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Interview mit Niklas Luhmann

Pexels / Pixabay

N. Voth, Stud. der RWTH-Aachen

Die Gesellschaft ist geprägt durch viele Faktoren und eine Menge Soziologen haben versucht, diese Faktoren auf einen Entscheidenden zu reduzieren. Peter Groß und seine „Multioptionsgesellschaft“, die Konkurrenz- oder Wettbewerbsgesellschaft von Dietmar J. Wetzel, die Erlebnisgesellschaft, die Risikogesellschaft u.v.m.. Niklas Luhmann würde die Rolle der Differenzierung aus all diesen Gesellschaftsdiagnosen ableiten, weil er annimmt, unsere gesamte Wahrnehmung beruhe auf Differenzierung. Differenzierung ist eine Unterscheidung, die ein Akteur Luhmann – Akteur in jedem Bewusstseinszustand unternimmt. Nach langer Verhandlung mit Jesus und Gandhi, wegen denen ich nun dreimal den Planeten retten muss, konnte ich sie erweichen Luhmann heute in unserer Show erscheinen zu lassen.

Interview: Herzlich Willkommen bei der Resilienzshow! Niklas Luhmann meine Leser und Leserinnen! Ich bitte um ein Augenzwinkern, welches mit Emphase aufbraust, für Niklas Luhmann!

>Danke, vielen Dank.<<

Hallo Niklas, wie geht es dir? >>Hallo Kolja, du verstehst es hervorragend in Fettbuchstaben zu sprechen. Mir geht es vergleichsweise gut, wenn man davon absieht, dass ich tot bin. Aber verglichen mit anderen Toten geht es mir hervorragend, danke! Wie geht es der Gesellschaft?<<

Danke für die Blumen, der deutschen Gesellschaft geht es vergleichsweise prächtig! Wenn wir uns mit dem Großteil der Weltbevölkerung vergleichen, bleibt uns gar nichts anderes übrig als zu sagen, dass es uns gut geht. Um nicht als undankbar zu gelten. >>Du könntest auch antworten, dass es dir Selbst aus Mitgefühl nicht gut ginge.<< Durchaus. Du kannst alles sagen, aber es wäre nicht normkonform. Du könntest auch fragend antworten mit: „Entweder dir geht es schlecht und allen anderen Menschen ginge es gut, oder dir geht es gut und allen anderen Menschen ginge es schlecht. Für was von beidem entscheidest du dich?“ >>Fürwahr. Mal angenommen ich wäre der Gefragte, dann könnte ich einfach antworten: „Solange ich mich nicht in der Umwelt derer befinde, denen es schlecht geht, lass ich es mir gut gehen.“<< Und was würdest du antworten, wenn der Befrager entgegnen würde: „Meinst du? In völliger Einsamkeit wirst du sogar noch unglücklicher. Menschen sterben ohne soziale Kontakte!“ >>Die Menschen sterben auch mit und teilweise genau wegen sozialer Interaktion.<< Es kommt auf die Überlebensfähigkeit an, Niklas. >>Bei euch kommt es, genauer gesagt, auf die Vergleichsfähigkeit an.<< Interessant. Jetzt wo du unser System von außen betrachtest sprichst du von Vergleich anstatt Differenzierung, hast du deine Systemtheorie weiterentwickelt? >>Auch als Geist interessiere ich mich noch für Menschen und die Gesellschaft. Ich wurde deshalb heute zum Forschergeist befördert!<< Moment mal, im Himmel gibt es Beförderungen? >>Selbsterklärend. Ins Paradies gelangen zwar die Guten, aber auch gute Menschen sind unterschiedlich gut und demnach auch ihr Geist. Man kann doch nicht einfach zu Gott gewählt werden, weil man sein Leben damit verbracht hat, Kindern Lesen und Schreiben beizubringen. Man muss verglichen mit allen anderen Menschen und später auch Geistern am meisten Gutes tun. Jesus und Gandhi führen gerade den ersten Wahlkampf, den der Himmel jemals erlebt hat. Jesus regiert ja

nun schon über zwei Millennien über das Paradies und die Geister sehnen sich nach Abwechslung.<< Wie ich das hasse… >>Was hasse denn?<< Sobald ein Soziologe „selbsterklärend“ oder – Gnade mir Gott – „selbstredend “ sagt, duck dich unter dem nächsten Tisch bis die Umweltkatastrophe vorüber ist. Jetzt können wir den Boxkampf mit Ulrich Beck aus dem Programm streichen. >>Solch geringe Ehrerbietung lässt du mir zu Teil werden? Die Gesellschaft ist wahrlich verkommen…<< Sag jetzt nicht, >>Nicht.<< im Himmel gibt es keinen Humor? >>Den gibt es tatsächlich nicht. Und wenn du auch tot bleiben möchtest, spar dir den Sarkasmus.<< *Luhmann zuckte kurz zusammen, wie von einem Stromschlag getroffen und fügte schnell hinzu* >>Nicht.<< *woraufhin das zucken nachließ* Hast du mir einen Schrecken eingejagt, du alter Lümmelmann! „Luhmi! Komm jetzt an den Tisch! Das Essen wartet nicht!“ *hallte eine verärgerte Frauenstimme, wie Harfenmelodie von oben.* Luhmann senkte den Blick beschämt zu Boden, setzte ein neues Gesicht auf und rief hinauf: >>Jaahaa, meine Mitwelt!<< Luhmann räusperte sich: >>Den Lümmelmann bekommst du selbstredend zurück! Duuuuuu… Unnötiges Systemteil!<< Och nein…

>>Was ich noch sagen wollte, …<< Er hat selbstredend gesagt… >>Stell dir jetzt einmal vor du befändest dich im absoluten Nichts,…<< Er hat es sogar unterstrichen… >>Was du nach dem Tod durchaus ersterben wirst,…<< Er ist Soziologe… >>Du vergleichst das Wort „Nichts“ automatisch mit deinen Vorstellungen, Erinnerungen und Sinneserfahrungen.<< Phase 1, er ignoriert mich. >>Im Anschluss entscheidest du dich für eine Vorstellung, die sich mit der Normkonformität deckt, mit deiner Wertevorstellung deckt respektive zu deiner Fremd- und Selbstwahrnehmung passt.<< Phase 2, er hört nicht auf zu sprechen. >>Oder um es für Biologen zu veranschaulichen: Das Gehirn ist wie ein Spinnennetz, je dichter es gestrickt ist, desto mehr Informationen bleiben haften.<< Phase 3, er wird interdisziplinär… >>Natürlich ist dieses Netz je nach Spezialisierung unterschiedlich dicht gewoben. Je mehr Informationen sich verfangen, desto eher entscheidet sich das Unterbewusstsein zur Aktivität der selbigen Thematik. Natürlich im Vergleich mit anderen Hirnnetzarealen.<< Phase 4, keiner versteht etwas. >>Der Vergleich ist die Kunstform – Die Differenzierung die Methode dazu. Die Differenzierung ist die Schrift auf der Schreibfläche des Vergleichs.<< Phase 5, er beendet seinen Monolog mit dem einzigen gelungenen Satz und verschwindet sofort. Vielen Dank, Herr Professor. Ich verabschiede mich meine Damen und Herren, vielen Dank für ihre Aufmerksamkeit.

Auf Wiederlesen.