Skip to main content

Raphaela Kell: Die Planung des Monschauer Modellprojekts MUT (Monschauer Unterstützungsteam) geht 2025 in die nächste Runde

Der demografische Wandel und die steigende Lebenserwartung stellen die deutsche Gesellschaft vor immense Herausforderungen. Insbesondere der Pflegenotstand in Deutschland ist eines der drängendsten Probleme unserer Zeit. Laut Statistiken des Bundesgesundheitsministeriums wurden im Jahr 2021 rund 4,17 Millionen Menschen in Deutschland zu Hause gepflegt, davon etwa 3,12 Millionen ausschließlich durch Angehörige. Für diese Familien bedeutet die Pflege oft eine große emotionale, organisatorische und finanzielle Belastung. Doch obwohl eine Vielzahl von Unterstützungsangeboten existiert – von Pflegekursen über Beratungsdienste bis hin zu finanziellen Hilfen –, bleibt die Kernfrage: „Wie kann man all diese Möglichkeiten individuell zugänglich und nutzbar machen?“

Hier setzt das Konzept des Monschauer Unterstützungs-Teams (MUT) an – eine innovative, kommunale Initiative, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, umfassende und unabhängige Pflegeberatung direkt vor Ort, d.h. in den zu Monschau zählenden Dörfern, anzubieten und gleichzeitig die vielfältigen Angebote im Bereich der Pflege zu koordinieren. Das Projekt MUT soll dabei helfen, die dringend benötigte lokale Versorgungsberatung und Pflegeunterstützung für Monschau auszubauen. Ausserdem sollen darüber hinaus soziale und sorgende Hilfs-Netzwerke mit Unterstützung durch das MUT-Projekt aufgebaut werden. Diese sollen unbürokratisch in den Dörfern helfen, das „Älter werden“ im ländlichen Raum Monschaus zu einer Gemeinschaftsaufgabe zu entwickeln, von der alle Generationen profitieren können.

Der Arbeitskreis „Sorgende Gemeinschaften Eifel“ unseres Vereins Regionale Resilienz Aachen hat die Ideenentwicklung sowie die weiteren Planungen und Konzeptionen des MUT-Projektes seit dem Pflegesprint im April 2024 begleitet und mitgestaltet. Wir freuen uns sehr, Teil eines so wichtigen Projektes sein zu dürfen und freuen uns auf die hoffentlich baldige Umsetzung dieses innovativen Ansatzes.

Warum MUT notwendig ist – Der deutsche Pflegenotstand in Zahlen und Fakten 

Die Herausforderungen der Pflege in Deutschland werden zunehmend sichtbar: 

  • Demografische Veränderungen: Allein in den letzten fünf Jahren hat sich der Anteil von über 80 Jährigen in Deutschland um rund 700.000 erhöht. Mit einer immer höheren Anzahl älterer Bürger steigt auch die Notwendigkeit von Pflegeangeboten.
  • Fachkräftemangel: Der Mangel an Pflegepersonal spitzt sich zu. Laut einer Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) fehlten im Jahr 2021 rund 200.000 Pflegekräfte. Bis 2030 könnte sich dieser Mangel sogar verdoppeln. Dies wird sich zwangsläufig auf die Pflegequalität und das Angebot an Heim- und Pflegeplätzen sowohl in Seniorenheimen wie auch bei den ambulanten Pflegedienste auswirken und führt dazu, dass Familien oft keine angemessene professionelle Pflege für ihre Angehörigen finden und diese daher in die eigenen Hände nehmen (müssen).
  • Belastung der Angehörigen: Mehr als 75 % der häuslichen Pflege wird von Angehörigen übernommen. Viele von ihnen sind berufstätig und stehen vor der Herausforderung, Pflege und Beruf zu vereinbaren, ohne dabei ihre eigene Gesundheit zu gefährden. 
  • Uninformiertheit: Trotz der Fülle an Informationen, die online und über Krankenkassen bereitgestellt werden, fehlt oft die Übersicht, welche Angebote und Hilfen im konkreten Fall infrage kommen. 

Das Projekt MUT greift genau hier ein: Es schafft niedrigschwellige, leicht zugängliche und individuell angepasste Beratungsmöglichkeiten, um Menschen in Pflegesituationen zu unterstützen. 

Das Konzept von MUT: Lokal, unabhängig und umfassend 

MUT wurde von einer engagierten Arbeitsgruppe in der Eifelregion Monschau entwickelt und bietet eine Lösung, die auf die besonderen Bedürfnisse der Region zugeschnitten ist. Die Kernidee ist die Schaffung eines qualifizierten lokalen Versorgungsnetzwerks, das Pflegebedürftige und ihre Angehörigen in sämtlichen Fragen unterstützt. 

Die Hauptaufgaben von MUT

  1. Beratung und Information: Das Konzept MUT  sieht vor, kostenlose und unabhängige Beratung zu allen Fragen rund um Pflege, Betreuung und Entlastungsangebote anzubieten. Die Beratung erfolgt flexibel – persönlich vor Ort, per Telefon oder Videocall – und auf Wunsch auch bei den Betroffenen zu Hause.
  1. Koordination von Hilfsangeboten: MUT soll bestehende Pflegeangebote zusammen bringen, Lücken in der Versorgung identifizieren und relevante Akteure wie Hausärztinnen und -ärzte, Apotheken, Pflegedienste und Ehrenamtliche vernetzen und ggfs. deren Engagement koordinieren.
  1. Förderung des Ehrenamts: Durch MUT  sollen Strukturen entwickelt werden, um ehrenamtliche Hilfe wie Besuchsdienste, Nachbarschaftshilfen oder Alltagshilfen zu organisieren und mit den Bedürfnissen der Pflegebedürftigen abzustimmen.
  1. Stärkung der Gemeinschaft: MUT soll zudem Veranstaltungen, Projekte und Workshops entwickeln und anbieten, um das Miteinander im Dorf zu fördern und eine Kultur der gegenseitigen Unterstützung zu stärken. 

