entscheidende auf diesen Feldern, auf denen wir ja zum Teil dramatisch unterversorgt sind, ist die Zuwendung von Mensch zu Mensch. Ganz gleich jedoch, ob sie dafür eine Bezahlung erhalten oder ob sie das, was ich „Kulturarbeit“ nenne, ehrenamtlich, in der Familie oder aus purem Vergnügen leisten werden – die Arbeit von Mensch zu Mensch wird eines niemals werden können: im industriellen Sinne produktiver. Auf dem Felde des Sozialen und Kulturellen wird immer Arbeit im Überfluss gefragt sein. Wir müssen sie uns bloß leisten wollen (vgl. Werner 2007: 42).

Eine vorteilhaftere Arbeitsumgebung, die ihren Arbeitnehmern mehr Entscheidungs- und Gestaltungsspielraum ermöglicht, hat großes Potenzial, sich langfristig positiv auf die Arbeitsmarktpartizipation und die einzelnen Menschen auszuwirken. Die durch ein BGE gewonnene Autonomie gäbe Arbeitnehmern mehr Einfluss auf eine Gestaltung ihres Arbeitsplatzes. Der Anreiz für Unternehmen bezüglich der Gestaltung von Arbeit würde von der ausschließlichen Ausrichtung auf Produktivität hin zu einer für Arbeitnehmer attraktiveren Arbeitsumgebung verschoben. Dies können materielle Anreize sein, jedoch vor allem immaterielle Faktoren wie die Reduktion von Stress und möglicherweise mehr Mitgestaltung, z. B. in Bezug auf die Arbeitszeiten. Diese Faktoren haben deutliche Auswirkungen auf das Wohlbefinden der Menschen und darüber im Endeffekt auch wieder auf ihre Arbeitsfähigkeit und Produktivität (vgl. Cazes et al. 2015: 20-26; BAuA 2016: 79ff).

4.3      Stabilität und Nachhaltigkeit

Ein BGE ist grundsätzlich kompatibel mit dem kapitalistischen Wirtschaftsmodell, d. h. das Prinzip des Wirtschaftswachstums als Motor des materiellen Wohlstands der Gesellschaft wird nicht zwingend in Frage gestellt. Konsum als treibender Faktor der kapitalistischen Wirtschaftsweise ist unabhängig von der tatsächlichen latenten Bedürfnisbefriedigung. Typischerweise verstehen es Menschen im 21. Jahrhundert sehr gut, aus virulenten Bedürfnissen laterale werden zu lassen. Ein BGE kann als Investition in jeden Menschen gesehen werden, die auch Marktteilhabe ermöglicht. Dieser Mechanismus ebenso wie die grundsätzliche kapitalistische Wirtschaftsweise werden durch ein BGE nicht grundsätzlich verändert (vgl. Werner 2007: 40ff). Verändert wird das Machtverhältnis auf dem Arbeitsmarkt und die zumindest ökonomisch gegebene Möglichkeit von Menschen, sich bestimmten Einflüssen und Zwängen zu entziehen. Dies kann zu einer generellen Abschwächung der materiellen Konsumanreize führen, muss es aber nicht zwingend (vgl. Fitzpatrick 2013: 264f). Zu großen Teilen hinge die Bedeutung möglicher Veränderungen von Arbeits- und Konsumanreizen bei Einführung eines BGE auch davon ab, welche politisch-ökonomischen und zivilgesellschaftlichen Ziele und Anreize gesetzt würden (vgl. Fitzpatrick 2013: 266ff).

Grundsätzlich würde ein BGE sich zudem in Krisenzeiten positiv und stabilisierend auf den Konsum auswirken, da das BGE die Kaufkraft der materiell schlechter gestellten Schichten besonders in wirtschaftlichen Rezessionen sichert und so zu einem Aufschwung und schneller Erholung des Wirtschaftskreislaufs beiträgt. Es sorgt für ausreichend Gewinne und Beschäftigung, um den Wirtschaftskreislauf aufrecht zu erhalten (vgl. Standing 2017: 100ff; Spannagel 2015: 14). Dies soll zwar potenziell auch durch die bestehenden Sozialtransfers erreicht werden, doch die zeitliche Verzögerung, Fehlerquote und Nicht-Annahme durch die bürokratische Administration der Bedarfsprüfung verringert hier die Effektivität (vgl. Becker 2007: 12).

Ein potenzieller Rückgang des Arbeitsangebots am Arbeitsmarkt könnte gesamtwirtschaftlich gesehen sowohl positive als auch negative Folgen haben. Wie eine mögliche grundsätzliche Reduzierung des Arbeitsvolumens, das auf Erwerbsarbeit entfällt, sich auf das Wirtschaftswachstum auswirken würde, wird von verschiedenen Wirtschaftsideologien/-theorien folglich sehr unterschiedlich bewertet (vgl. Van Parijs/Vanderborght 2017: 6). In den westlichen Industrienationen hat sich etabliert, Wirtschaftswachstum grundsätzlich als gut zu bewerten und als Zeichen des Wohlstands anzusehen. So konstatieren Ökonomen, dass das Wirtschaftswachstum in den letzten Jahrzehnten stark abgenommen hat und sehen dies als grundsätzliche Gefahr für die Wirtschaft (vgl. Hohenleitner/Straubhaar 2008: 13f).

Wirtschaftswachstum misst jedoch nur das Volumen der in der Gesellschaft gehandelten Güter bzw. Dienstleistungen. Wirtschaftswachstum als einzigen Grad der Wohlstandsmessung zu betrachten, führt deshalb dazu, dass zum einen auch Transaktionen, die sich negativ auf die Gesellschaft auswirken, als Zugewinn an Wohlstand gerechnet werden, wie z. B. Krankenhausaufenthalte, wirtschaftliche Ausbeutung von nicht erneuerbaren Naturressourcen, zu starke wirtschaftliche Nutzung von erneuerbaren Naturressourcen etc. Diese erhöhen zwar das Handelsvolumen, haben aber an anderer Stelle sowohl menschlich als auch wirtschaftlich negative Folgen wie Reduktion der Produktivität, Arbeitsausfälle, Krankheitskosten, nachhaltige Schädigung von Naturressourcen etc. Zum anderen wird ein großer Anteil nicht bezahlter Arbeit, ohne den die Gesellschaft nicht bestehen könnte, nicht mit einberechnet. Hierbei kommt es zu dem Paradox, dass z. B. Familien, in denen Kinder von den Eltern betreut werden, offiziell nicht zum Wirtschaftswachstum – also zur Wohlstandsmehrung – beitragen, Familien, die ihre Kinder in die Kita geben, aber schon. Das gleiche gilt für einen Großteil der zwischenmenschlichen Arbeit, die unbezahlt „ausgetauscht“ wird (vgl. McKay 2013: 11ff). Im BIP wird, mit anderen Worten, der Einfluss der Art des Handels nicht mit in die volkswirtschaftliche Gesamtrechnung eingerechnet (vgl. Bregman 2017: 102-108). Die angenommene Neutralität des Handelsvolumens wird jedoch dadurch, dass ein großer Teil der Arbeit, die zum menschlichen Glück und Wohlbefinden beiträgt, nicht mit einberechnet wird, tatsächlich ins Negative verzerrt. Daraus folgt die bizarre Konsequenz, dass unglückliche und kranke Bürger das BIP mehr steigern als gesunde und glückliche (vgl. Bregman 2017: 102-108).

Weiterhin wird im BIP nicht ausreichend reflektiert, welche Auswirkungen die Digitalisierung und die modernen Informationstechnologien auf die Gesellschaft haben. Viele technologische Innovationen ermöglichen große Fortschritte in der Verfügbarkeit von Daten und Informationen. Der immaterielle Wert der „Information Economy“ wird jedoch bisher nicht im BIP widergespiegelt, stattdessen wird der Anteil an Software-Verkäufen und der materiellen Technik als Grundlage genommen. Der Anteil der Verkäufe in diesem Bereich liegt jedoch heute in einem ähnlichen Bereich wie in den 1980er Jahren, bevor das Internet erfunden wurde. Es ist wohl kaum abzustreiten, dass die enormen Veränderung an Informationsverfügbarkeit einen immateriellen wirtschaftlichen Wert für die Gesellschaft haben, der nicht abgebildet wird. Digitale Informationen können zudem nicht mit bestehenden kapitalistischen Marktnormen berechnet werden, denn sie sind per Definition vom Moment ihrer Existenz an niemals knapp. Jede digitale Information ist mit verschwindend geringem Aufwand unendlich oft multiplizierbar und hat damit einen Marktwert, der gegen null tendiert (vgl. Brynjolfsson/McAfee 2014: 112).

Versuche von Indexen, die andere Faktoren mit einbeziehen, sind beispielsweise der Human Development Index, der Genuine Process Indicator oder Index of Sustainable Economic Welfare, die versuchen, verschiedene Faktoren immateriellen Wohlstands sowie ökologische Komponenten zu berücksichtigen. Die genannten zwischenmenschlichen Faktoren sind allerdings sehr schwer zu quantifizieren – u. a. weil ihr tatsächlicher Wert qualitativer und nicht quantitativer Art ist –, ebenso sind die ökologischen Faktoren nicht ohne weiteres in Zahlen ausdrückbar und vergleichbar. Es hat sich bisher noch keiner der neueren Indexe durchgesetzt, was großflächigere Vergleiche erschwert, zumal in den meisten Ländern noch nicht einmal ansatzweise Datensätze über die betreffenden Bereiche vorhanden sind (vgl. Bregman 2017: 116-119).

Seit langem existieren bereits berechtigte Zweifel an der Zukunftsfähigkeit der bestehenden, auf Konsum ausgerichteten Wirtschaftsweise. Ökologisch nachhaltigere Wirtschaftsmodelle werden oft unter dem Begriff Post-Growth-Economics diskutiert. Diese Ansätze beinhalten sowohl auf ökologische Nachhaltigkeit ausgerichtete Wirtschaftsmodelle als auch Modelle einer Teilhabegesellschaft, in der Erwerbsarbeit nicht mehr den Dreh- und Angelpunkt einer Gesellschaft darstellen soll, sondern gesellschaftliche Teilhabe und Teilnahme (vgl. Widerquist/Noguera 2013: 260ff).

Ein BGE könnte durch eine Verschiebung der Wohlstandsbemessung weg von alleiniger Konzentration auf Wirtschaftswachstum in Form von BIP-Zuwachs und hin zur Integration von freier Zeit, Care-Work und sozialem Engagement zu einer Wende nachhaltigeren Wirtschaftens beitragen. Wirtschaftlichkeit und Nachhaltigkeit eines BGE beruhen im Kern auf der Umorientierung von maximaler Partizipation am Arbeitsmarkt hin zu qualifizierter Partizipation, der langfristigen Entwicklung des Humankapitals und der Förderung des nicht-materiellen Wohlstandszuwachses (vgl. Van Parijs/Vanderborght 2017: 146). Folglich wird angenommen, dass das BGE auch wirtschaftlich im Endeffekt im Interesse aller Beteiligten, Konsumenten, Investoren und Arbeitskräfte liegt (vgl. Spannagel 2015: 14).

5       Gesellschaftlicher Zusammenhalt

Im folgenden Kapitel wird diskutiert, wie sich ein BGE auf den Zusammenhalt in der Gesellschaft auswirken könnte. Hierzu werden verschiedene gesellschaftliche Probleme beleuchtet.

5.1      Armut und Arbeitslosigkeit

Es gibt viele Vorurteile gegenüber Armut und Arbeitslosigkeit in der westlichen Welt. Beides wird häufig als selbstverschuldet bzw. als Charakterdefizit der Betroffenen dargestellt. So spricht z. B. Charles Murray von verarmten Menschen als einer „Underclass“. Diese sei eine zunehmend größer werdende Gruppe von materiell verarmten, teils gewalttätigen, ungebildeten und sittenlosen Menschen, die die restliche Bevölkerung gefährdeten (vgl. Murray 2013: 50). Die sich in Deutschland haltende Metapher von der sozialen Hängematte, in den USA von der schwarzen Welfare-Queen und der britische Ausdruck „going on the dull“ für Sozialhilfe sind Ausdruck dieser Haltung, die Bregman mit dem Satz „Free money makes people lazy“ zusammenfasst (vgl. Bregman 2017: 28).

5.1.1     Arbeitsmoral

Angelehnt an diese Haltung werden in der heutigen Gesellschaft arme und arbeitslose Menschen als faul angesehen. Man unterstellt ihnen, dass sie nicht arbeiten wollten (vgl. Spannagel et al. 2017: 3). Der Erhalt von sozialer Unterstützung führe dazu, dass die Motivation zu arbeiten, sich zu engagieren und sich in die Gesellschaft einzubringen durch den Bezug von Geld ohne eine aktive Gegenleistung untergraben würde (vgl. Enste/Schneider 2016: 25f).

Die grundsätzliche Belegung von Arbeit mit einem positiven Wert an sich ist historisch gesehen eine Erfindung der Neuzeit. Der ideologische Hintergrund wurzelt im Protestantismus, wo Arbeit als Weg der Heilsbestrebung und Muße als Gelegenheit zur Sünde angesehen werden (vgl. Werner 2007: 69f). Diese protestantische Arbeitsethik steht im Gegensatz zur Vorstellung von Arbeit und Muße in früheren Jahrhunderten, in denen Freizeit als Zeichen von Wohlstand und Bildung galt. Der Protestantismus stärkte hingegen die Vorstellung von Arbeit als Quelle von Wohlstand und Reichtum und vor allem auch als Legitimation für Eigentum (vgl. Werner 2007: 70f). Diese grundlegende Vorstellung wurde während der Aufklärung verfestigt und ist nach wie vor tief in der Gesellschaft verwurzelt. Erwerbsarbeitslosigkeit wird so als Problem aufgefasst, obwohl die Erledigung vieler Arbeitsprozesse durch Maschinen den Menschen mehr Zeit und Kraft für andere Tätigkeiten geben könnte (vgl. Werner 2007: 71ff).

