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Die Nullgrenzkosten Gesellschaft

Die Nullgrenzkosten Gesellschaft, Jeremy Rifkin, Frankfurt a.M. 2016
Mit Jeremy Rifkin stellen wir einen US-amerikanischen Soziologen, Ökonomen, Publizisten sowie Gründer und Vorsitzenden der Foundation on Economic Trends vor, dessen Bücher zurecht als trendsetting gelten . So sein Hauptbuch: Das Ende der Arbeit und ihre Zukunft aus dem Jahre 1997, wie  auch das hier zu besprechende Buch der Nullgrenzkosten Gesellschaft.

In fünf längeren Kapiteln beginnt der Autor mit einem historischen Recours auf die Entwicklung des Kapitalismus bzw. der Industriegesellschaft. Das erste Kapitel endet mit dem Verweis auf die Prognose des englischen Ökonomen John Maynard Keynes  von der technologischen Arbeitslosigkeit. In Kapitel zwei nennt er Fakten, die diese These belegen. Deren Grundaussage läßt sich bereits von dem Buchtitel ablesen, wir befinden uns nämlich auf dem Weg in die Nullgrenzkosten Gesellschaft. Ein Beispiel: der Druck eines Buches erfordert sehr hohe Kosten, mit dem Massendruck bei erhöhter Auflage sinken die Kosten, bleiben aber signifikant. Bei der Herstellung eines e-book‘s bleiben lediglich die Anfangskosten, die weiteren Auflagen merken sie allenfalls an der zu vernachlässigen Stromrechnung. Airbnb besitzt keine Immobilie , Uber kein Taxi, aber beide Unternehmen verdienen Milliarden. Automatische Lastwagen verringern Unfälle und vermeiden Staus, doch was passiert mit den 2,7 Millionen Lastwagenfahrern in den USA? Diese Beispiele veranschaulichen Rifkins These, die mit mehreren zusätzlichen Beispielen erweitert und vertieft wird. Er erfindet  griffige Begriffe wie den des „Prosumenten“, zusammengesetzt aus Produzent und Consument. 3 – D- Druck wird in Zukunft individuelle Wünsche von Zuhause aus  produzierbar machen. Am Ende der Industriegesellschaft steht die Entkoppelung von Produktivität und (klassischer) Beschäftigung.Die technologische Entwicklung dringt auch in Dienstleistungsbereiche ein, von denen lange Zeit geglaubt wurde, dass sie Menschentätigkeit vorbehalten sind.

Rifkin verliert sich nicht wie manche andere Autoren in der Aufzählung technischer Innovationen, sondern wirft einen Blick auf alternative Lebensformen, die in der Zukunft von Bedeutung sein werden. Hier fällt der Begriff der „commons“ , auch  „creative commens“, angelehnt an dem aus der mittelalterlichen Geschichte belkannten Begriff der Allmende. Neue Sozialformen werden zeitlich ermöglicht,  sogar notwendig. Sharing economy und non – profit-Unternehmen werden klassische Konzerne ablösen, nicht der Besitz, sondern der Zugang zu Gütern wird dominant. Online- Kommissionsläden und patientengesteuerte Gesundheitsfürsorge, peer to peer Kredite und weitere Formen „neuen“ Austausches werden unseren Alltag bestimmen und damit auch die klassische Arbeitsvorstellung revolutionieren. Rifkin formuliert ein zukünftiges Drei-Interessengruppen-Modell von Staat-Privatsektor-Zivilgesellschaft. Social entrepeneurs und Genossenschaften stehen für letztere. Die technische Entwicklung birgt die Gefahr des Cyberterrorismus , auch die Folgen des Klimawandels bedrohen die Zukunft.

Rifkin bietet eine breite Palette zukünftiger Erwartungen und  Hoffnungen bei Benennung möglicher Bedrohungen. Zu kurz gerät die Gegenwartsanalyse bestehender Monopolisierung technischen Know How’s durch Konzerne wie Google, Microsoft und Amazon. Viele der in dem Buch vorgestellten Möglichkeiten laufen über Kommunikationskanäle, die sich in der Hand der großen Konzerne befinden. Zwar gibt es eine Renaissance von open source , dies betrifft jedoch nicht die breite Masse.

Rifkins Buch führt in die Thematik ein, sensibilisiert Ereignisse der ( nicht mehr fernen) Zukunft und macht Appetit auf weitere diesbezügliche Literatur.