Chancen und Perspektiven: Warum MUT so vielversprechend ist 

Die Chancen, die MUT bietet, reichen weit über die unmittelbare Entlastung von Pflegebedürftigen und ihren Familien hinaus: 

  • Verbesserte Lebensqualität: Durch eine gezielte Beratung und Unterstützung können Pflegebedürftige länger in ihrer vertrauten Umgebung bleiben, was ihre Lebensqualität erheblich steigert. 
  • Entlastung der Angehörigen: Angehörige erhalten nicht nur praktische Unterstützung, sondern auch emotionale Entlastung, da sie sich besser informiert und begleitet fühlen. 
  •  Förderung des Ehrenamts und der Gemeinschaft: MUT fördert bürgerschaftliches Engagement und stärkt dadurch den sozialen Zusammenhalt in der Gemeinde. 
  • Soziale Nachhaltigkeit: Durch die enge Zusammenarbeit mit lokalen Akteuren werden Ressourcen und Know How effizienter genutzt, und es entsteht ein langfristig tragfähiges Versorgungsnetzwerk, das die Dorfgemeinschaften resilienter gegen einen etwaigen Pflegenotstand macht.

 

Der MUT-Bus: Beratung mobil und direkt vor Ort

Ein besonderes Highlight des MUT-Projekts ist der geplante Einsatz eines Beratungsbusses, der regelmäßig in allen sieben Dörfern Monschaus unterwegs sein wird. Dieser mobile Ansatz ermöglicht es, die Menschen direkt dort zu erreichen, wo sie leben, und so auch jene zu beraten, die aufgrund von Mobilitätseinschränkungen oder Zeitmangel bisher nicht die Möglichkeit hatten, Beratungsangebote wahrzunehmen. Darüber hinaus soll durch den plakativ gestalteten MUT-Bus und seine regelmäßige Anfahrt der Dörfer das Thema „Gemeinsam Älter werden“ in die Mitte der Dorfgemeinschaften transportiert und Berührungsängste mit dem Thema abgebaut werden. Der Bus soll nicht nur ein Ort der Information sein sondern auch ein gern besuchter Ort der Begegnung für die Bürgerinnen und Bürger werden.

MUT als Modellprojekt: Eine Vision für die Zukunft der Pflege 

Das MUT-Projekt hat das Potenzial, weit über die Region Monschau hinaus als Vorbild zu dienen. Es zeigt, wie kommunale Strukturen gestärkt und lokale Lösungen für globale Herausforderungen entwickelt werden können. 

Die Vision ist klar: MUT soll nicht nur eine Anlaufstelle für Pflegebedürftige und ihre Familien sein, sondern auch eine Plattform, die den Diskurs über das Älterwerden in der Gemeinschaft anregt. Wie wollen wir in Zukunft alt werden? Welche Strukturen brauchen wir, um ein würdiges und selbstbestimmtes Leben zu führen? MUT lädt alle Menschen ein, diese Fragen gemeinsam zu diskutieren und an Lösungen zu arbeiten. 

Auftaktveranstaltung im März 2025: MUT feiert den Aufbruch

Der geplante Startschuss für unsere der MUT-Kampagne wird im März 2025 unter dem Motto „Älter werden in Monschau“ sein. Wir möchten die Abschlussveranstaltung des von der Kolping Stiftung geförderten Schreibwettbewerbs, der Ende März mit der Prämierung von Monschauer Geschichten und Visionen über das Älterwerden endet,  gemeinsam mit der Monschauer Bürgermeisterin Dr. Carmen Krämer, unsere Ideen zum MUT-Projekt offiziell vorstellen. Dr. Carmen Krämer war eine der Initiatorinnen des Pflegesprints im April 2024 aus dem u.a. die Projektidee MUT hervorgegangen ist. Unser gemeinsames Ziel ist es, die gewonnenen Erkenntnisse und Perspektiven zu teilen und weitere Menschen für die Mitarbeit bei MUT zu begeistern. 

MUT ist mehr als nur ein Beratungsprojekt – es ist ein Schritt hin zu einer neuen Kultur der Pflege und Fürsorge. Es verbindet die Stärken der Gemeinschaft mit modernen Konzepten der Versorgungsberatung und zeigt, dass die Herausforderungen des demografischen Wandels durch lokale, innovative Ansätze gemeistert werden können. Die Monschauer Region hat mit MUT die Chance, eine Vorreiterrolle in der Pflegeberatung einzunehmen und damit ein Beispiel für andere Gemeinden und Regionen zu setzen. Denn am Ende geht es bei MUT nicht nur um Pflege – es geht um Zusammenhalt, Mitgefühl und das gemeinsame Ziel, das Leben aller Generationen besser zu machen. 

Bürgermeisterin Monschau, Innovative Pflegeberatung im ländlichen Raum, Pflegenotstand, Projekt MUT Monschau