Tatsächlich gaben bei einer Studie der Gesellschaft für Angewandte Wirtschaftsforschung mbH über 85% der befragten Arbeitslosen in Deutschland an, einer Tätigkeit nachzugehen, knapp 54% mindestens halbtägig, und ca. 35% gaben an, derzeitig Kinder oder Angehörige zu betreuen und zu pflegen. Die überwiegende Mehrheit gab an, bei Erhalt eines Grundeinkommens mehr und nicht weniger arbeiten zu wollen (vgl. Haigner et al. 2010: 22). Gesellschaftliche Faktoren wie Diskriminierung und Chancenungleichheit sowie die generelle Problematik der Kluft zwischen Qualifikation und verfügbaren Arbeitsplätzen werden in der öffentlichen Wahrnehmung nicht oder nur unzureichend berücksichtigt. Es gibt nämlich ausreichend Hinweise darauf, dass der Großteil der Menschen erstens bereits etwas zur Gesellschaft beiträgt, wenn auch nicht in Form von Erwerbsarbeit, und zweitens mehr beitragen würde, wenn sich die Möglichkeit ergäbe. Arbeitslosigkeit wird aber, ebenso wie Armut, als individuelles und nicht systemisches Problem gesehen. Diese Sichtweise ist nicht empirisch belegbar (vgl. Bregman 2017: 27f).

Aufgrund der oben geschilderten Annahmen hat die soziale Unterstützung in reichen Industrienationen mehr und mehr die Form von Erziehungsprogrammen angenommen (vgl. Spannagel et al. 2017: 3). Die Stigmatisierung armer Bevölkerungsschichten durch dieses System wird dabei als „motivierender“ Nebeneffekt angesehen, da angenommen wird, die Stigmatisierung habe eine abschreckende Wirkung und hielte Menschen davon ab, auf finanzielle Sozialhilfe zu vertrauen (vgl. Enste/Schneider 2016: 26; Standing 2017: 194ff).

5.1.2     Umgang mit Geld

Neben der Annahme von Faulheit wird davon ausgegangen, Menschen seien arm und blieben arm, weil sie schlechte finanzielle Entscheidungen träfen, entweder aus Unwissenheit oder aus Unfähigkeit. Sie investierten nicht in die „richtigen“ Güter, die ihre Situation verändern könnten und seien eher geneigt, über ihre Verhältnisse zu leben und in als „schlechte“ oder als „unnötig“ empfundene Güter zu investieren wie z. B. Rauschmittel oder Luxusgüter (vgl. Evans/Popova 2014: 2; Bregman 2017: 27f).

Bisher durchgeführte Studien, bei denen die Verwendung von bedingungslos zur Verfügung gestellten geldlichen Zuschüssen, auch monatliche subsistenzsichernde Zahlungen, untersucht wurden, können keine dieser Annahmen bestätigen. Vor allem aus dem globalen Süden gibt es eine Reihe von Studien, die zeigen, dass Menschen, die ein bedingungsloses Einkommen erhielten, das Einkommen mehrheitlich dazu nutzten, ihre Situation zu verbessern (vgl. Bregman 2017: 30). Ein Basic Income Grant Pilotprojekt in Namibia verzeichnete durchgehend positive Auswirkungen, die von einem ökonomischen Aufschwung über höhere Schulbesuchsrate von Kindern und einer Verringerung von Kriminalität und Krankheiten reichten. Der Alkoholkonsum der Bevölkerung erhöhte sich nicht und die teilnehmenden Bürger bildeten ein eigenständiges Komitee, das die Grant-Empfänger finanziell beriet (vgl. Haarmann et al. 2009: xviii-xxi). Eine vergleichende Metastudie der Weltbank von Projekten im globalen Süden konnte zudem explizit keinen Unterschied im Erwerb von Genussmitteln wie Tabak oder Alkohol zwischen nicht bedingungslosen und bedingungslosen Transferzahlungen feststellen (vgl. Evans/Popova 2014: 14). Für das Direct-Cash-Programm von Give Directly in Kenia wurde außerdem ein signifikant positiver Effekt auf die Stresslevel der Empfänger und ihre psychische Gesundheit festgestellt (vgl. Haushofer/Shapiro 2013: 19).

Die Studien unterliegen aufgrund der großen Unterschiede der Lebenssituationen einer Übertragungsproblematik in Bezug auf westliche Gesellschaften. Die extrem schlechte Ausgangssituation im globalen Süden könnte für stärkere Anreize zur Verbesserung der eigenen Situation sorgen als bei der Garantie eines Einkommens, das einen moderaten westlichen Lebensstandard ermöglicht (vgl. Enste/Schneider 2016: 21). Doch auch Projekte in reichen Industrienationen konnten positive Ergebnisse feststellen. Besonders Bregman weist in dieser Hinsicht auf in Europa durchgeführte Projekte zur Obdachlosenhilfe hin, an die die folgende Ausführung angelehnt ist (vgl. Bregman 2017: 25-33).

Ein im Jahr 2009 durchgeführtes Obdachlosenprojekt in London verteilte bedingungslos Geld an fünfzehn langfristig Obdachlose (4 – 40 Jahre Obdachlosigkeit), die bei den Sozialbehörden als sehr schwer zugängliche Fälle bekannt waren (vgl. Hough/Rice 2010: 6). Die Teilnehmer bekamen von einer Hilfsorganisation bedingungslos eine Summe von einmalig 3.000 Pound. Sie mussten keine Gegenleistung erbringen, um das Geld zu erhalten. Für das Geld erhielt jeder ein Konto, auf das er über einen Sozialarbeiter zugreifen konnte, der auf Wunsch beratend zur Seite stand, jedoch alle Ausgabewünsche der Teilnehmer zu veranlassen hatte (vgl. Hough/Rice 2010: 12ff). Das Ergebnis dieses Experiments steht in starkem Kontrast zu der Annahme, arme Menschen könnten nicht mit Geld umgehen. Alle Teilnehmer nutzten das Geld persönlich sinnvoll – z. B. für ein Telefon oder ein Hörgerät. Nach einem Jahr hatten sie durchschnittlich lediglich knapp 800 Pound ausgegeben (vgl. Hough/Rice 2010: 21ff). Viele Teilnehmer waren ausgesprochen sparsam und fragten nach einer möglichst günstigen Version ihrer Wünsche. Einer der Teilnehmer schlug außerdem vor, das Budget von 3000 Pound auf 2000 Pound zu verringern, da er nicht so viel benötige und so mehr Obdachlose Geld im Rahmen des Programms erhalten könnten (vgl. Hough/Rice 2010: 23). Nach eineinhalb Jahren hatten sieben wieder einen festen Wohnsitz und zwei weitere eine eigene Wohnung in Aussicht Alle fünfzehn hatten Schritte unternommen, um ihr Leben zu verändern und zu verbessern: sie nahmen wieder Kontakt zu ihren Familien auf, nahmen an Weiterbildungsmaßnahmen teil und machten Pläne für ihre Zukunft (vgl. Hough/Rice 2010: 56).

Dies war eine fundamentale Veränderung, denn die meisten Teilnehmer gaben zuvor an, keine Zukunftsaussichten zu haben (vgl. Hough/Rice 2010: 41). Intensive persönliche Betreuung war ebenfalls Teil des Projekts und sollte keinesfalls als Einfluss unterschlagen werden. Es muss jedoch hervorgehoben werden, dass die betreffenden Teilnehmer auf andere, langjährig versuchte Annäherungen durch Sozialarbeiter nicht eingegangen waren und zudem im Laufe des Projekts immer wieder ihre eigene Entscheidungsfähigkeit betonten (vgl. Hough/Rice 2010: 17, 28ff). Die Organisatoren des Projekts wiesen außerdem auf die Unterschiede des Ansatzes zur traditionellen Sozialhilfe hin: Sie gaben den Obdachlosen Zeit, nach ihrer eigenen Geschwindigkeit vorzugehen und überließen den Teilnehmern die Entscheidung, was sie wann und wie verändern wollten (vgl. Hough/Rice 2010: 36-38). Das Projekt wurde aufgrund des großen Erfolgs in den folgenden Jahren in London ausgeweitet, ist jedoch noch immer eine Ausnahme in der sozialen Hilfe (vgl. Hough/Rice 2010: 52-55).

Bemerkenswert an diesen Projekten ist, dass die Bedingungslosigkeit der Zahlungen in keinem Fall zu Faulheit oder zur gefürchteten Unselbstständigkeit führte. Auch die Konsumwünsche waren moderat und gut begründet und nicht luxuriös oder extravagant. Vielmehr versuchten Menschen, ihre Umstände zu verbessern, planten für die Zukunft, investierten in Bildung, verbesserten ihre Lebensumstände.

5.1.3     Psychologische Armutseffekte

Im letzten Kapitel wurde gezeigt, dass laut bisherigen Studien arme Menschen nicht grundsätzlich schlecht mit Geld umgehen können. Trotzdem neigen in Armut lebende Menschen empirisch gesehen häufiger zu bestimmten Verhaltensweisen, die dazu beitragen, dass sich ihre Situation nicht verbessert. Mani et al. nennen als Beispiele u. a. weniger Produktivität bei der Arbeit, eine verringerte Fähigkeit, sich an Zeitpläne und Termine zu halten und präventive Gesundheitsmaßnahmen zu ergreifen sowie weniger Aufmerksamkeit ihren Kindern gegenüber. Die meisten Erklärungen für diese Verhaltensweisen sehen die Auslöser entweder im sozialen Kontext oder, wie bereits erläutert, in persönlichen Verfehlungen der Betroffenen (vgl. Mani et al. 2013: 976). Mani et al. fanden in ihren Studien allerdings Hinweise, dass der psychische Stress, der durch die finanzielle Notlage entsteht, sich auf die Entscheidungsfähigkeit auswirkt (vgl. Mani et al. 2013: 980).

Bereits in den 1960er Jahren entstanden eine Reihe neuer ökonomischer Theorien, die empirische psychologische und kognitive Forschung stärker einbanden. Sie beruhen auf der Annahme, dass das Wirtschaftssystem und die in ihm agierenden Menschen ständig von einem Zustand des Mangels ausgehen, obwohl längst mehr als genug der lebensnotwendigen Güter produziert werden können und in der Tat auch produziert werden. Zu den Vertretern dieser Richtung gehört unter anderem der Ökonom Robert Theobald.  Sein 1966 erschienenes Buch „The Guaranteed Income“ argumentiert auf Basis einer „Post-Scarcity Economy“ oder auch „Economy of Abundance“ für ein garantiertes Grundeinkommen. Der Philosoph und Psychologe Erich Fromm stellt dazu folgende Theorie auf: Die Ausgangssituation der Menschen, die mit einem Grundeinkommen nicht mehr gezwungen seien, ständig ihre Lebensgrundlage im Auge zu behalten, führe zu einer veränderten Grundhaltung innerhalb der Gesellschaft. Mangel und Knappheit seien nicht nur äußerliche Zustände, sondern auch psychologische. Fromm nahm an, dass der von Knappheit geprägte kognitive Zustand eines Menschen (scarcity) unter anderem zu unsozialem Verhalten führe und die Tendenzen zu Gier, Egoismus etc. stärke. Die garantierte Lebensgrundlage gäbe den Menschen also nicht nur materielle Sicherheit, sondern verändere die kognitive Ausgangssituation ihrer Verhaltensgrundlage. Die „Psychologie der Fülle“ stärke Eigeninitiative, Vertrauen ins Leben und die Gesellschaft sowie Solidarität mit anderen Menschen (vgl. Fromm 2013: 5ff).

Eine Reihe von sozialpsychologischen Studien aus dem Bereich der Behavioural Economics konnten für viele dieser Annahmen inzwischen Belege finden. Ökonomische Sicherheit hat nicht nur eine materielle, sondern auch eine psychische Seite: Dauerhaft Knappheit oder „scarcity“ schränkt die kognitiven Fähigkeiten, das sogenannte kognitive Spektrum („mental bandwidth“), ein. Menschen – und zwar gleichgültig ob aus armen oder reichen Ländern – schneiden signifikant schlechter beim Ausführen von Tests und Aufgaben ab, wenn sie an ihre Geldprobleme erinnert werden (vgl. Mullainathan/Sha­fir 2014: 59ff). Laut Mani et. al. entspricht der Stress der Knappheit etwa dem Verlust von einer Nacht Schlaf. Sie weisen darauf hin, dass komplizierte bürokratische Maßnahmen diesen Stress weiter erhöhen und damit die Situation verschlimmern (vgl. Mani et al. 2013: 980). Knappheit oder Scarcity definiert sich dabei nicht darüber, was objektiv lebensnotwendig ist. Vielmehr ist scarcity ein kognitiver Rahmen, ein vom lebenswirklichen Kontext abgeleitetes kognitives Modell (vgl. Mullainathan/Sha­fir 2014: 60ff).

Demnach beziehen sich die Ergebnisse dieser Studien nicht auf arme Menschen, sondern auf alle Menschen, die in eine Situation subjektiver Knappheit geraten (vgl. Mani et al. 2013: 980). Menschen in armen Schichten jeder Gesellschaft werden durch ihren Kontext häufig an ihre materielle Knappheit erinnert, was zusätzlich zu den äußeren Umständen psychologischen Stress erzeugt. Hierbei ist nicht entscheidend, welches objektive Ausmaß ihre Armut annimmt. Objektiv gesehen haben die meisten Armen der reichen Industrienationen weit mehr materielle Ressourcen zur Verfügung als Arme in Entwicklungsländern. Aber die Reaktion auf ihre Armut und die Wahrnehmung, dass weniger als benötigt zur Verfügung steht, ist gleichbleibend. Mullainathan/Shafir folgern, dass jede Art von Armut und damit Knappheit die Handlungsfähigkeit, das eigene Leben zu gestalten, einschränkt. Armut hätte demnach einen direkten, empirisch belegbaren Einfluss auf die menschliche kognitive Leistungsfähigkeit (mental bandwidth) (vgl. Mullainathan/Shafir 2014: 63).

Ständige Existenzbedrohung ist folglich nicht nur ein physisches, sondern auch ein psychisches Problem, das Handlungsfähigkeit von Menschen auch in anderen Lebensbereichen stark beeinträchtigt (vgl. Mullainathan/Sha­fir 2014: 63). Dieses Problem würde mit der Zurverfügungstellung eines BGE stark eingeschränkt. Ein BGE könnte es so wahrscheinlicher machen, dass Menschen für sich und die Gesellschaft sinnvolle Entscheidungen treffen. Da weder physische noch psychische Mittel aufgewendet werden müssen, um das BGE zu erhalten, können materielle und kognitive Ressourcen in langfristige Planung gesteckt werden. Eine positive Entwicklung würde durch die ökonomische Sicherheit und die damit verknüpften psychischen Folgen begünstigt (vgl. Standing 2017: 86-93).

