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Raphaela Kell: Dörfer in Aktion: Politisches Engagement für eine widerstandsfähige Zukunft

Bild: Garik Barseghyan auf Pixabay

In den letzten Jahren haben ländliche Gebiete, ähnlich wie Städte, mit vielen sozialen, wirtschaftlichen und ökologischen Problemen zu kämpfen. Der Klimawandel, Umweltprobleme, der demografische Wandel, Migrationsthemen, der Wegzug junger Menschen und die damit verbundenen wirtschaftlichen Schwierigkeiten sind einige der Herausforderungen, die ländliche Regionen besonders hart treffen. Zusätzlich fühlen sich viele Menschen in diesen Gebieten politisch vernachlässigt. Traditionelle parlamentarische oder kommunalpolitische Top-Down-Entscheidungen über die Zukunft der Dörfer und ihrer Gemeinschaften werden den Bedürfnissen und Interessen der Menschen vor Ort oft nicht gerecht und schaffen es selten, die dringend benötigten Resilienzprozesse in Gang zu setzen.

In den Städten haben sich bereits viele erfolgreiche Initiativen gebildet und etabliert, bei denen Bürgerinnen und Bürger aktiv an der Stadtentwicklung beteiligt werden. Diese Initiativen ergänzen die klassischen politischen Top-Down-Entscheidungsprozesse und tragen dazu bei, die Stadt widerstandsfähiger gegenüber zukünftigen ökonomischen, sozialen und ökologischen Herausforderungen zu machen. In ländlichen Gebieten sind solche partizipativen Strukturen jedoch meist nicht vorhanden. Organisationen und Initiativen, die sich politisch engagieren, oder Bürgerinnen- und Bürgerräte, wie sie in vielen Städten genutzt werden, fehlen weitgehend in Dörfern und Gemeinden auf dem Land.

Um die großen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts zu bewältigen, müssen wir jedoch überall – in Städten wie auf dem Land – Krisenbewältigungs- bzw. Resilienzstrategien entwickeln und umsetzen. Diese Strategien sollten gemeinsam mit den Bürgerinnen und Bürgern erarbeitet werden, damit sie von der Breite der Gemeinschaft akzeptiert und unterstützt werden. Denn für eine erfolgreiche Resilienzpolitik ist es entscheidend, dass die notwendigen, oft sehr emotional diskutierten Veränderungsprozesse von einer breiten Mehrheit unterstützt werden, um gesellschaftliche Spaltungen und demokratiegefährdende Entwicklungen zu verhindern.

Dörfliche Gemeinschaften, Vereine oder auch Dorf- und Zukunftsräte könnten in Zukunft in diesem Zusammenhang eine wichtige Rolle bei diesen Veränderungs- und Transformationsprozessen spielen, ähnlich wie die diversen, sich politisch engagierenden Bürger:inneninitiativen, die bereits in den Städten existieren. Dörflich organisierte Gremien und Initiativen bieten den Menschen vor Ort die Möglichkeit, aktiv an Entscheidungsprozessen teilzunehmen und sich im direkten Austausch über regionale Gegebenheiten und Potenziale auszutauschen. Sie schaffen eine Plattform, um gemeinsam Lösungen für die aktuellen Herausforderungen zu entwickeln. Im besten Fall tragen solche Dorfgremien dazu bei, die Gemeinschaft zu stärken und konstruktive Diskussionen über nachhaltige und resiliente Strategien zu fördern. Diese Gespräche zielen darauf ab, jenseits von Ideologien und parteipolitischen Interessen, Lösungen zu finden, die der gesamten Gemeinschaft zugutekommen. Durch etablierte Strukturen wie Dorf- oder Zukunftswerkstätten oder Dorfräte kann ein Rahmen geschaffen werden, der die lokale Handlungsfähigkeit stärkt und gleichzeitig auf globale Ziele ausgerichtet ist.

Zusätzlich könnten Dorfgremien als wichtige Brücken zwischen den lokalen Bedürfnissen und den übergeordneten politischen Entscheidungsebenen dienen. Sie könnten die Anliegen der Dorfgemeinschaften auf kommunaler, regionaler und sogar nationaler Ebene vertreten und somit sicherstellen, dass die spezifischen Herausforderungen und Potenziale ländlicher Räume in den politischen Entscheidungsprozessen nicht übersehen werden.

Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Förderung von Bildungs- und Weiterbildungsinitiativen innerhalb der Dorfgemeinschaften. Durch gezielte Schulungen und Workshops könnten die Mitglieder der Dorfgremien nicht nur in demokratischer Entscheidungsfindung geschult werden, sondern auch in den spezifischen Fähigkeiten, die für die Umsetzung von Resilienzstrategien notwendig sind, wie z.B. im Bereich der nachhaltigen Landwirtschaft, erneuerbare Energien, digitaler Infrastruktur oder auch im Bereich Care-Arbeit.

Zudem könnte der Austausch und die Vernetzung zwischen verschiedenen Dorfgemeinschaften auf regionaler und überregionaler Ebene gefördert werden. Diese Netzwerke könnten den Wissenstransfer erleichtern und die Umsetzung erfolgreicher Modelle und Projekte in anderen ländlichen Regionen unterstützen. Durch diese übergreifende Zusammenarbeit könnten Synergien entstehen, die die Resilienz und Nachhaltigkeit der ländlichen Räume insgesamt stärken.

Schließlich könnten innovative Finanzierungsmodelle, wie z.B. regionale Genossenschaften oder Crowdfunding-Initiativen, entwickelt werden, um die finanzielle Basis für lokale Projekte zu sichern. Diese Modelle könnten dazu beitragen, die wirtschaftliche Eigenständigkeit der Dorfgemeinschaften zu fördern und gleichzeitig sicherzustellen, dass die finanziellen Mittel zielgerichtet und nachhaltig eingesetzt werden.

Durch die Kombination all dieser Ansätze könnten Dorfgemeinschaften nicht nur widerstandsfähiger gegenüber den Herausforderungen der Zukunft werden, sondern auch zu Vorreitern für eine nachhaltige, visionäre und partizipative Entwicklung ländlicher Räume.

Dorfräte, Ländliche Resilienzentwicklung, Partizipation im ländlichen Raum, Partizpation