5.1.4     Stigmatisierung durch Politik und Gesellschaft

Die Annahme von Armut als persönliches Defizit der Betroffenen spiegelt sich am deutlichsten in der sogenannten „Aktivierungspolitik“ wider. Sowohl in Deutschland als auch in anderen europäischen Ländern sind die Grundsicherungssysteme an Maßnahmen gekoppelt, die Arbeitslosigkeit und Armut entgegenwirken sollen. Dies beinhaltet Maßnahmen wie Kürzung von Leistungen, stärkere Kontrolle und Verschärfung der Ansprüche u. a., die die Sozialkassen entlasten sollen. Diese Maßnahmen zielen ganz explizit darauf ab, Arbeitskräfte „zu aktivieren“ und „Arbeitsanreize zu schaffen“, was durch höheren Druck auf die Arbeitsuchenden, Arbeit anzunehmen, erreicht werden soll (vgl. Spannagel et al. 2017: 4). Es gibt keine einheitlich festgelegte Definition von Aktivierungspolitik, doch die Maßnahmen implizieren ein Verhaltensdefizit der Arbeitslosen selbst, welches von staatlicher Seite korrigiert werden muss (vgl. Spannagel et al. 2017: 3). Statistiken belegen, dass die Aktivierungspolitik tatsächlich mehr Menschen in Arbeit bringt, also die Zahl der Arbeitslosen verringert. Allerdings geht diese Zunahme an Erwerbstätigkeit nicht mit einer Reduktion der Armut einher, sondern mit einer Zunahme der Erwerbsarmut (vgl. Spannagel et al. 2017: 7). Der lange bestehende Konsens darüber, dass fortschreitendes Wirtschaftswachstum Arbeitslosigkeit und Armut unter Kontrolle halten würde, erscheint vor den beschriebenen und prognostizierten Entwicklungen immer unwahrscheinlicher (vgl. Van Parijs/Vanderborght 2017: 6).

Die derzeitige bedarfsgeprüfte soziale Unterstützung bringt eine Reihe von Problemen mit sich. Zum einen wird zur Kategorisierung, Einstufung und Prüfung von Anrechten viel Administration benötigt, die notwendigerweise teuer ist, zur Undurchsichtigkeit und Fehleranfälligkeit neigt und lange Verarbeitungszeiten benötigt (vgl. Van Parijs/Vanderborght 2017: 17ff). Diese Wartezeiten sind jedoch gerade für Menschen, die Subsistenzhilfe brauchen, oftmals ausgesprochen stressreich und schwer oder gar nicht überbrückbar. Zum anderen fördert die Bedarfsprüfung soziales Stigma, nämlich die Vorstellung, jemand, der bedürftig ist, habe kein Anrecht auf Subsistenz, sondern sei auf die Wohlfahrt seiner Mitmenschen angewiesen. Dass die soziale Absicherung rechtlich gesehen garantiert ist, ändert daran wenig (vgl. McKinnon 2013: 117). Die Prozesse zur Überprüfung des Bedarfs an sich sind ein weiterer Problempunkt: Sie involvieren weitgehende Eingriffe in die Privatsphäre der betreffenden Personen sowie deren Lebensverhältnisse. Durch die zunehmende Arbeitsmarktfluktuation sind immer mehr Menschen ständig von Eingriffen in ihre Entscheidungsfreiheit und Privatsphäre betroffen (vgl. McKinnon 2013: 117). Diese Eingriffe, denen sich ausschließlich Arme unterwerfen müssen, sind sozial stigmatisierend und entwürdigend. Zudem ist die ständige Überprüfung bevormundend und impliziert ein behördliches Misstrauen gegenüber den Antragstellern. Armut soll bekämpft werden, indem Besitzende entscheiden, was Nicht-Besitzende brauchen (vgl. Bregmann 2017: 27).

The major effect […] is to weaken the self-reliance of the recipients, diminish their humanity, and making them wise on the stratagems for evading the spirit of the restrictions imposed on them. And the effect on the administrators is no more salutary. Instead of welfare workers bringing counsel and assistance to the poor, they become policemen and detectives – enemies to be outwitted. […] It would be far better to give the indigent money and let them spend it according to their values. True, they may spend much of it in ways we disapprove of – but they do now, and not all the red tape in Washington will keep them from finding ways of doing so. If we spent the same amount on the poor in total, they would have more to spend – because of savings in administrative costs – and they would get more satisfaction per dollar spent – because they would waste less in circumventing the bureaucracy and would use the money for what they value most. In addition, at least some would grow in the course of making their own decisions, and would develop habits of independence and self-reliance. And surely, if social workers are hired on government funds, they should devote their energies to helping the indigent, and not spying on them (Milton Friedman 2013: 11).

Menschen, die bereits materiell schlecht gestellt sind, werden durch ein solches System psychisch gedemütigt (vgl. McKinnon 2013: 117). Außerdem setzt es vollkommen falsche Anreize. Es etabliert ein feindliches Gegenüber zwischen staatlicher Hilfsadministration und Hilfeempfänger (vgl. Friedman 2013: 11f).

Menschen zu zwingen, niedere Arbeiten für den geringsten Lohn anzunehmen, fördert die gesellschaftliche Marginalisierung von Erwerbsarbeitslosen und die Spaltung der Gesellschaft. Durch die Aktivierungspolitik wird verhindert, dass die Menschen sich durch Arbeitssuche, Ausbildung oder Studium aus der Armutsfalle befreien können (vgl. Standing 2017: 205f).

Aus den zahllosen bedarfsorientierten Maßnahmen der letzten Jahrzehnte kann geschlossen werden, dass sie immer soziales Stigma fördern. Außerdem werden sie von Bedürftigen häufig nicht in Anspruch genommen, ob aus sozialen Gründen (Status, Stolz, Scham etc.) oder aufgrund von administrativen Komplikationen, was ihre Effektivität zur Armutsbekämpfung verringert (vgl. Becker 2007: 17). Die Annahme, dass bedarfsorientierte Programme Armut am effektivsten bekämpfen, ist empirisch nicht haltbar. Die psychischen Auswirkungen sowohl von Armut selbst als auch von der Stigmatisierung von Armut wurden in der Debatte um Armutsbekämpfung bisher stark vernachlässigt (vgl. Mani et al. 2013: 980).

Durch die Einführung eines BGE würde ein Großteil dieser Probleme obsolet. Die Administrationskosten für ein BGE wären in westlichen Ländern minimal. Die Bedingungslosigkeit und Bedarfsunabhängigkeit würden maßgeblich zur Reduktion des sozialen Stigmas von Armut beitragen. Es wäre natürlich trotzdem möglich, dass Menschen, die ausschließlich von ihrem BGE lebten, sozial stigmatisiert würden. Doch der Wegfall der Überprüfung könnte bereits viel ausmachen, u. a. auch, weil es die Würde der Menschen schützen würde. Die Reduktion der Stigmatisierung durch Formen von struktureller Gewalt würde die Eigenständigkeit der Menschen fördern, Verantwortung für ihr Leben zu übernehmen, während es ihnen gleichzeitig die materielle Grundlage dazu vermittelt.

5.2      Soziale Ungleichheit

Die Industrialisierung und Globalisierung wird allgemein mit einer zwar langsamen, aber stetigen Verringerung der absoluten Armut in der Welt in Verbindung gebracht. Dass der durchschnittliche Lebensstandard tendenziell noch immer steigt, hört sich erst einmal positiv an. Das ist es auch, allerding mehr in Bezug auf das darin inhärente Potenzial als auf die derzeitigen Verhältnisse. Denn während immer mehr Gesellschaften und Länder der Erde nominal reicher werden, konzentriert sich der Reichtum immer mehr auf eine kleine Minderheit der Menschen, und die Diskrepanz zwischen Armen und Reichen wird größer (vgl. Standing 2017: 73f). Damit wächst die soziale Ungleichheit, gemessen an vielen verschiedenen Indikatoren, u.a. dem Gini-Koeffizienten. So argumentieren Richard Wilkinson und Kate Pikett in „The Spirit Level“, dass Einkommensungleichheit einer der größten Faktoren für soziale Probleme von modernen Gesellschaften sei (vgl. Wilkinson /Pickett 2010: 27f). Wie im Folgenden gezeigt wird, hat die Einkommensungleichheit negative Auswirkungen auf alle Gesellschaftsschichten. Die Begriffe Gleichheit und Ungleichheit beziehen sich in diesem Kapitel auf Einkommensunterschiede.

5.2.1     Gesundheit

Armut ist einer der deutlichsten Indikatoren für eine hohe Wahrscheinlichkeit, an einer großen Bandbreite von Krankheiten zu erkranken. Dies reicht von Übergewicht und Herzkrankheiten bis hin zu psychischen Erkrankungen. Für die gesamtgesellschaftliche Gesundheit ist jedoch ein weiterer Indikator ausgesprochen relevant, und dieser ist Einkommensungleichheit. Laut einer groß angelegten Metastudie von Wilkinson und Pickett (2010) nehmen soziale und gesundheitliche Probleme, die vermehrt in unteren sozialen Schichten auftreten, auch insgesamt zu, je ungleicher eine Gesellschaft ist (vgl. Wilkinson/Pickett 2010: 11f).

Hierbei ist zunächst die Beobachtung relevant, dass laut länderübergreifenden Daten das Wachstum des Bruttonationaleinkommens (BNE) vor allem in ökonomisch schwachen Ländern mit einer Zunahme an Lebenserwartung der Menschen korreliert. Die Korrelation von BNE und Lebenserwartung schwächt sich jedoch für die reichen Industrienationen deutlich ab. Etwa ab dem Erreichen von 15.000 $ pro Jahr beginnt die Korrelation zu schwinden (vgl. Wilkinson/Pickett 2010: 6). Es macht also keinen statistisch signifikanten Unterschied für die Lebenserwartung, ob ein Bürger der nominal „reichen“ Gesellschaften in den USA oder Neuseeland lebt, obwohl letztere nur etwa halb so reich sind wie erstere (vgl. Wilkinson/Pickett 2010: 6, 12, 82f).

In den reichen Industrienationen kann hingegen eine andere Korrelation von Finanzen und Lebenserwartung beobachtet werden und diese ist abhängig von den Einkommensverhältnissen innerhalb der Gesellschaft. In den reichen Ländern korrelieren die Gesundheit und eine Bandbreite sozialer Probleme damit, ob ein Bürger zu den Reichen oder Armen innerhalb der Kontextgesellschaft gehört (vgl. Wilkinson/Pickett 2010: 20-24). Innerhalb der westlichen Industrienationen sind die Reichen einer Gesellschaft im Durchschnitt gesünder und haben eine höhere Lebenserwartung als die Armen. Der Effekt ist nach oben hin progressiv, jeder Zugewinn trägt folglich zur Gesundheit bei. Dieser Effekt kann über lange Zeiträume (unterschiedliche Datenlage, der Großteil nach 1945) und über alle geprüften Länder festgestellt werden (vgl. Wilkinson/Pickett 2010: 24f). Der Effekt einer Gesundheitsverbesserung tritt jedoch nur innerhalb einer Gesellschaft auf: Während es für die Gesundheit sehr wichtig ist, ob eine Person zu den Reichen oder Armen einer Gesellschaft gehört, macht es keinen Unterschied, ob die Reichen einer Gesellschaft nur halb so reich sind wie die einer anderen. Wilkinson und Pikett vergleichen hierbei die oberen und unteren 20%, betonen jedoch, dass sich beim Vergleich anderer Prozentsätze sehr ähnliche Muster ergeben und diese alle eine statistisch relevante Korrelation zwischen den genannten Faktoren aufweisen (vgl. Wilkinson/Pickett 2010: 17f).

Wilkinson und Pikett (2010) zeigen auch, dass unter den reichen Industrienationen weder der Gesamtwohlstand noch die durchschnittlichen Ausgaben für den Gesundheitssektor mit der durchschnittlichen Gesundheit der Gesellschaft in direktem Zusammenhang stehen (vgl. Wilkinson/Pickett 2010: 80). Stattdessen korreliert die durchschnittliche gesellschaftliche Gesundheit mit dem Level der Einkommensungleichheit. In Gesellschaften mit geringerer Einkommensungleichheit sind eine Bandbreite von Erkrankungen, die mit der Zugehörigkeit zu einer sozialen Schicht korrelieren, weniger häufig und die Gesundheit insgesamt besser (vgl. Wilkinson/Pickett 2010: 20, 23).

Der Großteil der Krankheiten, die im 20. und 21. Jahrhundert Einfluss auf das Leben vieler Menschen haben, stehen in starkem Zusammenhang mit Stress. Der soziale Status und die Kontrolle über das eigene Leben haben einen großen Einfluss auf die physische und psychische Gesundheit von Individuen und der Gesellschaft im Allgemeinen. Stress erhöht die Gefahr von Herzkrankheiten, vielen Krebsarten, gastritischen Erkrankungen u. v .a. Es kann beobachtet werden, dass in allen gesellschaftlichen Schichten die Wahrscheinlichkeit, an diesen Krankheiten zu erkranken, zu- und die Lebenserwartung nach unten hin abnimmt. Dies kann nicht allein auf bessere medizinische Versorgung der oberen Schichten zurückzuführen sein, weil eben Krankheiten nicht nur besser behandelt und deshalb eventuell überlebt werden, sondern auch tatsächlich seltener auftreten (vgl. Wilkinson/Pickett 2010: 84). Es zeigt sich außerdem, dass diese Krankheiten in gleicheren Gesellschaft abnehmen, und zwar in allen Schichten der betroffenen Gemeinschaften. Geringere Ungleichheit hat also nicht nur einen positiven Effekt auf die unteren Schichten, auch wenn sie dort größere Verbesserungen hervorruft. Die Verbesserungen kommen allen zugute, selbst den obersten Schichten (vgl. Wilkinson/Pickett 2010: 84ff).

In allen bisher durchgeführten Pilotprojekten zu bedingungslosen Transferzahlungen, ob in Form einer NIT, eines BGE oder Teil-BGE konnten gesundheitliche Verbesserungen der Teilnehmer festgestellt werden (vgl. Enste/Schneider 2016: 19-21; Marinescu 2017: 13; Haarmann et al. 2009: xviii-xxi; Haushofer/Shapiraz 2013: 19). Die Effekte der EBC-Dividende hatte außerdem einen positiven Effekt auf die psychische Gesundheit der Empfänger. Hinzu kommt, dass Kinder, deren Eltern die Dividende erhielten, im Erwachsenenalter eine geringere Wahrscheinlichkeit für Alkohol- oder Kannabisabhängigkeit aufwiesen (vgl. Marinescu 2017: 17). Aus den Datenbanken des Mincome-Experiments in Kanada war ersichtlich, dass die Gesundheit der Teilnehmer während des Experiments besser war als in den Kontrollgruppen. Gemessen wurde dies an einer 8,5% niedrigeren Wahrscheinlichkeit für Krankenhausaufenthalte, mit dem Hinweis, dass besonders Einlieferungen aufgrund der psychischen Gesundheit, Unfälle und Verletzungen abgenommen hätten (vgl. Marinescu 2017: 13). Der soziale Status, Möglichkeiten der Selbstbestimmung und Entscheidungsfähigkeit im Beruf und im eigenen Leben haben großen Einfluss auf die psychische und physische Gesundheit (vgl. Wilkinson/Pickett 2010: 86f).

Hinweise auf diesen Zusammenhang lassen sich auch aus übergreifenden OECD-Erhebungen zum subjektiven Wohlbefinden von Menschen in Bezug auf ihre Arbeitssituation schließen (vgl. Hijzen/Menyhert 2016: 34, 39ff). Demnach hat nicht nur die tatsächliche Arbeitssituation einen Einfluss auf das Wohlbefinden der Menschen einer Gesellschaft – ob erwerbsarbeitstätig oder nicht –, sondern auch die Arbeitsmarktsituation. Ein Zugewinn an Wohlergehen wurde berichtet, wenn ausreichend Arbeitsangebote vorhanden waren, wodurch ein schneller und einfacher Arbeitsplatzwechsel möglich wäre, und wenn eine gute Absicherung für Fälle der Arbeitslosigkeit vorhanden waren. Die Bedeutung der Absicherung stieg, je weniger Arbeitsplätze vorhanden waren. Der Zugewinn an Wohlergehen bezieht sich explizit nicht nur auf Menschen, die tatsächlich keiner Erwerbsarbeit nachgingen, sondern ebenfalls auch Erwerbsarbeitstätige. Dies lässt den Schluss zu, dass die Sorge um die Möglichkeit der Arbeitslosigkeit, die Absicherung in diesem Fall und die Chance, zeitnah einen neuen Arbeitsplatz zu finden, in beträchtlichem Maß Einfluss auf das Wohlergehen aller Marktteilnehmer hat (vgl. Hijzen/Menyhert 2016: 34, 39ff). In Kanada wurde festgestellt, dass eine nahezu bedingungslose Altersgrundrente positive Effekte besonders auf die psychische Gesundheit, jedoch auch auf den allgemeinen Gesundheitszustand der Rentner hatte. Diese Verbesserung unterschied sich deutlich von vergleichbaren traditionellen, an Bedingungen geknüpften Maßnahmen. Auch hier zeigt sich, dass die Sicherheit der Zahlungen einen positiven Einfluss auf Gesundheit und Wohlbefinden der Menschen hat (vgl. McIntyre et al. 2016: 180f).

5.2.2     Soziale Mobilität

Je ungleicher eine Gesellschaft ist, desto wahrscheinlicher wird es, dass Armut und Reichtum vererbt werden und desto schlechter sind die Chancen für nicht bereits Besitzende aufzusteigen (vgl. Wilkinson/Pickett 2010: 160ff). Die negativen Auswirkungen von relativer Armut auf die kognitiven und nicht-kognitiven Entwicklungen von Kindern sind gut belegt (vgl. WDR 2015: 14). Alle bekannten Grundeinkommens-Studien nennen positive Entwicklungen für die Bildungschancen von Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen. Kinder aus teilnehmenden Familien des NIT-Experiments in Amerika hatten durchschnittlich bessere Noten, höhere Test-Resultate und haben regelmäßiger am Schulunterricht teilgenommen. In Dauphin, Kanada reduzierte Mincome signifikant die Wahrscheinlichkeit, dass Jugendliche nach der 11. Klasse die Schule verließen (vgl. Marinescu 2017: 13). Ein ähnliches Ergebnis ist auch für die EBC-Dividende zu beobachten: Auch hier nehmen Kinder regelmäßiger am Schulunterricht teil, haben bessere Testergebnisse und erreichen durchschnittlich öfter einen höheren Bildungsgrad. Je jünger die Kinder waren, als die Dividendenzahlung begann, also je früher ihre Familie innerhalb ihrer Kindheit die Dividendenzahlung erhielt, desto stärker der positive Effekt (vgl. Marinescu 2017: 16).

Weiterhin reduzierte sich (nach eigenen Angaben) die Kriminalitätsrate für kleine Vergehen um 22% für Jugendliche. Kinder gaben an, ein positiveres Verhältnis zu ihren Eltern zu haben (mehr positive Interaktionen) und Eltern konnten mit größerer Wahrscheinlichkeit darüber Auskunft geben, wo ihre Kinder waren und was sie taten. Es erscheint folglich wahrscheinlich, dass eine Verbesserung der Familiensituation ebenfalls zu verbesserten schulischen Ergebnissen der Kinder beigetragen hat (vgl. Marinescu 2017: 16). Mit einem höheren Bildungsgrad steigen auch die Chancen auf einen besser bezahlten Beruf und damit die sozialen Aufstiegschancen (vgl. Wilkinson /Pickett 2010: 161f). Es ist anzunehmen, dass die positiven Effekte auch bei Einführung eines BGE eintreten würden. Es wäre weiterhin möglich, dass die freie Berufswahl auch insofern gestärkt würde, als dass die Kommodifizierung der Arbeit abgeschwächt würde und die Bedeutung des Einkommens an sich abnähme.

5.2.3     Soziale Solidarität und Respekt

Kooperation und Vertrauen sind in allen Teilen der Gesellschaft wichtig, sowohl für das Wohlbefinden der Menschen als auch für das Funktionieren der Wirtschaft. Da die Meinungen zu Richtungen, Prinzipien und Maßnahmen auseinandergehen, müssen zumindest alle Akteure darauf vertrauen können, dass sie fair behandelt werden und sich alle anderen ebenfalls im weiteren Sinne freiwillig an Abmachungen halten und nicht jede sich bietende Gelegenheit nutzen, um unbemerkt gegen diese zu verstoßen (vgl. Stiglitz 2012: 173f).

Viele Menschen haben eine soziale Präferenz für Fairness und sind generell kooperativ. Wie stark sie diese Präferenzen ausüben, hängt auch von den sozio-kulturellen Umständen ab, in denen sie leben (vgl. WDR 2015: 7). Forschungen zu gesellschaftlichen Normen zeigen, dass Menschen eher geneigt sind, gesellschaftliche Normen, die allgemein aber nicht individuell nützlich sind, anzunehmen bzw. auszuüben, wenn sie davon ausgehen, dass der Großteil der anderen Menschen dies auch tut (vgl. Stiglitz 2012: 175). Stiglitz bezieht sich hier auf einen Ansatz der Spiel-Theorie, die Ergebnisse lassen sich jedoch auch von Behavioural Economics ableiten, die es „thinking socially“ nennen (vgl. WDR 2015: 3). Psychologische Studien aus den Behavioural Economics geben Aufschluss darüber, dass Menschen stark von sozialen Erwartungen, sozialer Anerkennung, Kooperationsmustern, Fürsorge für Angehörige der sozialen Gruppe und sozialen Normen beeinflusst werden. Dies wird „Human sociability“ genannt (vgl. WDR 2015: 7). Menschen verhalten sich demnach größtenteils bedingt kooperativ: Sie kooperieren, solange der Großteil der anderen Menschen auch kooperiert. In Studien zu „public good games“ in sieben verschiedenen Ländern (Kolumbien, Vietnam, Schweiz, Dänemark, Russland, USA, Österreich, Japan) konnte festgestellt werden, dass diese bedingte Kooperationsbereitschaft in allen Ländern von der überwiegenden Mehrheit der Menschen praktiziert wird (vgl. WDR 2015: 10). Die menschliche Neigung, sich an sozialen Normen zu orientieren, hat demnach einen großen Einfluss auf menschliches Handeln, was von Standardmodellen ökonomischer Theorie nicht erfasst wird (vgl. WDR 2015: 5).

Eine Reihe von Studien legt nahe, dass das soziale Miteinander von Menschen innerhalb einer Gesellschaft in Zusammenhang mit der ökonomischen Verteilungsgerechtigkeit steht (vgl. Wilkinson/Pickett 2010: 52). Die Befunde dieser Studien stehen in Kontrast zur konservativen Position. Diese besagt, dass das Vertrauen innerhalb einer Gesellschaft vornehmlich kulturell bedingt sei, wie z. B. von Murray (2013) vertreten. Kulturelle Einflüsse wirken zwar mit großer Wahrscheinlichkeit in diesem Bereich mit, doch der Einfluss der sozialen Gleichheit auf das gegenseitige Vertrauen ist auch bei Ländern mit ähnlichem kulturellen Hintergrund deutlich erkennbar. Obwohl z. B. Spanien und Portugal eine Grenze teilen, beide bis weit ins 20. Jahrhundert hinein von Diktaturen regiert wurden und viele kulturelle Ähnlichkeiten aufweisen (vgl. Wilkinson/Pickett 2010: 183), stimmten in Portugal nur 10% der Menschen der grundsätzlichen Annahme zu, dass andere Menschen vertrauenswürdig sind. Spanien hingegen liegt im Mittelfeld. Diese Ergebnisse sind konsistent mit der Annahme, dass das soziale Vertrauen mit der Ungleichheit korreliert, da die Ungleichheit innerhalb der Gesellschaft in Portugal erheblich höher ist als in Spanien (vgl. Wilkinson/Pickett 2010: 52ff). Das zwischenmenschliche Vertrauen variiert zwischen den reichen Industrienationen substantiell. Sozial gleichere Gesellschaften haben ein bis zu sechsfach höheres Level an Vertrauen als ungleiche (vgl. Wilkinson/Pickett 2010: 51ff).

An amerikanischen Daten kann gezeigt werden, wie ökonomische Gleichheit und das Level an öffentlichem Vertrauen seit Ende der 1970er Jahre gemeinsam abnehmen. Mehr Ungleichheit führt zu weniger Vertrauen, weniger Gegenseitigkeit und Empathie in sozialen Beziehungen und der Gesellschaft gegenüber; vermutlich da mehr Menschen dafür kämpfen müssen, ihr Überleben und ihren sozialen Status zu sichern (vgl. Wilkinson/Pickett 2010: 56). Hohe Level an Vertrauen korrelieren außerdem mit einer höheren Lebenserwartung, einem Gefühl von Sicherheit, besserer Kooperation, Annahme des Rechtssystems und von gemeinsamen Werten, Toleranz und Respekt (vgl. Wilkinson/Pickett 2010: 56ff). Soziale Gleichheit korreliert stark mit sozialem Engagement für die Gemeinschaft, was wiederum einen Teil der gesundheitlichen Vorteile ausmachen könnte, da enge soziale Netzwerke sich positiv auf die psychische und physische Gesundheit auswirken (vgl. Wilkinson/Pickett 2010: 54ff).

Die Korrelation zwischen den Faktoren soziales Vertrauen und Einkommensungleichheit beweist zwar nicht per se eine kausale Relation. Doch der Schluss erscheint naheliegend, da die Korrelation so eng und eindeutig ist und bei verschiedenen Ländern sehr ähnlich verläuft (vgl. Wilkinson/Pickett 2010: 61f). An den beiden Beispielen Schweden und Japan lässt sich zeigen, dass es scheinbar weniger relevant ist, wie ein mehr an Gleichheit geschaffen wird. So hat Schweden große Gehaltsunterschiede, die jedoch durch Umlagen umverteilt werden, während Japan bereits weniger Einkommensungleichheit vor Abgaben aufweist (vgl. Wilkinson/Pickett 2010: 186).

5.2.4     Sozialpolitische Stabilität

Starke Einkommensungleichheit macht Gesellschaften instabil. Gesellschaftlicher Zusammenhalt und gemeinsame Werte wie Vertrauen und Fairness sind wichtig für das Funktionieren der Gesellschaft und das Glück der Menschen in einer Gemeinschaft. Sozialwissenschaftler bezeichnen dies auch mit dem Begriff Sozialkapital (vgl. Stiglitz 2012: 173f). Die sich weitende Schere der Ungleichheit erodiert – wie oben gezeigt – das Vertrauen zwischen den Menschen in einer Gemeinschaft. Genauso verlieren sie das Vertrauen in Regierung und Demokratie, wenn ihre Interessen dauerhaft nicht fair vertreten werden (vgl. Stiglitz 2012: 172).

Politische Maßnahmen und Regierungsentscheidungen werden in einkommensungleichen Systemen zu großen Teilen zugunsten der vermögendsten Mitglieder der Gesellschaft getroffen, denn Vermögen erhöht die Einflussmöglichkeiten auf die Politik (vgl. Bank/van Treeck 2015: 43).

Auch in politischer Hinsicht ist die Verteilung von Ressourcen von zentraler Bedeutung, da damit politische Einflusschancen erkauft werden können (Bank/van Treeck 2015: 43).

So ist es durchaus auch ein demokratisches Problem, dass keine verlässlichen Daten über weltweite Kapitalvermögen existieren (vgl. Piketty 2016: 702). Den ärmeren Mitgliedern der Gesellschaft wird die demokratische Teilhabe strukturbedingt stark erschwert. Es macht einen großen Unterschied, ob ein Mensch sich entscheidet, lieber zu arbeiten als sich politisch zu informieren und zu engagieren, oder ob er so handeln muss, weil er sonst seine Lebensgrundlage und Unabhängigkeit verlieren könnte. An einer Demonstration, politischen Diskussion oder zivilgesellschaftlichen Organisation kann nur teilnehmen oder sich dort engagieren, wer sich diese Teilnahme leisten kann (vgl. Kipping 2010: 298). Dies führt u. a. dazu, dass weite Teile der Bevölkerung politisch marginalisiert werden und sich von politischen Prozessen zurückziehen (vgl. Bank/van Treeck 2015: 43ff). Hohe Ungleichheit gefährdet damit das demokratische Grundprinzip der politischen Gleichheit, da die politischen Einflussmöglichkeiten zu großen Teilen an materielle Voraussetzungen geknüpft sind (vgl. Bank/van Treeck 2015: 43). Ein BGE könnte daher als materielle Grundlage für die Demokratie gesehen werden, eine Art staatliche Mini-Diät für die Ermöglichung der unabhängigen politischen Willensbildung (vgl. Kipping 2010: 299).

Solange in der Gesellschaft der Eindruck vorherrscht, dass sich der Großteil der Bürger an die gemeinsamen Werte und Pflichten hält, sind die meisten bereit, diese ebenfalls zu respektieren (vgl. Stiglitz 2012: 175). Wenn Menschen jedoch den Eindruck haben, dass ein System aus Regeln und Pflichten für sie grundlegend unfair ist, so werden sie anfangen, es zu umgehen (vgl. Stiglitz 2012: 178). Es ist anzunehmen, dass der geringe Beitrag der reichsten 30% zur Gesellschaft als unfair angesehen wird und beispielsweise die Bereitschaft gerade der mittleren Schichten, die Sozialsysteme zu finanzieren, schwächt (vgl. Piketty 2016: 638). Gesellschaftliche Systeme, deren Regeltreue auf ausschließlich materiellen Anreizen und Sanktionen basiert, funktionieren in der Regel jedoch nicht sonderlich gut. Die Aufrechterhaltung eines solchen Systems wird teuer und ist meist nur teilweise erfolgreich; die Produktivität sinkt ebenso wie das Wohlergehen der Menschen. Derartige Systeme bedürfen außerdem erheblicher Überwachung und Sanktionierung. Dies widerspricht den Menschenrechten und einer demokratischen Grundordnung (vgl. Stiglitz 2012: 178). Ein hohes Maß an Gleichheit ist somit Voraussetzung für die demokratische Staatsform (vgl. Bank/van Treeck 2015: 46).

Die Ungleichheit verstärkt außerdem das soziale Gefälle innerhalb der Gesellschaft. Damit steigt der Druck auf die unteren sozialen Schichten, Vorurteile gegenüber Ärmeren nehmen zu und die Bedeutung des sozialen Status steigt. Durch Überlegenheitsdemonstrationen gegenüber Schwächeren versuchen sich die Menschen einen Platz in der Hierarchie zu sichern (vgl. Wilkinson/Pickett 2010: 166ff). Scham und Demütigung spielen in stark hierarchischen Gesellschaften eine große Rolle, da gleichzeitig der Statusdruck steigt und besonders sozial Schwache weniger Möglichkeiten haben, ihren Status und damit Selbstrespekt über Wege wie Konsumgüter, Bildung oder familiäre Anerkennung zu sichern. Eine typische Reaktion in strikt hierarchisch organisierten Strukturen ist die sogenannte „Displaced Aggression“ (deplatzierte Aggression) welche auftritt, wenn ein Individuum auf eine Provokation von jemandem mit höherem Status mit Aggression gegen jemandem mit niedrigerem Status reagiert (vgl. Wilkinson/Pickett 2010: 166ff). Dies könnte dazu beitragen, dass es in ungleicheren Gesellschaften weitaus öfter zu Gewalttaten kommt (vgl. Wilkinson/Pickett 2010: 132, 140-144, 292). Folglich steigt die Angst vor Gewalt in der Gesellschaft und das generelle Sicherheitsgefühl sinkt. Die Angst betrifft vor allem körperlich schwächere Mitglieder der Gesellschaft wie Frauen, Kinder und alte Menschen sowie Minderheiten. Einschränkend wirkt diese Angst jedoch auf alle Mitglieder der Gesellschaft (vgl. Wilkinson/Pickett 2010: 131).

Derartige Entwicklungen zerstören die sozialen Bindungen und damit auch das Sozialkapital (vgl. Stiglitz 2012: 177). Für die Gesellschaft ist jedoch ein gewisses Maß an sozialer Kooperation unabdingbar, denn ein demokratischer Staat kann nur funktionieren, wenn die Bürger Rechte und Pflichten auf der Basis gegenseitigen Vertrauens einhalten (vgl. Stiglitz 2012: 178).

Today we are facing a serious danger of large masses of people who have low economic value. This is a powder keg in the foundations of society. Making sure that the great wealth-creation which capital is capable of does not light this dynamite — the basic income approach— is absolutely essential, but it is not part of the social democratic tradition. Think about it. The post-war consensus was all about national insurance, it was not about basic income. Now, either we are going to have a basic income that regulates this new society of ours, or we are going to have very substantial social conflicts that get far worse with xenophobia and refugees and migration and so forth (Varoufakis 2016b: 9).

Ein BGE würde die Gesellschaft gleicher machen und somit viele Folgen der Einkommensungleichheit abmildern. Es würde sich regulierend auf die sich weitende Schere zwischen Armen und Reichen in der Gesellschaft auswirken. Durch die ökonomische Sicherheit gäbe es außerdem allen Mitgliedern der Gesellschaft die Möglichkeit, sich politisch zu engagieren. Eine Verringerung der Ungleichheit wirkt sich, wie Wilkinson und Pickett 2010 in vergleichenden Studien zeigen, nicht nur positiv auf den Lebensstandard der Ärmsten der Gesellschaft aus, sondern hat positive Effekte für alle Gesellschaftsschichten. Dazu gehören verbesserte soziale Teilhabe aller, mehr soziale Mobilität, bessere Gesundheit, weniger Kriminalität, höhere politische Stabilität und insgesamt ein verbesserter gesellschaftlicher Zusammenhalt.

Ein BGE allein ist zwar kein Allheilmittel für gesellschaftliche Probleme, denn Probleme wie Abhängigkeit, Verhaltens- oder Anpassungsprobleme und Kriminalität lassen sich nicht ausschließlich durch ein BGE lösen. Eine politische und gesellschaftliche Auseinandersetzung mit diesen Problemen wird mit großer Wahrscheinlichkeit weiterhin notwendig sein. Finanzielle Unabhängigkeit, bzw. das Fehlen derselben, hat jedoch bei verschiedensten gesellschaftlichen und individuellen Problemen zumindest einen Anteil. Ein BGE sichert die materielle Basis der physischen und psychischen Gesundheit und damit die individuelle Entscheidungsfähigkeit. Dadurch wird Eigenverantwortung gefördert und eine verbesserte Ausgangslage für eine individuelle Entwicklung geschaffen, die sowohl den einzelnen Menschen als auch der Gesellschaft zu Gute kommt.

6       Legitimation

Freiheit und Gerechtigkeit gelten in der Welt seit der Aufklärung als Legitimationsgrund von Gesellschafts- und Staatsordnungen, auf den sich gerade die westlichen Demokratien berufen (vgl. Nohlen/Grotz 2008: 159, 176). Im folgenden Kapitel wird diskutiert, ob ein BGE die Gesellschaft freier und gerechter macht.

6.1      Freiheit

Zunächst soll näher auf die Freiheit eingegangen werden. In diesem Kapitel wird beleuchtet, welche Aspekte von Freiheit durch ein BGE gefördert oder auch eingeschränkt werden könnten.

6.1.1     Private und gesamtgesellschaftliche Freiheit

Der Zugang zu und die Kontrolle über Ressourcen sind fest mit der Freiheit verknüpft, da eine große Bandbreite an möglichen Freiheiten davon abhängt, über Ressourcen verfügen zu können (vgl. Bank/van Treeck 2015: 2). Aufgrund dieses Zusammenhangs muss jede Freiheitstheorie begründen, nach welchen Prinzipien Ressourcen rechtmäßig angeeignet werden dürfen (vgl. Van Parijs/Vanderborght 2017: 120).

Im Rechtsliberalismus wird Freiheit vor allem als private, individuelle Freiheit verstanden, die vornehmlich auf dem privaten Eigentumsrecht beruht. Unter dem Begriff Rechtsliberalismus werden Strömungen im Bereich des Marktliberalismus, Neoliberalismus und Libertarianismus zusammengefasst. Nach dieser Auffassung gilt grundsätzlich, dass Ressourcen ohne Entschädigung an die Allgemeinheit privat angeeignet werden dürfen (vgl. Van Parijs/Vanderborght 2017: 119). Gesellschaftliche Gleichheit wird vor allem als Rechtsgleichheit verstanden und faires Verhalten auf die Einhaltung von Verträgen und Absprachen bezogen. Der klassische ökonomische Liberalismus legt zwar großen Wert auf persönliche Autonomie, allerdings wird diese Autonomie vor allem als Recht auf Eigentumserwerb und freien Handel verstanden (vgl. Bank/van Treeck 2015: 42). Es wird angenommen, dass die Vorteile und Chancen, welche die westlichen Gesellschaften bieten, die Nachteile für Nicht-Besitzende in der derzeitigen Gesellschaftsordnung ausreichend ausgleichen (vgl. Tideman/Vallentyne 2013: 45). Nach dieser Auffassung von Freiheit gibt es grundsätzlich kein Recht auf Einkommen oder Teilhabe (vgl. Van Parijs/Vanderborght 2017: 119).

Rechtsliberale sehen in sozialer Unterstützung jeglicher Form generell keine Realisierung eines Anspruchs oder Rechts (vgl. Friedman 2013: 11, 14). Soziale Unterstützung und Armutslinderung werden als „Barmherzigkeit“ angesehen. Armut und soziale Ungleichheit werden nicht als gesamtgesellschaftliche Problematik akzeptiert, die notwendigerweise staatlicher Regelung bedarf. Stattdessen sei private Wohltätigkeit grundsätzlich vorzuziehen (vgl. Friedman 2013: 14). Staatlich organisierte Wohlfahrt, institutionelle und soziale Absicherung und damit auch ein BGE werden als Einschränkung der Freiheit betrachtet, nämlich der Freiheit derjenigen, die über Steuern ein BGE finanzieren und damit Reichtum abgeben müssten (vgl. Van Parijs/Vanderborght 2017: 119). Der Freiheitsbegriff des Rechtsliberalismus berücksichtigt allerdings nur unzureichend, dass eine Freiheit, die konzeptuell uneingeschränkt die Aneignung von Privatbesitz vorsieht, die Freiheit der Nicht-Besitzenden in hohem Maße einschränkt. Eine Einschränkung der Freiheit von Besitzenden, z. B. durch Umverteilung, könnte wiederum die Freiheit der Nicht-Besitzenden mehren (vgl. Bank/van Treeck 2015: 42).

Auch wenn derzeitig nur wenige Rechtsliberale offen für eine vollständige Abschaffung des Sozialstaats eintreten würden, so ist es dennoch wichtig folgendes festzuhalten: Soziale Transferleistungen stellen nach dieser Sichtweise immer nur eine pragmatische Policy-Option dar (vgl. Friedman 2013: 14; Standing 2017: 50ff). Extreme Formen des Rechtsliberalismus sind in den USA weit stärker verbreitet als in Europa (vgl. Bank/van Treeck 2015: 42).

Der pragmatische Ansatz einer Maximierung der positiven Effekte von politischen und ökonomischen Maßnahmen für die Mehrheit der Bevölkerung wird mit dem Utilitarismus in Verbindung gebracht. Versionen eines utilitaristischen Ansatzes wurden von den meisten Ökonomen des 20. Jahrhundert als Grundlage für Policy-Vorschläge angenommen. Dieser Ansatz rechtfertigt grundsätzlich die Existenz von sozialen Absicherungssystemen, jedoch nicht notwendigerweise in Form eines Grundeinkommens (vgl. Van Parijs/Vanderborght 2017: 128f). Aufgrund der diskutierten Probleme und Kosten von Bedürfnisprüfungen kann zwar argumentiert werden, dass ein BGE gesamtgesellschaftlich betrachtet sinnvoll sein kann (vgl. Pettit 2013: 26f). Ob ein BGE jedoch im Vergleich als sinnvollste Sozialmaßnahme angenommen wird, hängt auch davon ab, wie stark Faktoren wie individuelle Unabhängigkeit gewichtet werden (vgl. Van Parijs/Vanderborght 2017: 128f). Eine Ableitung aus utilitaristischen Betrachtungen ist wichtig, kann jedoch kein grundlegendes Recht auf ein BGE rechtfertigen (vgl. Pettit 2013: 27).

Linksliberale Freiheitsdefinitionen sind meist nicht im Recht auf Privateigentum verankert, sondern in der Annahme, dass Menschen ein Gemeinrecht an der Erde haben und das Erwerben von Privateigentum wiederum nur unter bestimmten Bedingungen, bzw. im Austausch für Gegenleistungen möglich ist (vgl. Tideman/Vallentyne 2013: 44f). Unter dem Begriff Linksliberalismus werden hier Strömungen im Bereich des Liberalismus-Egalitarismus zusammengefasst. Diese Freiheits- und Gerechtigkeitsvorstellung liberal-egalitärer Theorien bildet einen der Ausgangspunkte für ein BGE als Grundlage wirklicher Freiheit (vgl. Van Parijs 2013: 17f).

Einer der einflussreichsten Vertreter der liberal-egalitären Theorie ist John Rawls. Rawls geht davon aus, dass jedem Individuum ein Katalog an Grundfreiheiten garantiert werden sollte, die mit der Freiheit aller Menschen kompatibel sein müssen (vgl. Rawls 1972: 250). Rawls erkennt materielle Ungleichheiten zwischen Menschen in einer Gesellschaft bzw. auf der Welt als grundsätzlich gerechtfertigt an, solange zwei Voraussetzungen erfüllt sind: Die politischen Institutionen müssen erstens dafür Rechnung tragen, dass nicht nur formelle Rechtsgleichheit besteht, sondern bestehenden Diskriminierungen tatsächlich entgegengewirkt wird; zweitens muss der materielle Zugewinn insgesamt den Lebensstandard aller heben (vgl. Rawls 1972: 250). Das Prinzip der Chancengleichheit nach Rawls setzt folglich voraus, dass die Freiheitsrechte jedes Bürgers sowie die gesamtgesellschaftliche Freiheit in den Kontext real-gesellschaftlicher Diskriminierung und Ungleichheit gesetzt werden. Die Maxime einer freiheitlich fairen Gesellschaft muss die tatsächlichen Chancen aller Bürger auf ein gutes Leben fördern (vgl. Van Parijs 2013: 17). Rawls selbst favorisierte eine negative Einkommenssteuer, sprach sich allerdings später gegen eine allgemeine Unterstützung von nicht Arbeitswilligen aus. Ungeachtet dessen lassen sich auch seinen Ausführungen Argumente für ein BGE ableiten (Van Parijs/Vanderborght 2017: 110).

According to the most straightforward interpretation of Rawl’s difference principle […] people without earnings, whether voluntary or not, are among the least advantaged and hence entitled to some benefit (Van Parijs/Vanderborght 2017: 110).

Im Folgenden wird näher darauf eingegangen, warum ein BGE als Grundlage für Freiheit angesehen werden kann.

6.1.2     Subsistenzsicherung und Autonomie

Es kann argumentiert werden, dass eine Sicherung der Grundbedürfnisse eines Menschen Voraussetzung für seine Freiheit ist. Dabei ist es wichtig, dass es sich nicht um ein formales Recht handelt, sondern dass es die äußeren Umstände möglich machen, eine Wahl zu treffen oder dieses Recht einzufordern (vgl. Widerquist 2013a: 34f).

A power over a man’s subsistence amounts to a power over his will (Hamilton 1788).

Rawls Gerechtigkeitsprinzipien beinhalten ein Recht auf Teilhabe, das jedoch an Arbeit geknüpft ist. Ein Recht auf Arbeit, das mit den Freiheitsrechten vereinbar wäre, müsste allerdings garantieren, dass jeder Bürger eine reale Wahl zwischen verschiedenen Arbeitsmöglichkeiten hätte und ausreichend Arbeitsplätze zur Verfügung stünden (vgl. Rawls 2013: 85f). Diese Wahl wird grundsätzlich in der realen Welt durch ökonomische Zwänge eingeschränkt. In den reichen westlichen Gesellschaften besteht faktisch kein Recht, sondern ein Zwang zu arbeiten (vgl. Levine 2013: 106). Besonders vor dem Hintergrund von Wohlstand in der westlichen Welt, technologisch bedingter Arbeitslosigkeit etc. wäre es möglich, aus dem Recht auf Teilhabe ein Recht auf Einkommen abzuleiten (vgl. Werner 2007: 73f).

Diese Argumentationslinie wird vor allem von Linksliberalen vertreten, lässt sich allerdings auch aus dem republikanischen Freiheitsgedanken ableiten (vgl. Pettit 2013: 27). Van Parijs (2013), Widerquist (2013), Pettit (2013) und andere argumentieren, dass Freiheit notwendigerweise an die Möglichkeit der Subsistenz geknüpft sein muss, denn ohne physische Grundversorgung sei auch keine freie Wahl möglich (vgl. Widerquist 2013a: 34ff; Van Parijs 2013: 17ff; Pettit 2013: 28ff). Einem Menschen, dem der Zugang zu den minimalen Ressourcen zum Überleben verwehrt wird – Zugang zu frischer Luft, Wasser, Essen, Obdach – wird nicht nur die Möglichkeit genommen, ein freies und potenziell glückliches Leben zu führen, er kann auch praktisch gesehen zu allem gezwungen werden. Der Arbeitszwang erwächst daraus, dass die vollständige Inanspruchnahme vorhandener materieller Ressourcen durch einige wenige den anderen Menschen keine alternative Chance auf eine Subsistenz ermöglicht. Wenn die Gesetze eines Staates einen Menschen in die Situation bringen, in der er keinen Zugang zu lebensnotwendigen Ressourcen hat, so zwingen sie diesen Menschen aktiv, für jemanden zu arbeiten, der diese Ressourcen kontrolliert. Er besitzt sich demnach nicht selbst, er hat den Status eines Sklaven (vgl. Widerquist 2013a: 34ff).

In einer auf freiheitlich-demokratischen Grundwerten beruhenden Gesellschaft ist es nicht akzeptabel, dass eine Gruppe von Menschen Kontrolle über sämtliche Ressourcen übernimmt und eine andere zwingt, für sich zu arbeiten (vgl. Widerquist 2013a: 35). Die Subsistenzsicherung garantiert die Existenz und damit den Status eines Menschen als frei Agierender innerhalb der Gesellschaft (vgl. Standing 2017: 68f). Die freie Verfügungsgewalt über sich selbst muss abgesichert werden, da sich sonst die schlechter Gestellten notwendigerweise dem Zwang besser Gestellter beugen müssen und keinerlei Handlungsspielraum haben. Widerquist spricht hier von „Status Freedom“ (vgl. Widerquist 2013a: 34). Die Sicherung der materiellen Subsistenz macht aus dem theoretischen Recht auf Freiheit eine reale Freiheit bzw. eine real um ein Vielfaches verbesserte Chance auf Freiheit (vgl. Van Parijs/Vanderborght 2017:104).

Ein BGE bietet sowohl für die Individuen als auch für die Gesellschaft die Chance einer positiven Umstrukturierung der Wirtschaftsweise. Da Menschen mit dem BGE eine realökonomische Alternative zur Vollzeitarbeit hätten, könnten Arbeit, Produktion und wirtschaftliche Kooperation gleichberechtigter gestaltet werden (vgl. Van Parijs/Vanderborght 2017: 103ff). Argumente, die eine freie Kooperation voraussetzen, basieren notwendigerweise auf der Annahme, dass die betreffenden Individuen eine reale Wahlmöglichkeit haben. Dadurch werden der Mensch und seine Arbeit zumindest bis zum Grundniveau der Subsistenz- und Teilhabesicherung entkommodifiziert und das Individuum vom Selbstvermarktungszwang enthoben (vgl. Blaschke 2012: 19).

Ein BGE würde sich nicht nur positiv auf die Machtverhältnisse auf dem Arbeitsmarkt, sondern auch in anderen gesellschaftlichen Bereichen auswirken. Damit könnte ein BGE eine Reihe von innergesellschaftlichen Abhängigkeitsverhältnissen beeinflussen, z. B.  von ethnischen Minderheiten und anderweitig diskriminierten Gruppen. Auch auf die Gleichstellung der Geschlechter würde sich ein BGE auswirken. Die Diskriminierung von Frauen hat eine definitiv materielle Seite, z. B. innerhalb der Familie (vgl. Fromm 2013: 5ff). Ein BGE würde damit besonders Frauen mehr Autonomie geben, da diese öfter in materieller Abhängigkeit leben als Männer. Die Abhängigkeit entsteht u. a. durch die ungleiche Anerkennung von verschiedenen Formen von Arbeit und der Tatsache, dass Frauen Kinder bekommen. Dies führt noch immer häufig zur „houshold trap“ (vgl. Van Parijs/Vanderborght 2017: 102): Da Frauen, die Kinder bekommen, nicht von der Erwerbsarbeit unabhängig abgesichert sind, rutschen sie leicht in ein Abhängigkeitsverhältnis, zumal die Erziehungszeiten ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt verschlechtert (vgl. Pateman 2013: 175ff; McKay 2013: 179f).

Until now in human history, man has been limited in his freedom to act by two factors: the use of force on part of the rulers […] and, more importantly, the threat of starvation against all who were unwilling to accept the conditions of work and social existence that were imposed on them. […] A Guaranteed Income, which becomes possible in the era of economic abundance, could for the first time free man from the threat of starvation, and thus make him truly free and independent from any economic threat (Fromm 2013: 5).

Aus diesen Gründen kann ein BGE als Mittel zur Grundfreiheit angesehen werden, als notwendige, wenn vielleicht auch nicht hinreichende Voraussetzung für die Ermöglichung anderer Freiheiten (vgl. Standing 2017: 50). Wird ein Recht auf Subsistenz zur Ermöglichung der individuellen Autonomie anerkannt, so bildet es einen Teil der Grundrechte (vgl. Pettit 2013: 27-29).

6.1.3     Liberale Neutralität

Es ist fraglich, inwieweit und aus welchen Gründen eine Gemeinschaft oder Gesellschaft festlegen darf, welcher Lebensentwurf eines Menschen es Wert ist, unterstützt zu werden, und welcher nicht. Es könnte argumentiert werden, dass ein Beitrag zur Erhaltung der Gesellschaft gemacht werden sollte (vgl. Van Parijs/Vanderborght 2017: 100ff). Doch im Vorfeld festzulegen, was ein Beitrag zur Erhaltung der Gesellschaft ist und was nicht, ist äußerst schwierig. Viele Künstler beispielsweise werden nicht unmittelbar für ihren Beitrag gewürdigt. Es kann also nicht davon ausgegangen werden, dass ein Beitrag sofort als solcher und als wertvoll erkannt wird. Auf der anderen Seite werden viele Beiträge, die sehr deutlich zur Erhaltung der Gesellschaft beitragen, zumindest in Bezug auf die finanzielle Entlohnung kaum ausreichend unterstützt, wie z. B. Pflege- und Erziehungsarbeit (vgl. Kipping 2010: 297ff). Gleichzeitig erhalten andere, die beispielsweise im Finanzsektor arbeiten und bei ihrer Tätigkeit aktiv gesellschaftlichen Wohlstand vernichten, hohe Gehalts- oder Lohnzahlungen (vgl. Bregman 2017: 154ff).

Van Parijs (2013) argumentiert, die höchste reale Freiheit sei erreicht, wenn jeder das Recht habe, zu tun, was er will. So erfahre das Individuum die geringstmögliche Einschränkung durch die Gesellschaft. Da der Staat unterschiedliche Lebensentwürfe nicht diskriminieren sollte, sollte jedem die bestmögliche Chance gegeben werden, den eigenen zu verfolgen (vgl. Van Parijs 2013: 17ff). Laut Van Parijs (2013) sollte die Gesellschaft jedem Individuum gleiche Startressourcen zukommen lassen. Zur Veranschaulichung gibt es folgendes Beispiel: Wenn nun jemand mit diesen Startressourcen nichts tun möchte, ein zweiter aber mehr als seinen Anteil nutzen möchte, so kann eine Abmachung getroffen werden, nach der für die Nutzung der Ressourcen eine Kompensation gezahlt wird. Diese Kompensation würde so die Freiheit beider mehren, da der erste von der Kompensation seines Teils leben kann, und der zweite seine eigenen materiellen Lebensumstände durch die Nutzung der Zusatzressourcen um ein Vielfaches von dem verbessert, was er unter der normalen Gleichverteilung gehabt hätte. Mit diesem Prinzip bleibe die Gesellschaft neutral gegenüber verschiedenen Entwürfen eines guten Lebens und biete jedem die größtmögliche Freiheit. Beide hätten jederzeit die Freiheit, und zwar die durch die materielle Grundlage gesicherte Willens- und Entscheidungsfreiheit, ihre Meinung bzw. ihr Leben zu ändern (vgl. Van Parijs 2013: 17ff). Bei dieser Argumentation ist der zentrale Punkt das Ziel liberaler Neutralität gegenüber unterschiedlichen Lebensentwürfen. Deshalb kann laut Parijs argumentiert werden, dass ein BGE den größtmöglichen Zugewinn an „realer Freiheit für alle“ im Sinne des realen Entscheidungs- und Handlungsspielraums bedeutet. (vgl. Van Parijs/Vanderborght 2017: 104).

Wenn absolute Freiheit bedeutet, dem eigenen Willen – mit so geringer Einschränkung wie möglich – zu folgen, so ist fraglich, wessen Einschränkungen als neutral angesehen werden. Die Umgebung, die der freie Markt schafft, ist nicht neutral, sondern beeinflusst verstärkt typischerweise das Konsumdenken (vgl. Bregman 2017: 16). Dieser Umstand sollte bei Einführung eines BGE berücksichtigt werden.

6.2      Gerechtigkeit

Im folgenden Kapitel soll diskutiert werden, ob ein BGE zu mehr Gerechtigkeit in der Gesellschaft führt. Wenn alle Menschen ein BGE erhalten, besteht die Möglichkeit, dass ein Teil wählt, nicht zur Gesellschaft beizutragen. Daraus ergeben sich Fragen zu Gegenseitigkeit und Ausbeutung innerhalb einer Gesellschaft und welche Art von Gerechtigkeit durch ein BGE gefördert oder verletzt würde. Das folgende Kapitel gibt nur eine Auswahl möglicher Gerechtigkeitsinterpretationen in Bezug auf ein BGE.

Es ist elementar, mögliche ökonomische Effekte sowohl von der Idee von Arbeit als Selbstwert als auch von Gegenseitigkeit als normativen Status zu trennen (vgl. Levine 2013: 109). Inwieweit ein BGE finanzierbar ist und welche Arbeitsmarkteffekte es hervorruft, ist eine Frage der genauen Ausgestaltung und politischen Umsetzung. Die Frage nach Gegenseitigkeit unterliegt hingegen moralischen Beurteilungen (vgl. Van Parijs/Vanderborght 2017: 99; Widerquist 2013a: 33).

6.2.1     Reziprozität und Fairness

Rawls schlägt in seinen Betrachtungen „Justice as Fairness“ eine Festlegung von Kriterien zur Bestimmung eines Anspruchs auf Unterstützung von der Gesellschaft vor. Demnach sollten Menschen im Falle von unverschuldeter Arbeitsunfähigkeit unterstützt werden, im Falle einer freiwilligen Erwerbsarbeitslosigkeit jedoch nicht. Er begründet dies damit, dass freiwillig Arbeitslose – z. B. Surfer, die ihr gesamtes Leben mit Wellenreiten in Malibu verbringen – einen höheren Anteil an Freizeit hätten, der ihren Anteil an anderen gesellschaftlichen Allgemeingütern aufwiegt (vgl. Rawls 2013: 84).

Unter einem Malibu-Surfer oder Free-Rider wird in der Literatur eine Person verstanden, die nicht bereit ist, aus freien Stücken einen gesellschaftlichen Beitrag zu leisten (vgl. Rawls 2013: 84). Die Erträge von gemeinsam erwirtschafteter Arbeit sollten anteilig nach der Größe des Arbeitsbeitrags, also nach der Leistung ausfallen (vgl. Van Parijs/Vanderborght 2017: 103). Es wird beispielsweise angenommen, dass ein bedingungsloser „Lohn“ dazu führt, dass Menschen, die körperlich zu Arbeit in der Lage seien, legitimiert würden, von der Arbeit anderer zu leben. Dies verstieße wiederum gegen allgemein akzeptierte Vorstellungen von Gerechtigkeit (vgl. Van Parijs/Vanderborght 2017: 101). Demnach sei eine bedingungslose Grundsicherung ungerecht, da sie das Gegenseitigkeitsprinzip verletze. Ein Nehmen würde demnach immer auch eine Verpflichtung bewirken, etwas zur Reproduktion des Erhaltenen beizutragen. Folglich würden jene, die dazu nicht bereit seien, gegen diese Verpflichtung verstoßen und damit falsch oder unfair handeln. Dadurch, dass sie etwas nehmen ohne etwas zurückzugeben, nutzten sie andere aus. So verstanden bedeute Free-Riding unfaire Inanspruchnahme von Vorteilen. Im Rahmen einer als Fairness in diesem Sinne verstandenen Gerechtigkeit sei dies ungerecht (vgl. Levine 2013: 109).

Diese Gerechtigkeitsauffassung schränkt die Leistungsgerechtigkeit dahingehend ein, dass Menschen, die für die Gemeinschaft offensichtlich nachvollziehbare Gründe für ihr derzeitiges Versagen bzw. die Einschränkung ihrer Leistungsfähigkeit nachweisen können, versorgt werden sollten (vgl. Enste/Schneider 2016: 17f). Da es viele Gründe gibt, warum ein Mensch temporär oder dauerhaft nicht in Form von bezahlter Arbeit zur Gesellschaft beitragen kann, hat sich im Westen zunächst durchgesetzt, gegen Standardrisiken wie Behinderung z. B. aufgrund von Krankheit oder Unfällen, aber auch Pflegebedürftigkeit, Alter und unverschuldete Arbeitslosigkeit (nicht ausreichend Arbeitsplätze vorhanden) abzusichern (vgl. Butterwegge 2009: 272). Wird der Nachweis der genannten Zustände oder geforderte Gegenleistungen (Pflichten) nicht erbracht, werden – wie in vorherigen Kapiteln bereits beschrieben – Sanktionen verhängt und bzw. oder der Bezug der sozialen Transferleistung gekürzt (vgl. Enste/Schneider 2016: 16). Die Argumentation beruht auf der Annahme, dass das vor allem auf Leistungsgerechtigkeit beruhende Gegenseitigkeitsprinzip das Grundprinzip der sozialen Gerechtigkeit darstellt und Menschen aufgrund ihrer Präferenz für Fairness nur ein System akzeptieren, das für staatliche „Leistungen“ wie Transferzahlungen eine Gegenleistung verlangt (vgl. Enste/Schneider 2016: 16). Es wird daher weiter angenommen, dass ein BGE den Unwillen über soziale Transferzahlungen weiter verstärken würde. Denn obwohl der Sozialstaat derzeitig nur in den betreffenden Bedürftigkeitsfällen einspringt, gelten Empfänger sozialer Hilfen selbst unter dem bestehenden System im moralischen Sinne als Schmarotzer, da sie keine Erwerbsarbeit als Ausgleich leisten und andere Bürger diese Absicherung über ihre Erwerbsarbeit finanzieren (müssen) (vgl. Enste/Schneider 2016: 167).

Das Free-Rider-Argument in dieser Form setzt voraus, dass die derzeitige Aufteilung von Arbeit, Freizeit und Gegenseitigkeit als fair beurteilt wird oder zumindest als fairer als eine vergleichbare Aufteilung mit einem Grundeinkommen (vgl. Pateman 2013: 176). Eine grundsätzliche Verbindung von Gegenseitigkeit und Fairness anzunehmen, wird in dieser Betrachtung nicht in Frage gestellt. Es wird jedoch diskutiert, welche anderen Sichtweisen möglich sind.

6.2.2     Kritik am Free-Riding-Argument

Wie im vorherigen Kapitel beschrieben, beruht das Reziprozitätsargument auf der Annahme, ein Grundeinkommen bedeute, etwas (ein BGE) von der Gesellschaft zu erhalten, ohne etwas zurückzugeben (Erwerbsarbeit). Dabei wird angenommen, dass eine unter Gesichtspunkten der Fairness verstandene Gerechtigkeit eine offensichtlich beobachtbare und quantifizierbare Gegenseitigkeit zwischen Individuum und Gesellschaft beinhaltet (vgl. Levine 2013: 109ff). Weiterhin wird vorausgesetzt, dass menschliche Zeit klar in Arbeit für andere und Freizeit unterteilbar ist, da eine so verstandene Gegenseitigkeitsgerechtigkeit überhaupt erst an diesem Parameter und unter der Voraussetzung dieser Unterteilung messbar wird (vgl. Levine 2013: 110). Da weder Güter noch Arbeiten sich vollständig entsprechen und Geldpreise markt- und nicht wertabhängig sind, kann eine Gegenseitigkeit jedoch nicht genau bestimmt, sondern höchstens vage festgehalten werden. In einer unüberschaubar verzweigten Gesellschaft nehmen alle permanent von der Gesellschaft, tragen aber ebenso etwas bei. Es ist daher sehr schwer, genau zu bestimmen, ob beide Teile sich genau aufwiegen (vgl. Levine 2013: 110).

Die Festlegung von der alleinigen Akzeptanz von bezahlter Arbeit als Gegenleistung für ein Einkommen ist arbiträr, da ein großes Arbeitsvolumen, ohne welches die Gesellschaft nicht funktionsfähig wäre, in dieser Definition nicht mit einbezogen wird. Setzt man Arbeit nicht mit Erwerbsarbeit gleich, so zeigt sich, auf wie viele Arten jedes Mitglied der heutigen Gesellschaft aktiv durch Fürsorge für sich selbst und andere zur Gesellschaft beiträgt (vgl. Van Parijs/Vanderborght 2017: 102). Dies ist besonders offensichtlich, wenn die unterschiedliche Verteilung von Arbeiten zwischen den Geschlechtern betrachtet wird. Arbeiten, die traditionell von Frauen erledigt wurden und häufig noch werden, wie Hausarbeit, Pflegearbeit und auch Kindererziehung, werden größtenteils nicht bezahlt bzw. nicht als Arbeit in Bezug auf einen Einkommensanspruch definiert. Dies führt u.a. dazu, dass Frauen im bestehenden System ungleich schlechter abgesichert sind (vgl. McKay 2013: 170). Die Prämisse der Erwerbsarbeit als alleinige Grundlage der Gegenseitigkeit führt außerdem dazu, dass z. B. eine Hausfrau, die Kinder großzieht, Hausarbeit für die ganze Familie erledigt, vielleicht Angehörige pflegt o. ä. sowie emotionale Arbeit in Form von Hinwendung und Aufmerksamkeit leistet als Free-Rider angesehen wird (vgl. McKay 2013: 182). Ein Prinzip, das Einkommen als Gegenleistung für Arbeit für andere festlegt, würde demnach durch die Einführung eines Grundeinkommens nicht verletzt. Vielmehr würde ein Grundeinkommen zur Annäherung an dieses Prinzip beitragen, da mehr Menschen, die keiner bezahlten Arbeit nachgehen, jedoch anderweitig zur Gesellschaft beitragen, zumindest eine Subsistenzgrundlage erhielten (vgl. Van Parijs/Vanderborght 2017: 103).

Es könnte weiter argumentiert werden, dass ein BGE in der bestehenden westlichen Überflussgesellschaft bereits durch den passiven Beitrag innerhalb der Konsumgesellschaft gerechtfertigt ist. Das bestehende Wirtschaftsmodell ist größtenteils auf Konsumnachfrage angewiesen, weswegen auch ein passiver Beitrag als solcher anerkannt werden könnte (vgl. McKinnon 2013: 120). Tatsächlich ist es fast unmöglich, gar nicht zur Gesellschaft beizutragen (vgl. Levine 2013: 110ff). Daher macht auch dieses Beispiel deutlich, wie wichtig der Referenzrahmen für die Bestimmung von Gegenseitigkeit, Fairness und Free-Riding ist.

6.2.3     Pragmatische Betrachtungen

Aber auch wenn weiter davon ausgegangen wird, dass ein Grundeinkommen unfair wäre, so stellt sich dennoch aus pragmatischen Gründen die Frage, wie schwer diese Ungerechtigkeit in der heutigen Gesellschaft wiegen sollte.

Armut ist ein finanzielles, kein materielles Problem. Armut ist eine Frage der Verteilung, Mangel dagegen eine Frage der Hervorbringung gesellschaftlichen Reichtums. Und während Armut nach wie vor politisch bekämpft werden muss, wurde der Mangel in unseren Breiten historisch und ökonomisch überwunden. Insofern ist es tatsächlich ein neues Phänomen menschlichen Erlebens, dass überhaupt eine Wirtschaft- und Gesellschaftsordnung möglich ist, die keinen Mangel mehr kennt (Werner 2007: 30).

Werner argumentiert, dass die Vorstellung des Mangels zwar noch fest in der kommunalen Psyche verankert sei, jedoch längst an realer Bedeutung verloren habe (vgl. Werner 2007: 30, 46f). Es ist also möglich, alle Menschen zu versorgen. So kann es gesamtgesellschaftlich fraglich werden, welche Ungerechtigkeit wohl schwerer wiegt: Die ungerechte Unterstützung von tatsächlich nicht Arbeitswilligen oder die ungerechte Nicht-Unterstützung von Arbeitswilligen. Letzteren stünde nach Fairnesserwägungen zwar ein Recht auf Unterstützung zu, jedoch erhalten sie diese im bestehenden System aufgrund von Fehlurteilen und bürokratischen Hürden unter Umständen nicht (vgl. Van Parijs/Vanderborght 2017: 101). In einer Zeit von Sockelarbeitslosigkeit ist es notorisch schwierig und bürokratisch aufwendig, freiwillige Arbeitslosigkeit von unfreiwilliger zu trennen. Besonders aufgrund der extremen Konsequenzen einer Nicht-Unterstützung – Armut, sozialer Abstieg, evtl. sogar Obdachlosigkeit – sowohl für die betroffenen Individuen als auch für die Gesellschaft, sollte deshalb vorsichtig abgewogen werden (vgl. Van Parijs/Vanderborght 2017: 101). Ein als unfair verstandenes BGE könnte aufgrund der Universalität und der damit geschaffenen definitiven materiellen Absicherung aller insgesamt mehr Gerechtigkeit schaffen (vgl. Van Parijs/Vanderborght 2017: 18).

6.2.4     Verteilungsgerechtigkeit

In der Gerechtigkeitsdebatte um ein BGE stellt sich die Frage, ob das derzeitige System, in dem Ressourcen und Anteile des gesamtgesellschaftlich produzierten Reichtums sehr ungleich verteilt werden, als gerecht zu beurteilen ist bzw. wodurch es sich sonst rechtfertigt (vgl. Van Parijs/Vanderborght 2017: 105ff). Der grundsätzliche Konsens darüber, dass Reichtum individuell produziert und anschließend vom Staat umverteilt wird, ist deshalb fragwürdig (vgl. Widerquist 2013b: 127). Es kann argumentiert werden, dass Reichtum nicht in Isolation produziert werden kann, sondern nur im Kollektiv, also zusammen mit anderen Menschen bzw. der Gesellschaft. Entgegen der rechtsliberalen Annahme kann Reichtum nur deshalb privat angeeignet werden, weil gesellschaftlich konstruierte Eigentums- bzw. Vereinnahmungsrechte einzelnen Individuen langfristige Verfügungsmacht über Ressourcen und erwirtschafteten Reichtum zugestehen (vgl. Van Parijs/Vanderborght 2017: 106ff; Varoufakis 2016a: 2f).

Paine begründet in seinem Werk „Agrarian Justice“ konkret, warum ein Grundeinkommen als Grundrecht angesehen werden kann (vgl. Paine 1797: 15ff):

In advocating the case of the persons thus dispossessed, it is a right, and not a charity […] [Government must] create a national fund, out of which there shall be paid to every person, […] as a compensation in part, for the loss of his or her natural inheritance, by the introduction of the system of landed property (Paine 1797: 15).

Paine spricht hier vom Recht auf eine „Landdividende“, die zumindest teilweise die Ungerechtigkeit ausgleichen soll, die dauerhafte, gesellschaftlich konstruierte und abgesicherte Besitzrechte über das vorhandene Land der Erde mit sich bringen (vgl. Paine 1797: 13ff). Hinter dieser Ansicht steht die Annahme, dass die Erde und damit auch deren Ressourcen zunächst einmal als gemeinsamer Besitz aller Menschen angesehen werden sollte. Eine ähnliche Argumentation entwickelte Thomas Spence in seinem Essay „The rights of infants“, in dem er 1796 die lebenslange und regelmäßige Zahlung eines Grundeinkommens an alle Mitglieder des Gemeinwe­sens vorschlägt (vgl. Van Parijs/Vanderborght 2017: 74). Auch sein Ansatz beruht auf naturrechtlicher Verteilungsgerechtigkeit. Mit diesem Argumentationsansatz setzten sich Paine und Spence entscheidend von anderen einflussreichen liberalen Philosophen ihrer Zeit ab, im Besondern von Adam Smith, dessen Argumentation zur Leistungsgerechtigkeit und Eigentumsschutz im 20. und 21. Jahrhundert maßgeblich den industrialisierten Westen beeinflusste (vgl. Van Parijs/Vanderborght 2017: 74). Liberal-egalitäre Denker entwickelten verschiedene Varianten dieser Grundidee, die von einer völligen Ablehnung von persönlichem Besitz bis zur kapitalismus-kompatiblen Idee einer Dividende reichen. Ein BGE wäre demnach gerecht, wenn jedem Mitglied der Gesellschaft ein Anteil an den Ressourcen der Erde und dem gesellschaftlich ererbten und von früheren Generationen erarbeiteten Gesamtwohlstand zugestanden würde (vgl. Tideman/Vallentyne 2013: 44f).

Wie Paine folgert Van Parijs, dass bei einer ungleichen Besitzverteilung die Nichtbesitzenden zumindest teilweise für die Ressourcen, zu denen sie durch die Inanspruchnahme anderer keinen Zugang haben, entschädigt werden sollten. In einer Gesellschaft, wie der derzeitigen, die Besitzlosen den Zugang zu Ressourcen zur eigenen Subsistenz verwehrt, müsste gerechte Verteilung eine ausgleichende Kompensation beinhalten, da jeder Mensch theoretisch ein Recht auf den gleichen Anteil an Ressourcen habe (vgl. Van Parijs/Vanderborght 2017: 119ff). Die Entschädigung wird in unterschiedlichen Ausprägungen entweder ausschließlich auf Naturressourcen bezogen oder zusätzlich auf Wohlstand und Wissen, die von früheren Generationen erarbeitet wurden. Dieses sei als gemeinschaftliches Erbe zu verstehen, da alle neuen Innovationen auf ihm aufbauten (vgl. Tideman/Vallentyne 2013: 44). Privateigentum und die Möglichkeit, dieses zu vererben, rechtfertige ein Grundeinkommen mindestens auf Subsistenzniveau bzw. auf dem höchstmöglichen nachhaltigen Level (vgl. Van Parijs 2013: 19). Widerquist argumentiert zudem, ein subsistenzsicherndes BGE könne auch als Gegenleistung für die Akzeptanz der gesellschaftlichen Eigentumsrechte angesehen werden, da diese derzeit die Freiheit der nicht Besitzenden stark einschränkt (vgl. Widerquist 2013a: 36).

The granting of a basic income to everyone should therefore not be misunderstood as aiming to equalize outcomes of achievements. Rather, it aims to make less unequal, and distribute more fairly, real freedom, possibilities, and opportunities (Van Parijs/Vanderborght 2017: 107)

Eine Besteuerung von Arbeit zur Finanzierung eines BGE könnte demnach zwar als ungerecht angesehen werden, da sie in direkter Weise die Arbeitsleistung einer Person finanziell schmälert, um jemanden, der nicht arbeitet, zu finanzieren (vgl. Varoufakis 2016a: 2). Eine Finanzierung über Wertschöpfungsdividenden wäre in diesem Sinne hingegen gerecht, da sie explizit nicht als Steuer, sondern als Kompensation für den Anteil an dem gesamtgesellschaftlich Erwirtschafteten angesehen werden kann. Neben natürlichen und gesellschaftlich ererbten Gütern könnte eine Kompensation außerdem die kapitalistische Ausbeutung öffentlich finanzierter oder bezuschusster Forschungen betreffen (vgl. Varoufakis 2016a: 2). Dieser Argumentationslinie folgend könnte ein BGE, welches über eine Teilsozialisierung kapitalistischer Gewinne finanziert würde, als gerecht angesehen werden (vgl. Standing 2017: 296).

Nach dem Prinzip der Verteilungsgerechtigkeit kann folglich argumentiert werden, dass jedem Menschen eine Kompensation für einen Anteil an den natürlichen Ressourcen zusteht, und zwar unabhängig von Bedarf oder Gegenseitigkeitsregeln. Ein BGE könnte als eine solche Kompensation begriffen werden.

7       Fazit

In dieser Arbeit wurde das Bedingungslose Grundeinkommen hinsichtlich wirtschaftlicher, gesellschaftlicher und rechtlich-politischer Effekte beleuchtet. Als BGE wird dabei eine langfristige, individuelle, nicht an Gegenleistungen oder Bedingungen geknüpfte Zahlung von Geld auf mindestens subsistenz- und teilhabesicherndem Niveau bezeichnet. Im Laufe der Geschichte lässt sich eine allmähliche Anhäufung von Gründen für ein BGE beobachten: Zunächst stand vor allem Armutsbekämpfung im Vordergrund. Durch die Industrialisierung begannen bereits Phasen technologisch bedingter Arbeitslosigkeit, die im Laufe des 21. Jahrhunderts zunehmend zu Flexibilisierung der Arbeit führte. Hinzu kommt die Notwendigkeit eines ökologisch und menschlich nachhaltigeren Wirtschaftsmodells. Die Produktivitätssteigerungen ermöglichten zudem ein gesamtgesellschaftliches Wohlstandlevel, das ein BGE realisierbar erscheinen lässt. Nie zuvor war ausreichend materieller Wohlstand vorhanden, um allen Menschen ein gutes Leben zu ermöglichen. Nun steht die Menschheit vor der Herausforderung, diesen Wohlstand zu verteilen. Es konnte gezeigt werden, dass die derzeitig bestehenden Sozialsysteme die materielle Absicherung langfristig nicht ausreichend gewährleisten können.

Zur Finanzierung eines BGE existieren viele verschiedene Vorschläge. Die am häufigsten genannte Variante ist der Vorschlag einer (Teil-)Finanzierung über eine pauschale Einkommenssteuer. Weitere Vorschläge sind eine Finanzierung über Konsumsteuern sowie über Vermögens- oder Erbschaftsteuern. Gerade in jüngerer Zeit wurden außerdem vermehrt Finanzierungsvorschläge gemacht, die die Finanzierung weiter von der direkten Arbeit entkoppeln, wie eine Robotersteuer und Kapitaldividenden. Eine Mischfinanzierung aus Bürokratieabbau, einer Verrechnung mit einigen anderen Sozialausgaben und Einnahmen aus den genannten Quellen würde die Risiken der einzelnen Finanzierungsformen verteilen. Finanzierungsvorschläge sowie Finanzierungsvorbehalte sind sehr stark davon abhängig, welches Modell der Berechnung einer Machbarkeit oder Nicht-Machbarkeit zugrunde gelegt wird und welche Variablen und Veränderungen mit einbezogen werden. Finanzierungsvorbehalte sind folglich eine Frage der Umsetzung eines Grundeinkommens. Aus den vorliegenden Überlegungen folgt vor allem, dass es sinnvoll sein könnte, ein BGE in kleinen Schritten einzuführen, um mögliche Anpassungseffekte wie Inflation, Immigration und Lohnschwankungen einzudämmen.

Ein BGE könnte der technologisch bedingten Krise der Erwerbsarbeit – und damit des bestehenden Einkommensverteilungssystems – teilweise entgegenwirken. An dieser Stelle muss angemerkt werden, dass nicht notwendigerweise davon ausgegangen werden kann, dass alle Menschen diese Möglichkeiten nutzen wollen bzw. zu nutzen wissen. Zugang zu Bildungsmöglichkeiten und Interessenverfolgung wären deshalb für die Ausgestaltung und eine langfristig positive wirtschaftliche Entwicklung relevant. Die größte Veränderung wäre die durch ein BGE gestärkte Verhandlungsmacht aller sozialen Schichten. Ein existenzieller Zwang zur Erwerbsarbeit führt in gesättigten Arbeitsmärkten, wie sie in den entwickelten kapitalistischen Ländern gegeben sind, zwangsläufig zur Lohnunterbietungskonkurrenz. Dieser Mechanismus würde durch ein BGE unterbrochen, was Chancen für andere Kooperationsmöglichkeiten sowie die Grundlage zur Weiterentwicklung der eigenen Fähigkeiten bietet.

Auf dem Arbeitsmarkt würde ein BGE durch Existenzsicherung eine flexible Teilnahme ermöglichen und die Position der Arbeitenden gegenüber dem Kapital stärken. Zunehmende unkonventionelle Arbeitsverhältnisse und Projektarbeit sowie häufigerer Wechsel der Arbeit und individuelle Auszeiten würden ermöglicht. Davon würden auch Arbeitgeber profitieren. Während die technologischen Prognosen darauf hindeuten, dass die Produktivität der bestehenden Märkte auch in Zukunft weiter steigen wird, so kann nicht davon ausgegangen werden, dass diese Entwicklung ausreichend Arbeitsplätze nach dem klassischen Arbeitnehmermodell generiert. Ein BGE ist eine Existenzgrundlage, die auf flexible Arbeit, Projektarbeit und Selbstständigkeit ausgerichtet ist, während die etablierte, bedarfsgeprüfte Grundsicherung auf dem traditionellen Arbeitsverhältnis beruht. Ein BGE könnte so an der Problemstelle der Flexibilisierung des Arbeitsmarkts und der dadurch erzeugten ökonomischen Unsicherheit ansetzen.

Es ist wahrscheinlich, dass gerade für Beschäftigte im Niedriglohnbereich ein BGE einen Arbeitsanreiz darstellt, da die Kosten einer Arbeitsmarktpartizipation gemindert und die Wahrscheinlichkeit des Erfolgs vergrößert werden. Für die mittleren Schichten ist eine Verminderung der Teilnahme am Arbeitsmarkt möglich, es steht jedoch zur Diskussion, inwieweit dies eine Problematik oder eine wünschenswerte Entwicklung darstellt, da eine Umstellung der Wirtschaftsweise aus verschiedenen Gründen – wie der ökologischen Nachhaltigkeit und dem sozialen Frieden und Wohlstand – erstrebenswert erscheint. Ein BGE entfaltet gerade dann sein Potenzial, wenn es eine tatsächliche ökonomische Alternative zur Arbeit darstellt und Menschen Chancen auf Bildung, persönliche Entwicklung und eine individuelle Lebensgestaltung bietet. Ein BGE würde eine Fokusverschiebung weg von der bestehenden Vollbeschäftigungspolitik und dem Erwerbsarbeitszwang bewirken und eine ganzheitlichere Förderung menschlicher Produktivität in der Gesellschaft ermöglichen. Eine langfristige nominale Reduktion der Erwerbsarbeit und Hinwendung zu anderer gesellschaftlich wichtiger Arbeit wird deshalb positiv bewertet, da angenommen wird, dass es nachhaltiger den ökonomischen Wohlstand und das menschliche Wohlergehen sichert als das bestehende System. Dadurch kann ein BGE die nachhaltige Verfügbarkeit von Arbeitskräften und deren Qualifikation ermöglichen und so ein stabiles Funktionieren der Wirtschaft sichern.

Es gibt viele Vorurteile gegen arme und arbeitslose Menschen in der Gesellschaft. Besonders deutliche ausgeprägt sind die Annahmen, dass Empfänger sozialer Hilfeleistungen faul wären und nicht mit Geld umgehen könnten. Die Belegung von Arbeit mit einem positiven Wert und die Reduzierung des Arbeitsbegriffs auf Erwerbsarbeit spielt eine große Rolle für die in der Gesellschaft gängige Auffassung von Arbeitsmoral. Im Gegensatz zu dieser Auffassung gab in Umfragen die Mehrheit der erwerbslosen Bürger an, einer Tätigkeit nachzugehen und sich mehr Arbeit zu wünschen. Dies widerspricht der Auffassung, dass das über bedarfsgeprüfte Transferleistungen ausgezahlte Geld zur Sicherung der Subsistenz dazu führe, dass Menschen den Anreiz zu arbeiten und ihre Arbeitsmoral verlören.

Die Annahme, arme Menschen könnten nicht mit Geld umgehen, konnte in bisherigen Studien zu Auswirkungen von bedingungslosen Zahlungen von Geld nicht belegt werden. Verschiedene Studien stellten fest, dass arme Menschen ihren Konsum an Gütern wie Tabak oder Alkohol nicht erhöhten, wenn sie derartige Zahlungen erhielten. In einem Obdachlosenprojekt in London konnte zudem in einem Pilotprojekt festgestellt werden, dass durch die Zurverfügungstellung von Geld in Kombination mit sozialer Betreuung der Großteil der Empfänger Schritte zur Verbesserung ihrer Situation vornahmen. Die Eigenverantwortlichkeit und Selbstbestimmung, die das Geld ermöglichte, wurde von den Empfängern als wichtiger Faktor hervorgehoben.

Während arme Menschen also nicht grundsätzlich faul oder nicht in der Lage sind, förderliche Entscheidungen zu treffen, ist trotzdem auffällig, dass mehr arme Menschen sich auf eine Art und Weise verhalten, die ihrer Situation nicht zuträglich ist. In psychologischen Studien zeigte sich, dass die Situation des Mangels für die Betroffenen große Auswirkungen hat. Der erzeugte Stress beeinträchtigt die Entscheidungsfähigkeit der Betroffenen. Ein BGE würde hier an verschiedenen Stellen ansetzen: Die direkte Situation der Armut ließe sich beheben, ohne durch weitere – z. B. bürokratische – Auflagen Stress zu erzeugen. Zugleich entfielen die stigmatisierenden Effekte der Bedarfsprüfung und der Aktivierungspolitik, die zusätzlichen sozialen Stress erzeugen und die Betroffenen bevormunden.

Des Weiteren würde ein BGE die Ungleichheit in der Gesellschaft verringern. Vergleichende Studien weisen darauf hin, dass große soziale Ungleichheit sich in vielerlei Hinsicht negativ auf die gesamte Gesellschaft auswirkt. Besonders hervorzuheben sind hierbei verschiedene, besonders stressbedingte, Erkrankungen, soziale Mobilität und die Solidarität und der Zusammenhalt innerhalb einer Gesellschaft. Ein BGE würde eine Reihe der Folgen starker Ungleichheit effektiv abmildern und sich positiv auf die politischen Teilhabemöglichkeiten der Menschen auswirken, die der gesamten Gesellschaft zu Gute kommen würden.

Gesellschaftliches und persönliches Wohlergehen werden durch Verständnis und Austausch gefördert, und die notwendige, wenn auch nicht hinreichende Voraussetzung hierfür ist Zeit. Diese notwendige Bedingung wäre bei Auszahlung eines BGE also realistisch vorhanden. Ein BGE würde eine gesamtgesellschaftlich sinnvolle Chance darstellen, eine Gemeinschaft zu schaffen, in der alle Menschen leben wollen und können. Dies könnte zum Glück aller Menschen und dem sozialen Frieden beitragen. Ein BGE böte eine Chance für mehr demokratische Aushandlung innerhalb der Gesellschaft bezüglich grundlegender Werte und dem Gleichgewicht zwischen Politik und Wirtschaft. Die Auswirkungen eines BGE in diesem Bereich sind allerdings maßgeblich davon abhängig, welche sozialen, politischen und wirtschaftlichen Maßnahmen mit ihm einhergehen.

Ein BGE wäre ein Gewinn sowohl für die individuelle als auch für die gesamtgesellschaftliche Freiheit. Die durch ein BGE gesicherte individuelle Autonomie bedeutet zum einen, dass jedem Menschen die Verfügungsgewalt über sich selbst zugesichert wird. Ein BGE würde zum anderen die liberale Neutralität fördern, da es die Verfolgung individueller Entwürfe eines guten Lebens vereinfacht.

Ein BGE kann unter verschiedenen Gesichtspunkten als gerecht betrachtet werden. Diskutiert wurde vor allem die Reziprozitätsproblematik, die in Diskussionen um ein BGE häufig auftaucht. Es wurde gefolgert, dass ein BGE nach dem rechtsliberalen Gerechtigkeitsverständnis nur so lange als unrecht verstanden werden kann, wie ausschließlich die Erwerbsarbeit als gesellschaftlicher Beitrag und damit Gegenleistung für ein Einkommen anerkannt wird. Diese Unterscheidung erscheint vor dem Hintergrund der Arbeitslast, die unbezahlt getragen wird, weder sinnvoll noch förderlich.

Nach dem Prinzip der Verteilungsgerechtigkeit wäre ein BGE als Kompensation für das Grundrecht aller Menschen auf einen Anteil der Ressourcen dieser Erde anzusehen. Diese linksliberale Gerechtigkeitsargumentation stellt die grundlegenden Eigentums- und Verteilungsverhältnisse der bestehenden Gesellschaft in Frage. Ein BGE wäre demnach eine Chance, bestehende Ungerechtigkeiten der Verteilung und deren viele Auswirkungen auf Individuen und Gesellschaft zu verbessern.

Die vielen Initiativen, Forschungen und Diskussionsforen für ein Bedingungsloses Grundeinkommen derzeit zeigen, dass die Idee lebendiger und realistischer scheint denn je. In Europa wächst der Zuspruch für die Idee des Grundeinkommens. Seit 2010 hat die Europäische Union bereits mehrmals auf die Notwendigkeit einer zukunftsfähigen Veränderung des Sozialstaats hingewiesen. In einem Reflexionspapier von April 2017 wurde zudem darauf hingewiesen, dass Forschungen um ein BGE auch von staatlicher Seite in Schwung kommen:

[…] alle Länder [sind] aufgerufen, im nationalen oder europäischen Kontext innovativ zu werden. Von der Erprobung eines bedingungslosen Grundeinkommens in Finnland bis hin zu einer Grundeinkommens-Garantie in Griechenland nimmt die Bereitschaft zu, neue Modelle zu testen, um auf neue Realitäten zu reagieren (Europäische Kommission 2017).

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